Stelle. Die vier Jazz- und Modern-Dance-Formationen der TG Elbdeich überzeugen beim Ligaturnier mit 500 Tänzerinnen in Stelle.

Wenn Sportlerinnen mit einer ganzen Hand voller Lippenstifte unterschiedlicher Farben zur Trainerin kommen und nach deren Favorit fragen, wenn man vor lauter Geschrei sein eigenes Wort kaum versteht, wenn es auf der anderen Seite kurz vor der offenen Wertung der Kampfrichter mucksmäuschenstill wird und wenn junge Frauen und Männer über eine riesige, schwarze Fläche schweben, ihre Gefühle ausdrücken und spektakuläre Figuren zeigen, kann das nur eins bedeuten: wir befinden uns bei einem Ligaturnier im Jazz- und Modern Dance.

In der Schulsporthalle in Stelle fand ein solches statt. Wobei die Bezeichnung „ein“ den Kern der Sache nicht trifft. Gleich vier verschiedene Ligen absolvierten an zwei Tagen ihren Wettkampf bei der Tanz-Gemeinschaft (TG) Elbdeich. Zum zweiten Mal in der jungen Geschichte war die Tanzabteilung des MTV Germania Fliegenberg Gastgeber für fast 500 Tänzerinnen und Tänzer aus dem gesamten Nordosten Deutschlands: die Regionalliga, Oberliga und Verbandsliga sowie die Jugend-Verbandsliga der bis zu 15 Jahre alten Nachwuchssportlerinnen. Die weiteste Anreise hatten Formationen aus Berlin und Cottbus hinter sich.

Mehrmonatige Vorbereitung gipfelt in einigen Besonderheiten

Vor zwei Jahren war erstmals ein Turnier im Jazz- und Modern Dance in Stelle ausgetragen worden. „Das hat allen so gut gefallen, dass wir wieder gefragt worden ist“, erzählt Abteilungsleiterin und Cheftrainerin Laura Gollers. Der Aufwand, der eine mehrmonatige Vorbereitung umfasst, ist so groß, dass die Abteilung nicht jedes Jahr als Ausrichter in Erscheinung treten kann. „Wenn, dann wollen wir es auch besonders schön machen“, so Gollers, „wir haben zum Beispiel eine Smoothie-Bar und Goodie-Bags für alle Teilnehmer. Und in der Pause zwischen den Turnieren tritt Sängerin Malin Ruschmeyer auf.“

Tanz, Akrobatik und ganz viel Ausdruck zeigte Shakti nach der Musik Heroes von David Bowie
Tanz, Akrobatik und ganz viel Ausdruck zeigte Shakti nach der Musik Heroes von David Bowie © HA | Markus Steinbrück

Im Mittelpunkt stand natürlich das sportliche Geschehen. Und da durften die Eltern, Verwandten, Fans und Freunde auf der Tribüne bei jedem der vier Turniere mit einer Formation der TG Elbdeich mitfiebern. Um den Wiedererkennungswert zu erhöhen, sind die Elbdeich-Formationen nach hinduistischen Gottheiten benannt: sie tragen Namen wie Saraswati, Shiva, Shakti und Ganesha. Shakti zum Beispiel ist die Formation, die in der offenen Klasse in der niedrigsten Liga startet. In der vergangenen Saison hatten die Tänzerinnen als Gesamtzweiter der Landesliga Nord den Aufstieg in die Verbandsliga Nordost geschafft. Dort geht es einzig und allein um den Klassenerhalt. Von den insgesamt zehn Formationen müssen am Saisonende vier absteigen. Ein gutes Kriterium, auf der sicheren Seite zu sein, ist bei jedem der vier Saisonturniere der Einzug ins große Finale. Den schaffen üblicherweise die sechs oder sieben besten Teams der Vorrunde.

Achtung: Kreischalarm. Nachdem alle Formationen ihre Darbietung das erste Mal gezeigt haben und die Wertungsrichter intern ihre Favoriten festgelegt haben, verkündet der Moderator, welche sieben Formationen im großen Finale antreten dürfen. „Ich bin aufgeregt“, fiebert auch Laura Gollers mit. Der Mann am Mikrofon macht es spannend, nennt nach und immer wieder andere Vereine. Sollte es diesmal nicht gereicht haben? Als er endlich die Startnummer fünf „Shakti von der TG Elbdeich“ vorliest, kennt der Jubel keine Grenzen.

TG Elbdeich arbeitet sich von Turnier zu Turnier nach oben

Die Mädchen kreischen ihre Freude heraus, die Fans auf der Tribüne klatschen und Laura Gollers lächelt zufrieden: „Das ist sehr, sehr gut, dass wir wieder das große Finale erreicht haben.“ Beim ersten Turnier in Westercelle zwei Wochen zuvor war Shakti Sechster geworden. Dieser Platz soll es beim Heimturnier mindestens werden, um mindestens vier Konkurrenten und damit die Abstiegsplätze hinter sich zu lassen.

„Das Ziel ist, sich von Turnier zu Turnier zu steigern. Das ist TG-Elbdeich-Style. Wie arbeiten uns langsam nach oben“, sagt Gollers. Als wollten die zwölf Shakti-Tänzerinnen diesen Worten Taten folgen lassen, zeigen sie im Finale eine nochmals verbesserte Leistung. Die am meisten eingängige Musik haben sie mit dem Titel Heroes von David Bowie ohnehin. Als sie in einer finalen Figur innehalten, wird es laut – und dann wieder ganz still. Shakti musste als letzte Formation antreten, nun muss jeder Wertungsrichter seine persönliche Reihenfolge festlegen. Wie unterschiedlich die Präferenzen sind, zeigt zum Beispiel die siegreiche Formation Young Spirit aus Leinde, die Platzziffern von eins bis sechs bekommt, oder Leonas aus Braunschweig, die ein Kampfrichter auf dem ersten Platz, ein anderer aber auch auf Rang sieben sieht.

Ganesha ist Spitzenreiter in der Jugend-Verbandsliga

Bei Shakti ist die Sache mit „54447“ relativ eindeutig. Die Tänzerinnen selbst sind viel zu aufgeregt, um zu erkennen, welcher Platz damit insgesamt verbunden ist. Und so warten sie wieder gespannt auf die Verkündung des Endergebnisses durch den Moderator. Als dieser der Verbandsliga-Formation der TG Elbdeich den vierten Platz zuruft, reißt es die Sportlerinnen von der schwarzen Tanzfläche, auf der sie bis eben gehockt haben, in die Höhe. „Vierter Platz – unglaublich!“ In der Gesamtwertung verbesserte sich Shakti vor dem nächsten Turnier am Sonntag, 13. Mai, in Hamburg-Steilshoop auf den geteilten fünften Platz, punktgleich mit dem Dreamteam vom VfL Westercelle.

Verbessert gegenüber den ersten Saisonauftritten präsentierten sich in Stelle auch die weiteren Fliegenberger Formationen. Saraswati steigerte sich in der Regionalliga, das ist die dritthöchste deutsche Liga, vom fünften auf den vierten Platz und Shiva stand in der Oberliga erstmals im großen Finale, belegte nach zwei achten Plätzen diesmal Rang fünf. Die Nachwuchsformation Ganesha bestätigte ihre bisherigen Saisonleistungen und baute die Tabellenführung in der Jugend-Verbandsliga mit einem Heimsieg in Stelle weiter aus. Die Teilnahme am Regionalentscheid in Brühl, der als Zwischenstufe auf dem Weg zur deutschen Meisterschaft am 16. und 17. Juni in Neugraben gilt, ist Ganesha nicht mehr zu nehmen.