Jork/Hamburg. Wie ein 18 Jahre altes Handballtalent im Alltag Leistungssport, Schule und Privates unter einen Hut bringt.

Der Tag beginnt für Max Linus Dede, den 1,98 Meter großen und 101 Kilogramm schweren Kreisläufer der A-Jugend des Handball-Sportvereins (HSV) Hamburg, normalerweise früh. Schon kurz nach sieben Uhr klingelt der Wecker im Internat des Olympiastützpunkts Hamburg/Schleswig-Holstein im Hamburger Stadtteil Dulsberg.

Der Teenager aus dem Jorker Ortsteil Moorende bereitet sich gemeinsam mit Freund und Zimmernachbar Dominik Axmann auf die erste Trainingseinheit des Tages vor. Stabilisationsübungen, Krafttraining, Aus-dauerübungen und einmal pro Woche Sporttheorie müssen noch vor Unterrichtsbeginn um 10 Uhr bewältigt werden.

Nicht selten trifft der Nachwuchshandballer dabei auf ebenfalls in Dulsberg trainierende Weltklassesportler wie beispielsweise das Beachvolleyball-Duo Laura Ludwig und Kira Walkenhorst, das bei Olympia 2016 in Rio Gold gewinnen konnte.

In den langen Gängen von den Umkleiden zu den Trainingsräumen hängen zur Motivation der jungen Sportler die Bilder weiterer Weltklassesportler des Olympiastützpunkts, die es geschafft haben, ihren Traum vom Profisport zu realisieren. Mit etwas Stolz deutet Max Linus Dede auf das Mannschaftsbild der ehemaligen Handball-Erstligamannschaft des HSV, während er nach der Krafteinheit Richtung Umkleide geht.

Auch das Büffeln für die Schule gehört zu den täglichen Pflichten
Auch das Büffeln für die Schule gehört zu den täglichen Pflichten © HA | Sven Dede

Nach dem Training bleiben 30 Minuten Zeit, um zu duschen und sich anzuziehen, bevor der Unterricht in der angrenzenden Stadtteilschule „Alter Teichweg“ beginnt. Um den Leistungssportlern das morgendliche Training zu ermöglichen, gibt es eigene Sportlerklassen, in denen der Unterricht später beginnt. Von 11.30 bis 12.30 Uhr ist Mittagspause. Das Mittagessen wird in der Schule eingenommen, bevor es bis 16 Uhr weitergeht mit dem Unterricht.

Auch danach bleibt kaum Freizeit, um 16.30 Uhr bereitet die Köchin des Internats bereits das Abendessen vor. Danach ist etwas Zeit für Hausaufgaben, bevor sich Max Linus Dede um 18 Uhr auf den Weg zum Training beim HSV Handball nach Stellingen macht. Diesen absolviert er meistens mit U- und S-Bahn und dem Bus, die Fahrkarte bekommt er vom Verein gestellt.

Seine Mannschaft, das A-Junioren-Bundesligateam, trainiert in der Volksbank-Arena, einer Mehrzweckhalle neben dem Volksparkstadion und der Barclaycard-Arena. Um auf dem Weg nicht durch Feierabendverkehr oder Großveranstaltungen in den angrenzenden Arenen beeinträchtigt zu sein, sind die öffentlichen Verkehrsmittel die praktischste Lösung.

© HA | Ulla Nicolai


Das Training dauert bis 21.30 Uhr, nach dem Duschen geht es zurück ins Internat nach Dulsberg. Oft bleibt keine Zeit und manchmal auch keine Kraft mehr, um noch etwas zu essen, wenn der junge Kreisläufer zwischen 22.30 und 23 Uhr ins Internat zurückkehrt. Schließlich gilt es, das gleiche Programm am nächsten Tag erneut zu bewältigen, um dem Ziel Profihandball einen Schritt näher zu kommen.

Unterstützung durch die Familie

Eine große Unterstützung seien seine Eltern, sagt Max Linus Dede, bei denen er auch an Wochenenden mit langen Auswärtsfahrten nach Flensburg, Berlin oder Cottbus für mindestens einen Tag auf Heimatbesuch ist. Aber viele Freundschaften leiden unter seinem Leben als Spitzensportler, in dem wenig Zeit für Privates bleibt. An den Wochenende auf Partys zu gehen, wie die meisten Jugendlichen in seinem Alter, ist kaum möglich.

Auf den stundenlangen Auswärtsreisen im Mannschaftsbus muss der Zwölftklässler, der aktuell einen Notenschnitt von 1,8 aufweisen kann, oft für anstehende Klausuren lernen. Vorzugsweise geschieht das aber auf der Hinfahrt, nach Siegen verwandelt sich das dann abgedunkelte Gefährt mithilfe lauter Musik und Discokugel zum Partybus.

Momentan muss der 18-Jährige einen Dämpfer in seiner bisher so erfolgreiche Karriere hinnehmen, die beim MTV Wisch begonnen, sich beim Buxtehuder SV weiterentwickelte und nun beim HSV Hamburg in der A-Junioren-Bundesliga ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hat. Vor vier Wochen verletzte sich Max Linus Dede beim Training schwer am linken Bein.

Verletzung als Dämpfer

Diagnose: Anriss vorderes Syndesmoseband (nur noch 10 Prozent sind vorhanden), Anriss hinteres Syndesmoseband, Anriss vorderes Kreuzband und weitere kleinere Rupturen. Erst in zwei Monaten darf er wieder voll trainieren, aktuell bewältigt er den Alltag mit Krücken, was ihn aber nicht davon abhält, weiterhin sein Oberkörperkrafttraining durchzuziehen.

„Mein erstes Ziel ist es, durch Handball mein Studium zu finanzieren. Darüberhinaus will ich sportlich so viel erreichen, wie es eben geht“, sagt Max Linus Dede, der nach dem Krafttraining zwei Mal pro Woche zur Physiotherapie am Olympiastützpunkt muss. Frei nach dem Motto „Zum Bankdrücken muss man sein Bein nicht durchstrecken können“ arbeitet er weiter an seinen Zielen.

„Ich möchte das letzte Jahr in der A-Jugend nutzen, um mich körperlich und technisch auf den Herrenbereich vorzubereiten“, beschreibt der Altländer seine persönlichen Ziele für die kommende Saison. Das in der Dritten Liga spielende Herrenteam des HSV Hamburg verfolge ohnehin das Ziel, junge Spieler aus der eigenen Jugend hochzuziehen. Vor wenigen Wochen seien jedoch zwei Kreisläufer verpflichtet worden, so dass weiterhin harte Arbeit vonnöten ist.

Das wird Max Linus Dede, soweit es der Gesundheitszustand wieder zulässt, weiterhin tun. Das nächste Event der Saisonvorbereitung ist ein einwöchiges Trainingslager auf Usedom. Hier wollen sich die A-Jugendlichen des HSV Hamburg auf den Kampf um die deutsche Meisterschaft rüsten.

Karriereschritte

Max Linus Dede begann 2006 im Alter von sieben Jahren beim MTV Wisch in Jork mit dem Handballspielen. Nach fünf Jahren wechselte er als Zwölfjähriger in die Handballabteilung des Buxtehuder SV in die Stadt, in der er auch zur Schule ging. Dort spielte er vier Jahre lang, unter anderem in der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein, zwischenzeitlich die höchstmöglichste Liga in der Altersklasse. Weil es in Buxtehude keine sportliche Perspektive für Leistungshandball im Herrenbereich gibt, wechselte er gemeinsam mit Dominik Axmann 2015 zum HSV Handball und zog ins Internat des Olympiastützpunktes ein. Axmann hat bereits ein Doppelspielrecht für das Drittliga-Herrenteam.