Neuenfelde. Beim Sommerturnier des Reit- und Fahrvereins Neuenfelde bleibt der junge Reiter auf seinem „Calomer“ in der Siegerrunde fehlerlos.

Die traditionsreiche Reitanlage am Arp-Schnitger-Stieg in Neuenfelde präsentiert sich zum Sommerturnier 2016 verschönert und erweitert. Blühende Blumen schmücken das neue, 60 mal 20 Meter große Außenviereck. Nach drei Tagen Dressur- und Springsport von der Führzügelklasse für die Kleinsten bis hin zu den mittelschweren M-Prüfungen für Profis und ehrgeizige Amateure sieht man entspannte und zufriedene Gesichter bei den Organisatoren vom Reit- und Fahrverein Neuenfelde.

Den Abschluss bildet der sportliche Höhepunkt: die Siegerrunde der M-Prüfung mit zwei Sternen. Bei einer Siegerrunde treten die Bestplatzierten des ersten Umlaufs nochmal gegeneinander an. Die Fehlerpunkte aus dem ersten Durchgang werden mitgenommen. Es wird still rund um das Turnierviereck. Dann der erste anerkennende Applaus. Richard Heerlein (RV Harsefeld) und sein Calimero haben auch das letzte Hindernis überwunden. „Die Zeit: 39,32 Sekunden“, verkündet die Lautsprecherstimme. Finn Brunckhorst und sein Calomer sind schon auf dem Rasen. Nach dem Läuten der Glocke galoppieren sie los. Die Zuschauer spüren wie der junge Reiter aufs Tempo drückt, wie eng er jede Kurve nimmt. Sie halten bei jedem Sprung den Atem an. Dann der Beifall. „Null Fehler in 36,87 Sekunden“, schallt es über den Platz. Ist das die Entscheidung?

Bei Shari Sandig, einer jungen Reiterin vom RV Havighorst poltern die Stangen. Jetzt Steffen Engfer, der Stammgast vom Reit- und Fahrsport Sieversen. Der letzte Reiter. Auch er war genau wie Finn Brunckhorst im Hauptspringen ohne Fehler geblieben. Der Niedersachsenmeister 2016 weiß, dass er schnell sein muss, aber nicht zu risikofreudig werden darf. Dann reitet er tief in den Sattel gebückt über die Ziellinie. Der letzte stürmische Jubel der drei Turniertage in Neuenfelde brandet auf. Die Zeit für Steffen Engfer: 37,17 Sekunden. Damit gewinnt Finn Brunckhorst die Zwei-Sterne-M-Prüfung mit Siegerrunde. Um drei Zehntelsekunden ist der 21-Jährige aus Wohlesbostel schneller als Steffen Engfer, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Theresa – sie verzichtete trotz Qualifikation auf die Siegerrunde – die Ausbildung von Sportpferden auf dem Hof Immenkuhl in Rosengarten betreibt.

Finn Brunckhorst, der auch Kreismeister der Stade-Altländer Reitvereine im Springen wurde, probiert gerade, ob er seine Berufslaufbahn voll auf Sportpferde konzentrieren soll. Die Eltern haben in ihrem Betrieb in Wohlesbostel zurzeit 25 Pferde in der Ausbildung. Vater Willi Brunckhorst ist als Springtrainer jeden Donnerstag auf dem Gelände in Neuenfelde anzutreffen. Er weiß, dass die ländlichen Turniere wie dieses für die Zukunft des Reitsports entscheidend bleiben. „Reiten ist nun einmal sehr zeitaufwendig, weil der Sportpartner täglich umsorgt werden muss“, sagt der Berufsreiter. „Er ist dazu nicht ganz billig. Wir brauchen deshalb besonders ehrgeizige Kinder und wir brauchen Väter und Mütter, die sie unterstützen. Unser Reitsport ist deshalb oft ein Generationensport in den Familien.“

Das gilt auch für Jan-Philipp Feindt, der mit Carlinos und Casanova, dem wunderschönen Schimmel, auch beim letzten Springen dabei war. Der Obsthof der Familie liegt nur knapp einen Kilometer von der Reithalle und dem Gelände entfernt. Die Mutter ist schon schwere S-Springen geritten, der Sohn saß bereits mit drei Jahren im Sattel. Das ist typisch für Familien in Neuenfelde und Cranz, für die seit mehr als 100 Jahren der Reitverein und der Reitsport ein Mittelpunkt ihres Lebens sind.

„Der Springsport ist meine große Leidenschaft“, erzählt Jan-Philipp Feindt. „Und ich lerne von meinen Pferden. Geduld vor allem, aber auch, dass man Probleme und Schwierigkeiten genau überdenken und analysieren muss. Bei der Arbeit mit Pferden darf man nicht mit dem Kopf durch die Wand wollen, sondern muss gelassen und zielstrebig bleiben. Man muss sich auf die Partner einstellen.“

Jetzt, nach dem Abitur, darf der junge Mann ein Jahr lang die Reiterei in den Mittelpunkt seines Lebens stellen. Jan-Philipp Feindt war im vergangenen Jahr der erfolgreichste junge Springreiter des Landesverbands Hamburg. Die Senatsplakette hatte er auch schon 2014 als erfolgreichster Junior erhalten. Seine Pferde hat er nicht in Neuenfelde, sondern bei Philipp Schulze in Elmshorn stehen. Dort fährt er täglich hin und genießt die Arbeit mit ihnen.

Zum Ausklang des Sommerturniers wurde neben dem 20-jährigen Jan-Philipp Feindt auch die 14 Jahre alte Victoria Stolte vom Landesverband ausgezeichnet. Auch sie erhielt die Senatsplakette als erfolgreichste Dressurreiterin 2015 in ihrer Altersklasse.

Reitsport als Familientradition, das gilt auch für Antonia Maack, die neue Kreismeisterin in der Dressur. Den Reiterhof Maack kennt im Alten Land jeder. Tochter Antonia, 23 Jahre alt und Steuerfachangestellte, fährt regelmäßig mit ihren beiden Stuten La Luna und Una Dea zu Trainer Peter Koch nach Deersdorf. Am kommenden Wochenende geht es mit Freund und Eltern zum nächsten Turnier nach Bispingen.

Dressur-Kreismeisterin der Junioren und Jungen Reiter wurde Lilly Marleen Lesniak (RFV Estetal), im Springen Pia Klintworth (RV Harsefeld).