Jesteburg. In Jesteburg absolvieren 446 Reiter insgesamt 1600 Starts beim viertägigen Pferdesportevent des Reit- und Fahrvereins Nordheide.
Als am Nachmittag endlich die Sonne den Tag schmückte, empfanden das die vielen Einsatzkräfte beim Jesteburger Maimarktturnier als Wiedergutmachung von weit oben. Was vier Tage zuvor bei Regen- und Graupelschauern unterzugehen drohte, klang bei schönstem Frühlingswetter und bester Laune aus – auf und neben dem Turnierplatz. Auch beim Höhepunkt der Jesteburger Reitertage, dem abschließenden S*-Springen mit Stechen, hinterließen die Wetterkapriolen Lücken. Von 37 Reitern, die sich für die letzte und größte sportliche Herausforderung angemeldet hatten, waren nur zwölf am Start.
„Ich habe auch zu früh abgesagt“, bekannte Steffen Engfer. Der Profireiter vom Hof Immenkuhl in Vahrendorf stand mit seiner Familie mitten im Zuschauergedränge. Ehefrau Theresa hielt Emilie Marie in den Armen und erzählte stolz, dass die fünf Monate alte Tochter am Vormittag das erste Mal auf einem Pferd gesessen hatte. „Wenn der Regen den Platz aufweicht, steigt die Gefahr, dass die Pferde ausrutschen oder umknicken und mit der Verletzung wochenlang ausfallen“, begründete Steffen Engfer seinen Rückzieher.
Dabei hatten er und sein Freund Dennis Diercks vom RFV Estetal extra bei den Kollegen Geld gesammelt, um den gastgebenden Reit- und Fahrverein Nordheide zu unterstützen. „Für die fast 4000 Euro, die die Reiter sammelten, haben wir unseren Turnierplatz neu sanden lassen“, erzählt Sven Meier, der seit einigen Wochen an der Spitze des 258 Mitglieder starken Reitvereins steht. „Der Turnierplatz ist in sehr gutem Zustand“. Während Engfer das bekräftigt, reitet Dennis Diercks auf Sir Heinrich in den Parcours. Die beiden scheinen das bestens präparierte Geläuf und die Sonne zu genießen und lassen es doch kräftig poltern. Nach zwei Abwürfen enden sie auf Platz acht.
Drei Reiter bewältigen das schwierige S-Springen fehlerfrei. Als über Lautsprecher das Stechen angekündigt wird, drängen die meisten Zuschauer an die Absperrung. „Patricio Muente vom Reitverein Schneverdingen auf Zera“, wird als Erster angekündigt. Ein großer, schlanker Mann im leuchtend blauen Dress sprengt in den Blickpunkt der Besucher. Es wird still. Das Pferd springt hoch, schlägt kurz nach hinten aus. Der Reiter zerrt an den Zügeln. Als er das erste Hindernis nimmt, hat er sein Pferd wieder fest im Griff. Aber der Mann in blau bleibt vorsichtig, nimmt konzentriert die zweifache Kombination. Beifall trägt die beiden über den letzten Oxer. Die Zeit für Patricio Muente und seinen Null-Fehler-Ritt wird mit 50,12 Sekunden angezeigt.
„Oh, die ist schnell“, rief eine Zuschauerin, als anschließend Maren Cordes mit ihrer temperamentvollen Stute die Zuschauer für sich gewann. Die junge Angestellte aus der Finanzbranche, die von einem Reiterhof in Geestland bei Bremen kommt, zählt zu den beliebtesten Stammkunden in Jesteburg. „Vor fünf Jahren habe ich hier mit Naomi mein erstes S-Springen gewonnen“, hatte sie vorher erzählt. Wie spielerisch leicht die beiden jetzt über die Hindernisse setzten, wie sie nach der Landung sofort das Tempo verschärften, mit eng gerittenen Wendungen Sekunden gut machten – begeisternd und mitreißend war der Applaus, als die beiden über die Ziellinie flogen. „So toll kann Springreiten sein“, sagte die Frau und prostete ihrer Freundin zu. Maren Cordes übernahm mit 48,26 Sekunden zwar die Führung, war aber noch keine Siegerin.
Als Letzter von insgesamt 446 teilnehmenden Reitern an den vier Tagen galoppierte Lennert Hauschild mit Fella Vista in das Stechen. Der Profireiter vom RC Rosenbusch-Oberneuland, mit sieben Pferden nach Jesteburg gekommen und schon Sieger des S-Springens am Tag zuvor, ließ schon beim dritten Sprung eine Stange poltern. Der Sieg und damit auch die Sachpreise, neue Reitstiefel und ein Mehr-Gänge-Menü im Hof Sudermühlen, gingen an Maren Cordes. Als die Musik für die Ehrenrunde erklang, war ihre Naomi kaum noch zu halten.
Vier Tage Turniersport von der Führzügelklasse für die Jüngsten bis hin zu sieben M-Springen und zwei S-Springen, fast 450 Reiter mit 1600 Starts. „All das wäre in der heutigen Zeit nicht möglich, wenn wir nicht so eine große, einsatzfreudige Helferschar hätten“, zieht Turnierchefin Kristine Meyer-Stahmleder die Schlussbilanz nach dem elften Maimarktturnier. „Genauso wichtig sind unsere fast 50 Sponsoren. Ohne deren Unterstützung könnten wir so ein Reitturnier überhaupt nicht mehr wagen.“