Traditionsreiche Herbstjagd des Reit- und Fahrvereins Auetal rund um den Hof Sudermühlen mit Prominenz. Auch Vielseitigkeits-Bundestrainer Hans Melzer und die Championatsreiter Andreas Ostholt und Kai Rüder dabei.

Egestorf. In Sahrendorf, an der kurzen Einfahrt zum Turniergelände des Reit- und Fahrvereins Auetal, sammeln sich einige Zaungäste. Reiter in Zivil, Freunde und Genießer der großen Sudermühlener Herbstjagd, aber auch Neugierige, die zufällig angehalten haben und sich das erste Mal von diesem Schauspiel faszinieren lassen. Noch aber ist nichts zu hören und zu sehen, weder von den Hunden noch von den Pferden und ihren Reiterinnen und Reitern in roten, grünen oder schwarzen Röcken. Die Wiesen steigen aus dem kleinen Tal die Hügel in Richtung Olsen hoch. Hinter dem Zaun, ganz vorne an der Straße, sind zwei Hindernisse mit frischem Tannengrün ausgesteckt. „Dort müssen sie rüber“, sagt ein Zuschauer, „hier sind wir ganz nahe dran.“

Zuerst ist von Sahrendorf her das Röhren der Traktoren zu hören. In einer langen Schlange biegen sie in einen Feldweg ein, knattern durch die Wiesen. 17 kraftvolle Zugmaschinen, die auf ihren Anhängern eine fröhliche Fracht durch die Heidelandschaft rumpeln. Die Menschen auf den Hängern, Freunde, Nachbarn, viele Familien mit aufgeregten Kindern, haben ihr Picknick dabei. Die Stimmung auf den fahrenden Zuschauertribünen wird lauter und fröhlicher, je leerer die Bier- und Schnapsflaschen werden. Der Zug der Traktoren verschwindet hinter dem Hügel.

Der Zug der Jagdreiter mit der eng beieinander gehaltenen Hundemeute vorne weg biegt im gemütlichen Trab von Sahrendorf in die kleine Straße ein, versammelt sich am Rande des Turniergeländes. Insgesamt sieben Stopps haben sie in diesem Jahr auf der 20 Kilometer langen Jagdstrecke eingerichtet. „Wir haben sie in diesem Jahr verändert“, sagte Stefan Rabeler, der Jagdherr, beim Stelldichein auf dem Hof Sudermühlen. „Wir haben die Strecke mit 44 Hindernissen wieder stärker durch natürliche Senken und kleine Wäldchen gelegt, sie stärker zurück zu den Ursprüngen des Jagdreitens geführt.“

Die ersten Reiter aber, die im hohen Tempo auf die Hindernisse zugaloppieren, sind Jens Möllering, der Master der Meute vom Hamburger Schleppjagd-Verein und seine drei Begleiterinnen, die die Schleppe, eine intensiv riechende Spur, für die Hunde legen. Als Jens Möllering mit seinem Pferd über das erste Hindernis fliegt, reckt er den Arm in den Himmel und schickt einen gewaltigen Jauchzer über die Heide. Ein Ausbruch von Freiheit und Freude – die Fanfare dieser traditionsreichen Herbstjagd in der Heide.

Die Schleppe wurde an der Straße entlang runter ins Tal und fast im rechten Winkel den Hang hochgelegt. Lachend verfolgten die Zuschauer, dass die Hunde zu klug für dieses Manöver waren. Es muss Erika gewesen sein, die klügste und ehrgeizigste der jungen Hundedamen, die sofort den Weg abkürzte und das jaulende und aufgeregt winselnde Rudel diagonal und damit kürzer über die Wiesen zur Spur führte. „Erika ist erst zwei Jahre“, sagte Master Jens Möllering, als die 35 Foxhounds noch aufgeregt im Transporter auf ihren großen Einsatz warteten. „Aber sie ist die Schnellste und Klügste und wird inzwischen als Anführerin respektiert.“ Rund 30 Mal in der Saison ist die Meute des Hamburger Schleppjagd-Vereins mit den englischen Foxhounds im Einsatz. „Die Jagdreiterei findet wieder großen Anklang“, bestätigte Jens Möllering, „Sudermühlen ist wohl inzwischen die populärste in Deutschland.“

Seine Hunde im Transporter werden für kurze Augenblicke mit Bier zum Schweigen gebracht. „Aber mit Alkoholfreiem“, bekräftigt der Master lachend. Ob der Jagdherr kurz vor dem Start im Kreise der Rotröcke auch mit alkoholfreiem Bier anstößt? „Natürlich“, ruft Andreas Ostholt, der Championatsreiter der Vielseitigkeit, der kurz vorher aus Warendorf gekommen ist, wo er die Sportschule der Bundeswehr leitet. Neben Andreas Ostholt reitet mit Kai Rüder ein weiterer Star der deutschen Vielseitigkeitsreiter bei der Jagd in Sahrendorf mit. „Die haben auch gleich ihren Bundestrainer dabei“, scherzt ein Besucher. Alle drei Buschreiter sind mit jungen Pferden am Start.

„Vor zwei Jahren bin ich auch schon mitgeritten“, erzählt Hans Melzer aus Putensen nach dem Halali des Bläsercorps auf dem Hof Sudermühlen. „Es war eine tolle Jagdstrecke. Die Hindernisse waren hoch genug, damit die Pferde nicht den Respekt davor verlieren. So sind sie achtsamer und es ist auch wenig passiert.“ Erwin, seinen sechsjährigen Wallach, hat der Bundestrainer erst vor kurzem bei der Fohlenauktion in Luhmühlen ersteigert. „Gerade junge Pferde lernt man bei der Jagd besser kennen“, sagte der Bundestrainer.

Für Dolf-Dietram Keller, der mit Ehefrau Manuela im Leistungszentrum Luhmühlen einen Ausbildungs- und Turnierstall für Dressurpferde betreibt, ist die Teilnahme an der Jagd eine Rückkehr zu seinen reiterlichen Wurzeln. „Ich war zwölf Jahre alt, da bin ich die erste Jagd mitgeritten“, erzählt der Spezialist für Piaffe und Volte. „Für mich war das schon die siebte Jagd in diesem Herbst. Die 20-Kilometer-Strecke merke ich schon. Inzwischen aber wird meine Kondition besser und damit auch der Spaß größer.“ Ob ein Dressurpferd überhaupt eine Jagd reiten kann? „Diese Einteilung, du bist ein Dressur- und du ein Springpferd oder Vielseitigkeitspferd kommt von uns Menschen“, antwortet Dolf-Dietram Keller, „Pferde, das erkennen auch die Zuschauer, haben einen Riesenspaß an der Jagd, genau wie wir Reiter.“