Vor ihren Rücktritten im Frühjahr 2015 fordern der Erste und Zweite Vorsitzende die Mitglieder auf, über eine neue Ausrichtung des Vereins nachzudenken und stoßen eine Reform der inneren Strukturen an.

Jesteburg. 102 Jahre ist der VfL Jesteburg alt. Seit seiner Gründung im Jahre 1912 wird der Verein ausschließlich ehrenamtlich geführt. Jetzt könnte es zu einer Zäsur kommen. Der Erste und der Zweite Vorsitzende, Helmut Meyer, 63, und Dietmar Schmidt, 72, wollen auf der Jahreshauptversammlung im März 2015 nicht wieder kandidieren. Auch Schatzmeister Peter Börke und Schriftführerin Margret Haase-Held stehen nicht weiter zur Verfügung. Der halbe Vorstand muss ersetzt werden. „Ausschließlich mit ehrenamtlichen Freiwilligen“, betont Helmut Meyer. Und spricht damit das aus seiner Sicht größte Problem für die Zukunft des 1600 Mitglieder starken Sportvereins an, der jährlich etwa 280.000 Euro bewegt.

„Es wird immer schwieriger, Ehrenamtliche zu finden“, sagt Helmut Meyer und befürchtet, dass sich kaum Vereinsmitglieder finden werden, die seine Aufgaben und die der übrigen ausscheidenden Vorstandsmitglieder in bisherigem Umfang wahrnehmen wollen und können. Meyer: „Deshalb muss sich unbedingt an der Vereinsstruktur etwas ändern.“ Einen hauptamtlichen Geschäftsführer einzustellen, sei eine von mehreren möglichen Varianten. Bisher bezahlt der Verein in der Verwaltung nur zwei geringfügig Beschäftigte, die in der Geschäftsstelle tätig sind.

Dass nichts schwieriger ist, als Veränderungen herbeizuführen, wissen Helmut Meyer und Dietmar Schmidt nur allzu gut. Aber sich einfach aus dem Staub zu machen und den Verein seinem Schicksal zu überlassen, kommt für sie schon gar nicht in Frage. Deshalb wollen sie die verbleibende Zeit nutzen, um die nötigen Anstöße zu geben. Zuerst suchen sie den Dialog mit den Vereinsmitgliedern, denn ohne eine breite Zustimmung aus den eigenen Reihen wird sich gar nichts ändern. Auf einem Workshop unter der Leitung des früheren Fernsehjournalisten, TV-Moderators und heutigen Medienberaters Hans-Jürgen Börner, der in Jesteburg lebt und Mitglied des VfL Jesteburg ist, sollen alle Ideen auf den Tisch kommen.

Börner findet es vorbildlich, dass Meyer und Schmidt ihren Rücktritt so frühzeitig ankündigen. „Das verdient allerhöchsten Respekt“, sagte er, „auch dass sich die beiden nicht einfach aus der Verantwortung stehlen.“ Beide hatten ihren Rücktritt bereits vor zwei Jahren angekündigt, nur glauben wollte es ihnen niemand. Meyer ist seit 1992 Vereinsvorsitzender, vorher war er drei Jahre lang Zweiter Vorsitzender. Schmidt gehört dem Vorstand sogar schon seit 1984 an, anfangs als Fußball-Jugendobmann, seit 1994 als Zweiter Vorsitzender. In die gemeinsame Amtszeit der beiden Vereinsfunktionäre fällt die Einweihung des VfL-Hauses in 1997, des Beachhandballfeldes in 1998 und die Errichtung eines dritten und vierten Fußballplatzes in 2010 und 2011. Apropos Fußball: Mit der geplatzten Fusion der Fußballabteilungen des VfL Jesteburg und SV Bendestorf habe ihr Rückzug nichts zu tun, betonen Meyer und Schmidt unisono.

Auf dem Workshop in der zweiten Septemberhälfte dieses Jahres wollen Meyer und Schmidt noch einmal eindringlich bekräftigen, dass ihre Entscheidung zum Rücktritt unumkehrbar ist. Dann sollen die Vereinsmitglieder sowohl über die zukünftige sportliche Ausrichtung als auch über die innere Struktur ihres Vereins befinden und auch Vorschläge oder sogar Bewerbungen für die möglichen Nachfolger abgeben. Nur eines darf nicht passieren. Der Verein darf im Frühjahr 2015 nicht ohne Vorstand dastehen. Dann fiele laut Satzung das Vereinsvermögen an die Gemeinde Jesteburg.

Hans-Jürgen Börner wirbt für den Dialog mit den Vereinsmitgliedern: „Das ist einmalig, dass beim VfL Jesteburg alle Mitglieder gefragt werden und entscheiden sollen, was für ihren Verein das Beste ist.“ Ein „weiter so“, darin sind sich Meyer, Schmidt und Börner einig, wäre wahrscheinlich die schlechteste Lösung für den VfL Jesteburg.