Schon als Junge war der Extremsportler aus Vahrendorf von der Weltmeisterschaft auf der Insel Big Island fasziniert. Jetzt hat er sich in Kopenhagen für den härtesten Triathlon der Welt qualifiziert.

Vahrendorf. Eines vorweg, damit man diese persönliche Geschichte des 44-jährigen Morris Stahl aus Vahrendorf richtig einordnen und würdigen kann. Längst ist der Marathonlauf, diese königliche Strecke von seltsamen 42,195 Kilometern (die Marathonstrecke bei den Olympischen Spielen 1908 in London vom Stadion direkt vor die königliche Loge auf Schloss Windsor), die berühmteste Langlaufdisziplin der Welt. Aber was ist das schon. Das schaffen längst Millionen Ausdauerfreaks rund um den Globus. So wurden vor 35 Jahren auf Hawaii mit einem solchen Lauf zwei weitere Wettkämpfe verknüpft, ein Schwimmen über 3,8 Kilometer im Pazifik und ein Radrennen über 180 Kilometer. „Wer auch immer diesen Dreikampf gewinnt“, sagte bei der Premiere 1978 einer der Initiatoren, „er ist der Ironman.“

Der Name ist längst ein Mythos. Und „einmal dabei sein“ der sehnlichste Wunsch von Hunderttausenden. Nun mag es ja Menschen geben, die am Verstand eines Hobby-Sportlers zweifeln, dessen heißester Ansporn es ist, sich 3,8 Kilometer lang durchs Meer zu quälen und dabei Fußtritte und Ellbogenchecks einzustecken, um danach mit dem Rennrad 180 Kilometer lang bei bis zu 40 Grad Hitze durch eine kahle Lavalandschaft zu rasen und dann endlich zum abschließenden Marathon aufbrechen zu können.

Morris Stahl war als Junge schon von den Wettkampfbildern und Filmaufnahmen fasziniert, die alle Jahre wieder aus Hawaii die Welt des Sports überfluteten. Der 44-Jährige, der sein Geld im Fitness-Business verdient, ist Radrennen gefahren, hat auch zu Fuß lange Strecken immer schneller bewältigt. „Der Mythos vom Ironman aber, der stille Traum, einmal zu den rund 1800 Auserwählten zu gehören, die sich dieser vielleicht härtesten sportlichen Herausforderung stellen, war früher schon in meinem Kopf“, sagt Morris Stahl, „aber es schien unerreichbar. Ich konnte nicht schwimmen, konnte mich über Wasser halten, aber nicht kraulen, war damit chancenlos beim Triathlon.“

Aber der Traum vom Ironman auf Hawaii ließ sich nicht verdrängen. „Vor sechs Jahren habe ich mir gesagt: Jetzt versuche erst einmal, Kraulen zu lernen. Ein Schwimmtrainer hat mir dabei geholfen. Es hat zwei Jahre gedauert.“ Mit 39 Jahren entschied Morris Stahl, nach Absprache mit Ehefrau Nicole: „Ich versuche, mich für Hawaii zu qualifizieren. Sonst rumort und spukt mir dieser Traum ewig im Kopf herum.“ Mit Dirk Schmidt, einem Trainer aus Köln, entwickelte er sein Aufbauprogramm. „Zweimal in der Woche eine Stunde schwimmen, Radfahren, laufen. Ich trainiere elf Stunden in der Woche. Das ist extrem wenig für jemanden der sich auf den Ironman vorbereitet. Ich kenne Leute, die haben sich ein halbes Jahr Urlaub genommen, um sich auf einen Wettkampf vorzubereiten.“

Der Ironman mit dem spektakulären Finale, der Weltmeisterschaft auf der Hawaii-Insel Big Island, ist längst ein hochwertiges Markenprodukt. Der Titel „Ironman“ ist geschützt. Wer in der Welt einen Triathlon-Wettkampf ausrichten und als Ironman anpreisen will, muss Lizenzgebühren bezahlen. Und nur bei diesen lizensierten Veranstaltungen können die begehrten Startplätze erkämpft werden.

Weltweit gibt es mehr als 30 solcher Dreikämpfe, an denen an die 200.000 Triathleten ihrem Traum hinterherjagen. In Deutschland ist Frankfurt die schwierigste Hürde. „Die letzten vier Jahre habe ich mich Monate lang auf einen solchen Triathlon vorbereitet“, sagt Morris Stahl, „und viermal bin ich gescheitert. In Klagenfurt habe ich 9:38 Stunden benötigt. Das war meine schnellste Zeit und trotzdem war ich vier Minuten zu langsam .“

Frankfurt musste er absagen, der Rücken machte Probleme. Dann hörte er, dass bei der Qualifikation in Kopenhagen noch Plätze frei seien. „Kopenhagen, das war der Tag der Tage für mich“, sagt Morris Stahl, und noch Wochen später klingt durch, wie überwältigt und glücklich er im Ziel war. 9:27 Stunden, das bedeutete persönliche Bestzeit. Morris Stahl ist am Ziel seiner Sehnsucht, die ihm über so viele Jahre keine Ruhe ließ.

Am 3. Oktober werden er und Ehefrau Nicole in das Abenteuer aufbrechen. Am 12. Oktober morgens um sieben Uhr wird er vom Pier aus in Kailua mit knapp 2000 anderen in den Ozean springen. Er hat es geschafft. Er ist dabei, beim Ironman 2013 auf Hawaii.