Abschlag: Wir stellen in einer Serie die Golfanlagen der Region vor. Heute präsentieren wir den Golfclub Gut Immenbeck in Buxtehude.
Buxtehude. Dem Gast, der den Golfclub Gut Immenbeck zum ersten Mal besucht, mag es wie eine kleine Zeitreise erscheinen. Unten, aus der Verkehrshektik auf der Cuxhavener Straße ausscheren, kurz den Hügel hinauf nach Immenbeck, vorbei an zwei grasenden Schimmeln, links die Schotterauffahrt hinauf, ein paar ausgetretene Stufen hoch und durch das große Tor tritt man ein und fühlt sich in einer anderen Welt.
Das Gutshaus mit dem heutigen Golfbistro wurde 1908 erbaut
Die Halle des 1908 errichteten Gutshauses mit dem alten, dunklen Holz an Decke und Wänden, allein das strahlt bürgerliche Tradition aus einem vergangenen Jahrhundert aus und verleiht das Gefühl von Beständigkeit und Geborgenheit. Ein paar Schritte durch die Halle, die zum Golfbistro gehört, hinaus auf die Terrasse. Für einen Augenblick vergisst man, was man gerade sagen wollte. Es ist eine mächtige kanadische Eiche, die den Blick einfängt. Dieser uralte Baum vor allem beherrscht diese Parklandschaft mit den Rhododendron-Büschen und dem kleinen, mit grünen Algen geschmückten Teich, in dessen Mitte eine Fontaine sprudelt. Über fast zwei Jahrhunderte hinweg haben auf dieser Terrasse Menschen gestanden und sich an diesem Blick erfreut. Drei Jahrzehnte sind erst vergangen, da hat der damalige Hausherr von Gut Immenbeck, Horst-Günther Bartmer, zwischen die mächtigen Eichen und Buchen, den Blumen und Sträuchern, die Grüns für den Golfplatz anlegen lassen.
"Um sich neben der Landwirtschaft neue Einnahmen zu erschließen, hatte mein Vater 1975 eine Tennishalle auf unserem Hof errichtet", erzählt Moritz Bartmer, der heutige Hausherr von Gut Immenbeck. "1984 ist die Golf-Anlage mit dem Neun-Loch-Platz eingeweiht worden." Moritz Bartmer, der junge Gutsbesitzer und studierte Agrar-Ingenieur, ist nicht nur Eigentümer, sondern auch Geschäftsführer der Golfanlage. Zu dem Informationsgespräch hat er auf die Terrasse gebeten, die an diesem Nachmittag noch halb in der Sonne liegt. Neben ihm, mit seinem Hütchen auf dem Kopf sozusagen in Arbeitskleidung, sitzt Lea Martin Birch, der Golflehrer. Lea, wie er von fast allen gerufen wird, ist Engländer, natürlich. Und er ist seit 26 Jahren hier für den Golfsport im Einsatz - und längst eine Institution auf Gut Immenbeck. Ihm gegenüber sitzt Heiko Schüßler, Wasserbau-Ingenieur von Beruf, seit einem Jahr Pensionär und seit fünf Jahren Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins.
365 Mitglieder gehören zum Golfclub Gut Immenbeck
"Im Hamburger Golf-Verband sind wir der kleinste Klub", sagt der Mann an der Spitze und sieht äußerst zufrieden dabei aus, "wir haben 365 Mitglieder." Golf Pro Lea Birch kommentiert spontan: "Bei uns darf jedes Mitglied einen Tag im Jahr spielen." 30 bis 40 Mitglieder könne der Klub noch aufnehmen, sagt der Vorsitzende, "mehr wollen wir nicht. Wir legen Wert darauf, dass bei uns jeder zu jeder Zeit spielen kann. Voranmeldungen sind nicht erforderlich."Wenn an sonnigen Wochenenden der Andrang auf den einzelnen Bahnen doch einmal größer werden sollte, "dann arrangiert man sich, lässt die Besseren vor oder wartet mit dem nächsten Abschlag", sagt Michael Hofmann, Rechtsanwalt aus Buxtehude und seit fünf Jahren einfaches Mitglied ist, wie er betont. "Das ist das Besondere und Schöne einer so kleinen Gemeinschaft. Jeder kennt fast jeden, oft über Jahre hinweg. Das macht die vertraute Atmosphäre bei uns aus", sagt Michael Hofmann.
Es war im Grunde der Freundeskreis der Familie Bartmer - die den 250 Hektar großen landwirtschaftlichen Betrieb seit 1830 bewirtschaftet - der zuerst die neue Golfanlage nutzte und das Klubleben prägte. "Mein Vater hatte Pläne, die Anlage auf 18 Bahnen zu erweitern", sagt Moritz Bartmer, "inzwischen aber liegt so eine 9-Loch-Anlage viel mehr im Trend. Statt in fünf oder sechs hat man die in zwei Stunden gespielt. Die Runde kann auch nach Feierabend oder morgens, bevor man ins Büro geht, gespielt werden. Für drei oder vier Bahnen reicht sogar die Mittagspause."Kommen, ohne sich anzumelden, wann es einem in den Zeitplan passt. Allein ein paar Bahnen schlagen und einlochen, oder sich im Klub mit einem Bekannten zusammen tun. Diese Flexibilität ist es, die eine neue, jüngere Klientel auf den Golfplatz lockt. "In den vergangenen Jahren sind vor allem Männer und auch Frauen ab Mitte 40 zu uns gekommen", sagt Heiko Schüßler, "die Kinder sind aus dem Gröbsten raus, das Haus ist finanziert und man sucht etwas Neues, was einem Ruhe gibt, möglichst in der Natur und in einem vertrauten Umfeld."
Es war Elke Schüßler, die Frau des Vorsitzenden, die eine ganz andere Klientel zum Golf in den Gutspark in Immenbeck brachte. Als Lehrerin an der Stieglitz-Grundschule Buxtehude regte sie die Gründung einer Golf-Arbeitsgemeinschaft an. "Jeden Mittwoch um 12 Uhr stehe ich mit den zehnjährigen Mädchen und Jungen auf der Driving Range", sagt Lea Birch, "und die Kinder haben riesigen Spaß." Auch vom Gymnasium Süd ist eine Schul-AG einmal in der Woche auf der Golfanlage zu Gast. Und viele der Schüler haben längst ihre Begeisterung für diesen Sport auch außerhalb der Schule entdeckt.
Jugendwartin Elisabeth Weidemann kümmert sich inzwischen um 45 Mädchen und Jungen. "Manche von denen haben ihre Mütter und Väter für unseren Sport und Klub begeistert", sagt Heiko Schüßler, "andere erinnern sich nach Jahren, wie toll Golf ist und kommen wieder."Die Zeiten, in denen Golf recht exklusiv und der Eintritt in einen Klub kostspielig und meist kompliziert war, sind auch bei Hamburgs intimster Golfgemeinschaft längst passe. Interessenten wird eine Eleven-Mitgliedschaft angeboten: Ein Jahr lang spielen zum halben Monatsbeitrag von 49 Euro.
Golflehrer Lea Birch ist beliebt wegen seines englischen Humors
Die Schatten auf der Terrasse sind länger geworden. Lea Birch, wohl der Lehrmeister der meisten der 365 Mitglieder, schaut versonnen auf das Grün der Bahn neun und auf den kleinen Teich. "Erinnert ihr euch, dass mitten im Teich ein Entenhäuschen festgemacht war?" fragt er in die Runde. "Ich habe hier einmal gesessen und der Doktor, ihr wisst, wen ich meine, hat Abschlag gemacht. Der Ball wäre ins Wasser gegangen, wenn er nicht das Entenhäuschen getroffen hätte und von dort direkt aufs Grün und ins Loch geflogen wäre." Der Doktor, das ist Friedrich-Wilhelm von Ungern-Sternberg, einst Chirurg und Chefarzt in Stade und im Kreise der Golffreunde bis heute unvergessen. Aber als Lea eine weitere Geschichte von ihm zum Besten geben will, winkt Heiko Schüßler lächelnd ab. "Die Story ist ganz harmlos", verspricht der Pro, dessen englischen Humor alle lieben.
Und doch könnte keine andere Geschichte diesen Besuch beim Golfclub Gut Immenbeck, Hamburgs kleinster und wohl auch familiärster Golfgemeinschaft, heiterer ausklingen lassen. "Ich war mit dem Doktor auf der Bahn. Er machte einen Superabschlag, aber genau in die Sonne. Er konnte den Ball nicht sehen, war aber überzeugt, dass er sehr weit geflogen war und marschierte los. Er war 80 Meter vor mir, da habe ich ihn zurückgerufen. "Hier liegt der Ball." Er kam zurück, sah zuerst seinen Ball und dann eine tote Schwalbe danebenliegen. Die hatte er voll im Flug erwischt." Ein Birdie, wie er im Buche steht.