Harburg. Dr. Robert Wegner muss auf Anordnung freie Tage abbummeln. Über die Hintergründe spekulieren Rotes Kreuz und Politik.
Mitten in der Coronapandemie schickt der Bezirk Harburg seinen Leiter des Gesundheitsamts für mehrere Wochen nach Hause. Dr. Robert Wegner soll nach Informationen des Hamburger Abendblatts Überstunden abbauen. Dass er selbst damit einverstanden ist, ist unwahrscheinlich. Gerade in Zeiten von Corona hat Wegner sich stets als äußerst engagiert und pflichtbewusst hervorgetan. Institutionen, die derzeit eng mit dem Gesundheitsamt zusammenarbeiten, reagieren mit Unverständnis. Die Reaktionen der Politik sind gemischt.
Ralf-Dieter Fischer spricht von Skandal
Oppositionsführer Ralf-Dieter Fischer (CDU) spricht von einem „Skandal“. Claudia Loss, Gesundheitsexpertin der Harburger SPD und – noch – stellvertretende Bezirksfraktionsvorsitzende, ist da vorsichtiger: „Man kann es sich in so einer Situation auch nicht leisten, einen guten Mann zu verbrennen“, sagt sie. Fischer hat eine schriftliche Anfrage an das Bezirksamt gestellt, in der er Aufklärung über die Hintergründe von Wegners Zwangspause verlangt.
Extremes Engagement und hohe Kompetenz
„Dieser Mann hat in den letzten Wochen extremes Engagement und hohe Kompetenz bewiesen“, sagt Fischer. „Ihn jetzt mitten in der Krise zu suspendieren, finde ich skandalös! Polizei, Krankenhäuser und Hilfsorganisationen sind entsetzt, weil sie ihren wichtigsten Ansprechpartner verlieren. Da müssen die Bezirksamtsleiterin und ihre Sozialdezernentin einiges erklären!“
Konflikte mit der Sozialdezernentin?
Sozialdezernentin Anke Jobmann war zu Zeiten der großen Bezirks-Koalition auf Wunsch der CDU zu ihrem Amt gekommen. Intern heißt es, dass die promovierte Historikerin mit ihren Fachamtsleitern – dazu gehört auch Wegner – häufiger in Konflikt ist. Über Wegner ist wiederum bekannt, dass er seine Umgebung intensiv nerven kann, wenn er es für nötig hält.
Ein Beispiel für mögliche Konfliktlinien im Harburger Rathaus skizziert Harald Krüger, Leiter des DRK-Kreisverbands Harburg. „Auf Vermittlung von Herrn Wegner unterstützen wir die Stadt bei Corona-Tests in Pflegeeinrichtungen sowie für Polizisten und Feuerwehrleute“, sagt er. „Während wir mit der Gesundheitsbehörde eine schnelle kurze Vereinbarung darüber treffen konnten, hat es beim Bezirksamt Harburg bürokratische Bedenken gegeben. Man wollte eine europäische Ausschreibung und genaue Dokumentation. Ohne Herrn Wegner würden wir hier heute noch nicht testen!“
Seit vier Wochen ohne Pause im Dienst – 100 Überstunden
Andererseits hat Wegner seit vier Wochen nicht einen Tag pausiert, organisierte auch sonntags und spätabends noch Schutzausrüstung und Corona-Tests. Eigentlich hätte er derzeit ohnehin Urlaub beantragt, sich diesen aber selbst wieder gestrichen, weiß Gesundheitspolitikerin Loss: „Da ist das Bezirksamt als Arbeitgeber dann in einem Dilemma zwischen der Fürsorgepflicht für ihren Arbeitnehmer Wegner und einer Lage, die seine unbestrittene Kompetenz und sein Engagement erfordert. Es sollen über 100 Überstunden sein.“
Vertreten wird Robert Wegner von der Ärztin Daniela Unger. Wenn diese sich genauso engagiert, wie Wegner zuvor, dürfte auch sie sehr schnell in der Mehrarbeitsfalle landen, zumal sie vom Dienstvertrag her in in Teilzeit tätig ist.
Personalangelegenheiten sind vertraulich
Fischers Anfrage hat ds Bezirksamt bereits beantwortet: „Das Bezirksamt geht davon aus, dass die besondere Lage noch über einen längeren Zeitraum anhalten dürfte. Das macht es umso mehr erforderlich, auch die Ressourcen von Leitungskräften zu schonen und Erholungszeiten zu berücksichtigen“, schreibt Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen. Das Testsystem für Polizei, Feuerwehr und Pflegeeinrichtungen habe Wegener so gut aufgebaut, dass es auch eine Weile ohne ihn funktioniere. Ansonsten seien Personalangelegenheiten vertraulich.