Heimfeld. Eben noch im Millerntor-Stadion, nun vor Schulen: Patrick Ittrich sorgt dafür, dass sich andere an Regeln halten.
Nur wenige Elterntaxis lieferten ihre Kinder gestern Morgen um kurz vor 8 Uhr direkt vor der Tür der Schule Grumbrechtstraße – und damit im absoluten Halteverbot – ab. An diesem Montagmorgen wurden die Fahrer und Fahrerinnen der Elterntaxis offenbar durch eine große Anzahl gelber Westen abgeschreckt und ausgebremst.
Denn vor der Heimfelder Schule stand rund ein Dutzend Polizeibeamte, Mitglieder des Schülerrates, der Elternräte und weitere Vertreterinnen und Vertreter des „Forum Verkehrssicherheit Hamburg“. Außerdem überreichte der ADAC Hansa einhundert Warnwesten an die Vorschulkinder, damit auch sie den Schulweg künftig sicher bewältigen.
Elterntaxis vor Schule: Jeden Tag staut sich der Verkehr
Es ist der Auftakt zu einer dreiwöchigen hamburgweiten Verkehrsaktion unter dem Motto: „Rücksicht auf Kinder ... kommt an“. Im Fokus von Polizei, Schulbehörde und Elternräten stehen in diesem Frühjahr wiederholt „Elterntaxis“ und „Kinderrückhaltesysteme“.
„Normalerweise“, so berichtet es Klara (10) vom Schülersprecherinnen-Trio, „bildet sich kurz vor Schulbeginn vor dem Eingang ein langer Rückstau an Schulbussen und Elterntaxis, die ihre Kinder zur Schule bringen.“ Manchmal, so ergänzt Schulsprecherkollegin Sabina (9), sei die Situation für die Grundschüler ziemlich unübersichtlich und teilweise auch gefährlich. „Es wurden sogar schon Kinder angefahren“, weiß Philine (10) zu berichten. Dass Eltern ihre Kinder bis vor die Schule fahren müssen, verstehen die drei umtriebigen Schülerinnen nicht.
„Manche Eltern wollen ihre Kinder am liebsten mit dem Auto ins Klassenzimmer fahren“
„Die können doch auch unten an der Straße halten – und den restlichen Schulweg schaffen die Kinder schon ganz alleine“, ermahnen die Schülerinnen die Eltern. Die Drei machen vor, wie es richtig laufen kann. Sabina wohnt nicht so weit weg, sie kommt zu Fuß. Philine hat eine größere Strecke zu bewältigen und kommt daher meistens mit dem Rad. Den weitesten Schulweg hat Klara, sie nutzt den Schulbus aus Bostelbek.
„Bei manchen Eltern hat man das Gefühl, sie wollten ihre Kinder am liebsten mit dem Auto ins Klassenzimmer fahren“, sorgt sich eine Mutter über den täglichen Verkehrstrubel. „Andere wiederum“, so erzählt es ein Vater, „werfen ihr Kind vor der Schule fast aus dem Auto und rasen dann, ohne Rücksicht auf Verluste über den Zebrastreifen, offensichtlich möglichst schnell zur Arbeit.“ Die beiden Eltern finden es gut, dass die Polizei vor Ort ist und auch sonst regelmäßig zum Schulbeginn Präsenz zeigt. Nicht nur bei besonderen Aktionen sprechen Verkehrspolizisten immer wieder Eltern an und ermahnen sie, den Schulweg doch besser zu Fuß zu absolvieren – oder zum Beispiel die Kinder mit dem Rad loszuschicken.
„Die selbstständige Mobilität von Kindern auf dem Schulweg hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen. Dies liegt auch an Eltern, die ihre Kinder aus Angst vor Unfällen oder anderen Gefahrensituationen, aus Gewohnheit oder Bequemlichkeit mit dem Auto direkt bis vor das Schulgebäude fahren”, sagt Michael Jensen, stellvertretender Leiter der polizeilichen Verkehrsdirektion 6. Es könnten so gefährliche Situationen für die jungen Verkehrsanfängerinnen und Verkehrsanfänger vor den Schulen entstehen. Typische, sogenannte „Elterntaxidelikte“ seien unachtsames Rangieren oder Wenden, Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie die Sichtbehinderung der Kinder aufgrund haltender oder parkender Autos.
„Kinder können nur zu sicheren Verkehrsteilnehmenden heranwachsen, wenn sie selbst den täglichen Schulweg zu Fuß oder später auch mit dem Fahrrad bewältigen“, ergänzt Bundesliga-Schiedsrichter Patrick Ittrich. Am Vortag noch hatte er beim Abschiedsspiel von St.-Pauli-Legende Jan-Philipp Kalla im Millerntor-Stadion als vierter Offizieller gewirkt, heute pfeift er Elterntaxis an.
„Dieser Einsatz ist viel wichtiger als jedes Bundesligaspiel“
„Dies ist viel wichtiger als jedes Bundesligaspiel“, betont der Profischiri, der im Hauptberuf eigentlich Verkehrslehrer ist. „Immerhin geht es um die Sicherheit der Kleinsten und unsichersten Verkehrsteilnehmer.“ Er selbst freue sich auf die nächsten drei Wochen, bei denen viele Schulen im gesamten Stadtgebiet besucht werden. Die Arbeit als Verkehrslehrer der Polizei habe für ihn aber immer Priorität gehabt.
Wie wichtig diese Art der Kontrollen ist, zeigt ein Blick nach Altona. Dort wurden bei einer 24-stündigen Verkehrskontrolle am vergangenen Freitag 199 Fahrzeuge angehalten und kontrolliert, außerdem über 1000 Geschwindigkeitsübertretungen festgestellt. Ein Teil der Kontrolle fand ebenfalls morgens vor einer Schule statt. Dort wurden neben diversen Elterntaxis auch Fahrzeugführer ermittelt, die ihre Kinder nicht ordentlich in einem Kindersitz gesichert hatten.
Elterntaxis vor Schule: Projekt wird fortgesetzt
„Bei der Beförderung von Kindern in einem Kraftfahrzeug ist ein geeignetes Kinderrückhaltesystem zwingend erforderlich“, erklärt Michael Jensen von der Verkehrsdirektion. „Autofahrende, die Kinder nicht richtig oder ohne jegliche Sicherung befördern, gefährden in besonderem Maße deren Gesundheit. Das Risiko, dann bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzt zu werden, wird um das Siebenfache erhöht“, mahnt Jensen abschließend.
Mindestens noch einmal kommt die Kampagne nach Harburg. Am 31. März wird der Tross von 7.30 Uhr bis ca. 8.15 Uhr an der Grundschule Sinstorfer Weg einen Zwischenstopp einlegen. Eltern die Fragen zur Schulwegsicherheit haben oder zur richtigen Kindersicherung im Pkw, sind eingeladen sich zu informieren.