Harburg.
Die Harburger City soll in den kommenden zwei Jahrzehnten deutlich verdichtet werden. So sieht es das Konzept für den Rahmenplan zur Harburger Innenstadt 2040 vor, der gerade erarbeitet wird. Parallel zu den Gebäuden muss das Parkplatzangebot wachsen. Wie das in groben Zügen aussehen könnte, berichtete Verkehrsplaner Thomas Ernst vom Wiesbadener Büro mociety am Montagabend dem Harburger Stadtentwicklungsausschuss.
Nach ersten Entwürfen des mit der Rahmenplanung beauftragten Frankfurter Büros Raumwerk könnten zwischen dem Quartier Sand im Westen und dem Neuländer Platz östlich des Bahnhofs fast 370.000 zusätzliche Quadratmeter Bruttogrundfläche (inklusive Mauern) entstehen: rund 129.000 m2 für Wohnen, 205.000 m2 für Gewerbe und 36.000 m2 Parkraum.
Die größten Potenziale liegen demnach östlich des Bahnhofs (Gewerbe, Parkraum) und im geplanten Quartier am Seevekanal (Gewerbe, Wohnen, Parkraum). Das neue Quartier liegt zwischen der Bahntrasse und der Hannoverschen Straße beidseitig der Seevestraße. Ein Großteil der Fläche ist durch den kürzlich erfolgten Umzug der HF-Group (Harburg-Freudenberger) an die Schlachthofstraße verfügbar geworden.
1000 zusätzliche Wohnungen
Sollte dieses Potenzial tatsächlich erschlossen werden, würden mehr als 1000 zusätzliche Wohnungen und viele neue Büros, Werkstätten, Läden und sonstiges Gewerbe die Verkehrssituation in der Innenstadt verändern, darunter auch den sogenannten ruhenden Verkehr. Um den zusätzlichen Bedarf an Parkraum zumindest grob abschätzen zu können, galt es zunächst, die aktuelle Parksituation in der City unter die Lupe zu nehmen. Dazu nutzten die Verkehrsplaner Datenmaterial aus 2019, also vor der Corona-Pandemie.
„Vier Fünftel des ruhenden Verkehrs wird im Harburger Zentrum heute schon in Parkhäusern abgewickelt“, sagte Ernst. Harburg sei hier weiter als andere Städte oder Stadtbereiche, sagte Ernst vor dem Hintergrund, dass städtebaulich allgemein erwünscht ist, parkende Autos aus dem Straßenbild zurückzudrängen. Zudem rechneten die Verkehrsplaner vor, dass in der Harburger City keine Parkplatznot herrscht. Mit Ausnahme des S- und Fernbahnhofs. Aber dort wird das P&R-Haus an der Hörstener Straße gerade um eine Parkebene (200 zusätzliche Plätze) aufgestockt.
Die beiden Parkhäuser im Bereich der Einkaufsviertel seien selbst zu Spitzenzeiten nur zu zwei Dritteln ausgelastet, so Ernst: „Am stärksten Wochentag, dem Dienstag, waren das Parkhaus am Krummholzberg und das Karstadt-Parkhaus nie über 70 Prozent belegt. Nur in der Vorweihnachtszeit, vom 19. bis 22. Dezember 2019, stieg die Auslastung am Krummholzberg zeitweise auf knapp 80 Prozent.“ Zusammen genommen ergebe sich ein ungenutztes Potenzial von rund 600 Stellplätzen.
Anwohner könnten profitieren
Weiteres Potenzial stecke in den 640 „unbewirtschafteten“ Parkplätzen im Straßenraum. Parkgebühren könnten Langzeitparker verdrängen zugunsten von Kunden, die für ein paar Stunden zum Einkaufen kommen, Essen gehen oder den Friseur besuchen wollen. Auch Anwohner könnten profitieren, etwa weil sie abends leichter einen freien (und in den Nachtstunden kostenlosen) Parkplatz finden. Mehr als die Hälfte der Stellplätze an Straßen im Harburger Zentrum sei derzeit gratis, stellten die Verkehrsplaner fest.
Die intensivere Nutzung dieser Plätze wäre wahrscheinlich leichter zu erreichen als die der Parkhäuser. Diese könnten für Anwohner geöffnet werden, schlug Ernst vor. Dagegen spricht, dass die Anlagen nachts geschlossen sind. Es käme darauf an, dass das Berliner Unternehmen Contipark zu Zugeständnissen hinsichtlich der Betriebszeiten bereit ist. Es betreibt beide Parkhäuser am Krummholzberg und am Küchgarten.
Bestenfalls lassen sich also nach der Untersuchung von mociety rund 600 Plätze zusätzlich mobilisieren und 640 effektiver nutzen. Dem steht ein erhöhter Bedarf gegenüber, der sich nur schwer abschätzen lässt. Schließlich beträgt der Betrachtungszeitraum 20 Jahre. Werden dann mehr Menschen vom Auto auf das Fahrrad umgestiegen sein? Auch das erfordert (andere) Stellplätze. Welche Folgen wird die Coronakrise auf Einzelhandel und Gastronomie haben? mociety hat zwei Szenarien betrachtet: Würden die heutigen Rahmendaten weiter gelten, so würden gut 2100 zusätzliche Parkplätze gebraucht. Bei abnehmendem Autoverkehr könnten gut 800 Stellplätze ausreichen.