Harburg. 41-Jährige soll über Gehweg gerast sein. Mitarbeiter der Stadtreinigung Hamburg rettete sich mit Sprung in Mülltonne.

Diesen Prozess vor dem Amtsgericht Harburg hätte der Öffentlichkeit erspart bleiben können. Doch eine 41-Jährige wollte den Strafbefehl über eine Geldstrafe von 900 Euro und einen Monat Fahrverbot so nicht hinnehmen. Wohl, weil sie sich keiner Schuld bewusst ist. Ein betroffener Müllwerker wartet zumindest immer noch auf eine Entschuldigung. Was war passiert?

Die 41-jährige Angeklagte war am 26. Mai 2021 gegen 8 Uhr mit einem silbernen Golf auf dem Hainholzweg in Hamburg-Eißendorf unterwegs, sie musste zur Arbeit. Der Müllwerker war dabei, zusammen mit seinen Kollegen die Mülltonnen in Richtung Nachtigallenweg zu leeren, als die Frau von hinten heranbrauste.

Sie hatte es eilig und fuhr über den Gehweg am Müllwagen vorbei

Da sie es eilig hatte und ihr das Leeren der Mülltonnen zu lange dauerte, versuchte sie sich an dem Müllfahrzeug vorbeizudrängeln. Wegen Straßenbauarbeiten war das Überholen über die Gegenfahrbahn nicht möglich, so fuhr sie über den Gehweg. Dabei übersah sie aber den Mitarbeiter der Stadtreinigung, der gerade eine große Müllbox über den Gehweg schob.

„Sie raste schnell über den Gehweg und auf meinen Kollegen zu, der ihr nichtsahnend, den Rücken zu drehte. Deshalb musste ich meinen Kollegen per Hupsignal warnen“, so der Fahrer des Müllfahrzeuges auf dem Gerichtsflur. Er war als Zeuge geladen. „In letzter Sekunde habe ich mich durch einen Sprung in die Mülltonne retten können, die Fahrerin machte keine Anstalten zu bremsen. Ein Bauarbeiter der die Szene beobachtet hatte, habe die Frau letztlich, mit seinem Gabelstapler gestoppt“, erklärt der ebenfalls als Zeuge geladene Betroffene. Doch daraus wurde nichts.

Auch interessant

Kurz nachdem der Prozess gestartet war, bat Verteidiger Adam Schneider den Vorsitzenden Richter und den Vertreter der Staatsanwaltschaft um eine Einschätzung zu Tatvorwurf und Strafbefehl. Beide machten deutlich, dass es ihnen schwerfiele zu glauben, dass die Angeklagte den Mitarbeiter in orangener Warnkleidung übersehen habe. Sie habe ihn genötigt, aus dem Weg zu springen, um sich in Sicherheit zu bringen. Die Strafe sei mit 30 Tagessätzen und einem kurzen Fahrverbot bereits am unteren Ende des Strafenkataloges angesetzt. Außerdem müsse man die Fahrtauglichkeit der Angeklagten insgesamt in Frage stellen, wenn sie weiter behaupte, sie habe den Müllwerker mit der 1100 Liter fassenden Mülltonne auf dem schmalen Gehweg nicht wahrgenommen, ergänzt Staatsanwalt Thomzik. Da eine deutlich höhere Strafe drohte, zog die Frau nach kurzer Beratung mit ihrem Anwalt, ihren Widerspruch gegen den Strafbefehl dann doch zurück.

Müllwerker: Vorfall kein Einzelfall, regelmäßig wird es gefährlich

Ohne ein Wort zu sagen, verließ sie den Gerichtssaal. Den Müllwerker würdigte sie keines Blickes. „Ich hätte mir gewünscht, dass sich die Fahrerin bei mir entschuldigt“, sagt er. Dabei ist der Vorfall kein Einzelfall, wie er berichtet. „Es kommt mehrfach am Tag vor, dass uns ungeduldige Autofahrer unnötig in Gefahr bringen.“ Dabei seien es nicht nur private Fahrzeugnutzer. „Besonders die Fahrer von Paketlieferdiensten sind oft sehr ungeduldig und fahren oft mit wenig Abstand an uns vorbei“, berichtete der Müllwerker von seinem Arbeitsalltag. „Dabei kommt es regelmäßig zu gefährlichen Situationen.“