Harburg. Initiative der Grünen– Partei will vielfältige Konzepte für die Zukunft des Harburger Stadtteilkulturzentrums

Das Bezirksamt plant, die Trägerschaft des Harburger Stadtteilkulturzentrums Rieckhof neu auszuschreiben. Der „Verein Freizeitzentrum Harburg“, der das Konzept des Rieckhofs mit entwickelte und seit der Eröffnung vor 37 Jahren Träger des Hauses ist, ist geschockt. Erst vor wenigen Monaten hatten Rieckhof-Geschäftsführer Jörn Hansen und seine designierte Nachfolgerin Ulrike Niß dem Bezirksamt und der Öffentlichkeit ihr Konzept vorgestellt, mit dem sie das Haus die nächsten zehn Jahre betreiben wollen. „Niemand hat gesagt, dass man mit unserer Arbeit nicht zufrieden wäre“, sagt Hansen.

Sanierung des Kulturzentrums stellt Zäsur dar

Auch, als Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) im November die Zusage über 1,8 Millionen Euro für die Sanierung des in die Jahre gekommenen Gebäudes persönlich im Rieckhof übergab, herrschte zwischen Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen und Rieckhof-Chef Hansen offenkundig Harmonie. Aus der Harburger Verwaltung heißt es auch heute noch, man würde die Arbeit des Trägervereins und des Leitungsteams sehr schätzen und sich sogar wünschen, dass der Verein Freizeitzentrum sich neu bewirbt.

„Die Neuausschreibung zu diesem Zeitpunkt halten wir für eine gute Idee, weil demnächst die Sanierung des Hauses ansteht und es dann ohnehin lange geschlossen bleibt. In dieser Phase geht auch noch Jörn Hansen in den Ruhestand, der das Haus seit Eröffnung geleitet hat“, sagt Sozialdezernentin Anke Jobmann. „Ein Plan, jetzt alles anders zu machen, steckt nicht dahinter. Aber vielleicht kommen ja ganz neue Ideen in einem Ausschreibungsverfahren.“

Kulturausschuss vom Vorstoß der Grünen überrumpelt

Die Idee, die Trägerschaft des Rieckhofs in einem Interessenbekundungsverfahren neu auszuschreiben – ein Vorgang, der für Hamburger Kulturzentren übrigens ziemlich einmalig ist – kommt aus der Bezirkspolitik. Nicht etwa aus dem Kulturausschuss, dessen Vorsitzender Heiko Langanke (Linke) von dem Vorgang überrascht wurde, sondern aus den Reihen der Rot-Grünen Bezirkskoalition. Dort sind es insbesondere die Grünen, die auf einen Wechsel drängen: „Wir haben uns in der Vergangenheit gefragt, ob das Programm, das der Rieckhof anbietet, dem Stadtteil angemessen ist und sehen da viel Verbesserungsbedarf“, sagt Heinke Ehlers, kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, „vor allem sollte es hier mehr Angebote geben.“

Ehlers zufolge habe man sich zunächst mit dem Koalitionspartner SPD über diese Gedanken verständigt und dann gemeinsam vertrauliche Gespräche beim Bezirksamt geführt. Mit der anstehenden Sanierung des Hauses und Jörn Hansens Ruhestandsberechtigung sei jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen.

Geschäftsführer und Verein fühlen sich beiseite gedrängt

Allerdings hatte Jörn Hansen bislang keinesfalls vor, in zehn Monaten in den Ruhestand zu gehen. „Ich bin fit und voller Tatendrang und habe eigentlich vor, meine Berufstätigkeit um zwei Jahre zu verlängern, wie es das Gesetz erlaubt“, sagt er. „Danach wollte ich mich ehrenamtlich im Verein Freizeitzentrum weiter engagieren. Ulrike Niß hat in der Vergangenheit eine hervorragende Arbeit in der Veranstaltungsplanung gemacht und könnte die Zeit des Umbaus ausnutzen, um sich in den administrativen Bereichen fortzubilden, die bislang in meinen Händen lagen.“  

Das hatte man beim Bezirksamt wohl schon anders geplant. Am vergangenen Dienstag wurde Jörn Hansen vorgeschlagen, während der Sanierung als Berater auf Honorarbasis tätig zu bleiben. Keiner kennt das Haus besser als er. Sollte der Plan der Neuausschreibung fortgeführt werden, müsste man auf Hansens Expertise allerdings wohl verzichten. „Uns als Verein zu diskreditieren, aber mich zu bitten, noch nebenbei weiterzumachen, halte ich für schäbig“, sagt er. „Da mache ich nicht mit.“

Muss die Bürgerschaft entscheiden?

Ob sich der Verein, wie von Dezernentin Jobmann angeregt, beim Interessenbekundungsverfahren neu bewerben wird, ist jetzt ebenfalls fraglich. „Ohne unser Vorstandssitzung vorgreifen zu wollen: Ich glaube nicht, dass wir uns darauf einlassen werden“, sagt Vereinsvorsitzender Christoph Meyer-Bohl. „Wir betreiben ein Haus, das im ganzen Bezirk gut angenommen wird und auch darüber hinaus ausstrahlt. Unsere Gruppenräume sind begehrt und gut ausgelastet. Unser Konzept ist ja, dass Gruppen aus Harburg die Räume in Eigenregie nutzen können und so Stadtteilkultur von der Basis aus entsteht. Nach der Sanierung werden wir hier auch noch mehr Raumkapazitäten haben, weil sie dann akustisch vom Saal getrennt sind und auch genutzt werden können, wenn gleichzeitig unten große Veranstaltungen stattfinden.“

Meyer-Bohl, promovierter Jurist, glaubt auch nicht, dass das Bezirksamt dem Verein einfach so die Trägerschaft entziehen kann: „Uns wurde die Trägerschaft des Hauses 1981, als der Bau begann, per Bürgerschaftsbeschluss zugesprochen. Dann kann nur die Bürgerschaft die Trägerschaft neu vergeben.“

In der Bürgerschaft herrschen allerdings dieselben Mehrheitsverhältnisse, wie in der Bezirksversammlung. Einen Beschluss herbeizuführen, wäre also nicht schwer. „Ich frage mich allerdings, wen die Grünen als Träger im Auge haben“, sagt Meyer-Bohl, „denn ich glaube nicht, dass so ein Vorstoß kommt, ohne dass dahinter ein weitergehender Plan steckt. Ich frage mich, wie der Bezirk das Haus ohne unsere Erfahrung und unser Wissen führen lassen möchte.“