Harburg. Kampf gegen Kinderlähmung: Die Aktion des Rotary Clubs Hamburg-Harburg hat mehr als 1600 Kindern geholfen. Nun ist Schluss damit.

Sie werden es vermissen, sagen sie. Die regelmäßigen Treffen am Donnerstagvormittag in der dunklen, kalten Getränkehalle des Harburger Handelshofs. Die Stunden, in denen die rotarischen Freunde zwischen Altglas, Kisten und Paletten hockend nichts anderes tun mussten, als Deckel um Deckel von den PET-Flaschen zu drehen und diese in großen Plastikeimern zu sammeln. Hunderttausende solcher Plastikdeckel haben die Mitglieder der Rotary­clubs Hamburg-Harburg auf diese Weise in den vergangenen drei Jahren zusammengetragen. Und damit eine gute Sache finanziert.

„Deckel gegen Polio“ heißt die Aktion, die Rotary-Organisationen in ganz Deutschland unterstützen. Die Idee: Mit den Geldern aus dem Recycling des hochwertigen Kunststoffs finanzieren die rotarischen Freunde Polio-Impfungen für Kinder aus Entwicklungsländern.

Zahl der Polio-Fälle ist um über 99 Prozent gesunken

800.000 Plastik-Deckel konnten mit Unterstützung von Schulen, Restaurants, Krankenhäusern, Unternehmen, Sportvereinen und Familien gesammelt werden. Mit dem Verkauf von je 500 Deckeln konnte eine Impfung finanziert werden. „Wir haben auf diese Weise Polio-Impfungen für über 1600 Kinder finanzieren können“, sagt Rotary-Präsident Hanno Krause-Heringer. „Genau genommen sind es sogar Impfungen für fast 5000 Kinder, da die Bill Gates Stiftung für jeden von uns gesammelten Dollar zwei weitere dazu gelegt und so den von uns erwirtschafteten Betrag verdreifacht hat.“

Jetzt aber soll Schluss sein mit dem Deckelsammeln. „Die Preise für die in den Plastikdeckeln enthaltenen Rohstoffe sind drastisch gefallen, so dass sich unser Sammeln finanziell leider nicht mehr bezahlt macht“, so Krause-Heringer. Hinzu kommt, dass die Zahl der Polio-Fälle seit 1985 um über 99 Prozent zurückgegangen ist. Damals gab es noch 125 Länder mit pro Jahr 350.000 neuen Infektionen. Dank umfassender Impfmaßnahmen konnte die Zahl der jährlichen Neuinfektionen auf weniger als 30 gedrückt werden. Nun ist die Bevölkerung nur noch in zwei Ländern – Afghanistan und Pakistan – akut von Polio-Viren bedroht. „Wir haben uns daher entschlossen, das Sammeln der Plastikdeckel bis Ende Juni einzustellen“ so Krause-Heringer. „Auch die Sammelbehälter an den Schulen werden abgebaut.“

Neues Projekt? Schluss mit der Plastiksuppe

Jetzt geht es mit neuen Ideen weiter. „End plastic soup“ – Schluss mit der Plastiksuppe – heißt das Projekt, das Rotary Clubs in Amsterdam bereits 2018 gestartet haben und das jetzt auch in Harburg umgesetzt werden soll. „Wir wollen zusammen mit den 1,2 Millionen Rotariern weltweit, den Familien, Freunden und Kollegen sowie den Schülerinnen und Schülern das große Problem der Plastikvermüllung lösen“, sagt Hanno Krause-Heringer. Es werde Müllsammelaktionen auf Straßen und in Gewässern geben, genauso wie informative Veranstaltungen rund um das Thema Plastikmüll. Einen ersten Vorgeschmack davon bekam Handelshof-Geschäftsführer Jörn Sörensen bei der Verabschiedung der Rotarier aus der Lagerhalle. Er durfte ein 500-Teile-Puzzle als Dank entgegennehmen. Es zeigt junge Leute aus aller Welt, die gemeinsam eine tolle Zeit auf und um das Wasser haben – ohne Plastikmüll.

Mit dem Engagement gegen Plastikmüll wollen die Rotary-Mitglieder das Gespräch über den Umweltschutz mitgestalten und ihre Verbindungen für kreative Lösungen und Aktionen zur Sicherung von lebenswichtigen Ressourcen nutzen.