Hamburg. Ehemalige Bewohnerinnen der kirchlichen Einrichtung berichten von Übergriffen in den 80er-Jahren. Betroffene sollen sich melden.

Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Im Harburger Kinderheim des Margaretenhorts an der Haakestraße sollen Jugendliche in den 80er-Jahren jüngere Mädchen und Jungen sexuell missbraucht haben. Erhoben haben diese Anschuldigungen zwei ehemalige Bewohnerinnen.

Die beiden Frauen, die selbst nicht missbraucht wurden, meldeten sich im Mai beim Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Hamburg-Ost. Dieser ist Träger des Margaretenhorts, der in der Region Harburg, Süderelbe und Wilhelmsburg zahlreiche Angebote der Kinder- und Jugendhilfe unterhält und rund 250 Mitarbeiter beschäftigt.

Personal soll von den Vorwürfen gewusst haben

Pröpstin Ulrike Murmann, zuständig für den Bereich Prävention und Intervention, sagte am Dienstag, diese ersten Hinweise seien absolut glaubwürdig und plausibel. Sie sprach während einer Pressekonferenz in Harburg von fortgesetztem Missbrauch über einen längeren Zeitraum. Erschütternd sei auch, dass das leitende Personal von den Vorwürfen gewusst haben soll. Doch niemand habe eingegriffen, geschweige denn den betroffenen Kindern und Jugendlichen Schutz und Hilfe geboten. Sie wendet sich deshalb jetzt mit der dringenden Bitte, sich zu melden, an mögliche Betroffene.

In Sachen Aufklärung stehe man noch ganz am Anfang. Murmanns Ziel ist ein „geordnetes Verfahren“, unter Einbindung der Betroffenen, „die wir nicht auf die Opferrolle reduzieren wollen“. Vielmehr sollen sie aktiv eingebunden werden in die lückenlose Aufklärung: „Wir stehen auf ihrer Seite.“

Daten aus der Zeit sind vernichtet worden

Erste Nachforschungen haben ergeben, dass es keinerlei Akten und Daten aus der Zeit mehr gibt: „Die sind den gesetzlichen Vorgaben entsprechend nach 25 Jahren vernichtet worden.“

Mit dem Leitungspersonal von damals sei bislang bewusst noch nicht gesprochen worden, sagte Murmann. „Das wäre ein falsches Signal“, erklärte dazu Professorin Dr. Mechthild Wolff, die von Pröpstin Murmann als externe Expertin in ihren Beraterkreis berufen worden ist. Die Professorin der Hochschule Landshut sitzt mit am Runden Tisch der Bundesregierung und im Fachbeirat des Unabhängigen Beauftragen gegen sexuellen Kindesmissbrauch. Sie weiß aus Erfahrung, dass es wichtig ist, zuerst mit den Betroffenen zu sprechen.

Internetseite als Wegweiser für Betroffene

Eine neu eingerichtete Internetseite soll Betroffenen als Wegweiser dienen, um angemessene Hilfe, Begleitung und Unterstützung zu bekommen.

Wer seinerzeit sexuellen Übergriffen ausgesetzt war, und über das erlittene Leid sprechen möchte, findet auf der Seite www.margaretenhort.de/aufarbeitung die entsprechenden Ansprechpartner. Zu ihnen kann auch über die Mail-Adresse fachstelle.praevention@kirche-hamburg-ost.de Kontakt aufgenommen werden. Darüber hinaus steht Pröpstin Murmann für persönliche Gespräche zur Verfügung. Sie ist unter der Hotline 0176-87117634 erreichbar, ebenso wie Rainer Kluck, der Präventionsbeauftragte des Kirchenkreises Hamburg-Ost.