Neugraben. Vereine unterzeichneten Kooperationsvereinbarung zur Jugendförderung und Talentsichtung. Beide Seiten sollen profitieren
Wahrscheinlich mit 26 Kinder- und Jugendmannschaften geht der FC Süderelbe in die kommende Fußballsaison. In den Teams spielen etwa 450 Jungen, Mädchen und Jugendliche, die sich dem Verein anvertraut haben und für die der Fußballclub die Verantwortung übernimmt, sie altersgerecht zu betreuen und ihnen neben dem Spaß am Fußballsport auch dessen Grundlagen und wenn möglich auch die Feinheiten zu vermitteln – und sie so in ihrer sportlichen und charakterlichen Entwicklung zu fördern. Um diesem Anspruch in Zukunft noch besser gerecht zu werden, haben der FC Süderelbe und der Hamburger SV eine Kooperationsvereinbarung für den Jugendbereich unterzeichnet.
Der FC Süderelbe wird damit offizieller Kooperationspartner des Nachwuchsleistungszentrums des HSV. Bei der Vorstellung des gemeinsamen Projekts der beiden Sportvereine hatte Sebastian Schmidt, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums des HSV in Norderstedt, zuerst eine schlechte Nachricht für alle anwesenden Vereinsmitglieder vom Vorstand bis zu einem Dutzend Jugendspieler des FC Süderelbe im Vereinshaus am Kiesbarg. Horst Hrubesch, ehemaliger Bundesligafußballer beim HSV, Nationalstürmer und erfolgreicher Nachwuchs- und Frauentrainer beim Deutschen Fußballbund (DFB) und heute „Direktor Entwicklung“ des HSV-Nachwuchsleistungszentrums, war kurzfristig erkrankt und musste diesen und weitere Termine absagen. „Wir holen das aber nach“, versprach Sebastian Schmidt.
„Zwei Vereine, ein Team“
Mehrere Aspekte stehen vom 1. Juli 2022 an bei der zukünftigen Kooperation und dem Motto „Zwei Vereine, ein Team“ im Fokus. Sie reichen von der Fortbildung der Trainer über regelmäßige Trainingseinheiten durch die HSV-Übungsleiter beim FC Süderelbe bis zur gemeinsamen Talentsichtung an gemeinsamen Talenttagen. Und natürlich vielen Fußballspielen zwischen den Jugendmannschaften beider Vereine.
„Wir müssen mehr für die Talente in der Region machen“, sagte Sebastian Schmidt und bestenfalls sollen immer mehr Talente aus Hamburg und dem Hamburger Umland an den Profi- oder wenigstens U21-Kader des Hamburger SV herangeführt werden. Die größte Zielgruppe des Projektes sind Kinder und Jugendliche zwischen neun und 15 Jahren. Schmidt: „Unser Ziel ist es, einzelne Spieler auf ein Niveau zu führen, dass sie befähigt, mit 17 Jahren bei den Profis mittrainieren können.“
Persönlichkeit auf und neben dem Platz steht im Mittelpunkt
FCS-Jugendkoordinator Bislim Miroci betonte die Bedeutung der altersgerechten Ausbildung und die Vermittlung der technischen Grundlagen bei den Jüngeren. „Zwischen elf und 15 steht die technische Weiterentwicklung der Spieler im Blickpunkt“, ergänzte HSV-Jugendtrainer Jan Zemmer. Besonders gute Erfahrungen habe man zuletzt mit Intervalltraining im Spielform gemacht. Zemmer ist bei dem Projekt der Mann vor Ort. „Ich werde sicherlich ganz häufig auf dem Kiesbarg sein“, sagte er.
Klar ist, es geht primär um die individuelle Förderung einzelner Fußballtalente, die aber am besten im Umfeld eines intakten Vereins- und Mannschaftsgefüges auf hohem sportlichen Niveau gelingt. Schmidt verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem die Herausbildung der Persönlichkeit auf und neben dem Platz im Mittelpunkt steht. „Wir berücksichtigen auch das familiäre und schulische Umfeld eines jeden einzelnen Spielers,“ sagte er. Das Fußballfeld vergleicht er gerne mit einer Bühne, auf der sich die Spieler einerseits austoben können und andererseits spielerisch lernen, Verantwortung für sich und ihr eigenes Handeln aber auch für die Gruppe zu übernehmen. Das erfordere Mut und die Fähigkeit, auch mit Niederlagen umzugehen und die richtigen Lehren daraus zu ziehen.
Solange wie möglich sollen Talente in Stammvereinen bleiben
Solange wie möglich sollen die jungen Talente in ihren Stammvereinen bleiben, hoher Zeitaufwand durch lange Anfahrtswege und dann auch noch durch das Nadelöhr Elbtunnel bis ins Leistungszentrum nach Norderstedt oder später auf den Campus am Stadion sollen möglichst lange vermieden werden. Dort befindet sich die sportliche Heimstätte der U16- bis U21-Fußballer des HSV. Die Talente möglichst lange an den Verein zu binden, liegt ganz im Interesse des FC Süderelbe. „Wir verlieren bisher einfach zu viele Talente, die glauben, sie müssten schon früh nach Hamburg oder sonstwo hin wechseln, um eine Profikarriere zu machen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns noch mehr als leistungsorientierter Breitensportverein etablieren. Dann können die auch bei uns bleiben,“ sagte Bislim Miroci.
Mit dem FC Süderelbe glauben die Hamburger Talentförderer, neben der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg und dem Buchholzer FC einen weiteren geeigneten Partner südlich der Elbe gefunden zu haben. Ein weiterer neuer Kooperationspartner ist TuS Güldenstern Stade, die Kooperation mit dem TSV Eintracht Immenbeck läuft aus.
FCS-Jugendleiter Marc Kolodzick blickt nicht nur wegen der neuen Partnerschaft mit dem HSV zuversichtlich in die Zukunft. „Wir haben im Jugendbereich nach den vielen Vereinsaustritten während der Pandemie jetzt wieder den Vor-Corona-Stand erreicht und können keine weiteren Kinder und Jugendlichen mehr aufnehmen“, sagt Kolodzick – einerseits erleichtert, dass die Mitgliederzahlen wieder angestiegen sind, anderseits mit Bedauern, dass der Verein keine weiteren Kapazitäten hat.
Kolodzick: „Wenn wir aber noch mehr Kinder aufnähmen, ginge das zu Lasten der Qualität unserer Jugendarbeit“. Und gerade darum geht ja bei der Kooperation mit dem HSV.