Buchholz. Das 31:25 von Buchholz-Rosengarten gegen den Minikader der Gäste kann im Kampf um den Bundesliga-Klassenerhalt noch Gold wert sein.

Wie wichtig dieser Sieg tatsächlich ist, lässt sich aus heutiger Sicht nicht beurteilen. Erst einmal bedeutet er, dass die Handball-Luchse Buchholz 08-Rosengarten auch nach dem 28. Spieltag der 1. Frauen-Bundesliga nur einen Punkt Rückstand auf Frisch Auf Göppingen haben. Vielleicht wird man in drei Wochen sagen, dass dieses 31:25 (13:13) in der Nordheidehalle gegen Bayer 04 Leverkusen der entscheidende Big Point auf dem Weg zum Klassenerhalt in der höchsten deutschen Spielklasse gewesen ist. Die nächsten beiden, die letzten beiden Saisonspiele werden es weisen, ob nun Göppingen oder die Luchse die Chance erhalten, in zwei Relegationsspielen gegen den Zweitliga-Vizemeister Füchse Berlin die Klasse zu halten.

Leverkusen spielte de facto mit sechs Feldspielerinnen durch

Nicht zimperlich: Gerade in der ersten Halbzeit machte die Bayer-Abwehr Sarah Lamp und ihrem Team das Leben schwer.
Nicht zimperlich: Gerade in der ersten Halbzeit machte die Bayer-Abwehr Sarah Lamp und ihrem Team das Leben schwer. © HA | Markus Steinbrück

Die Partie gegen den Tabellenzehnten Leverkusen war für den Aufsteiger aus der Nordheide aus vielerlei Hinsicht nicht einfach. Die Gäste hatten im April aufgrund mehrerer Coronafälle und der Länderspielpause nur ein einziges Spiel bestritten. Aktuell befindet sich immer noch die Hälfte der Mannschaft in Quarantäne. Aus Gründen der sportlichen Fairness wollten die Werkselfen die Punkte nicht kampflos herschenken. Also reiste Trainer Martin Schwarzwald mit einem Rumpfteam aus zwei Torhüterinnen und nur einer Auswechselspielerin für das Feld an. Diese eine, Anne Krüger, gehört normalerweise zum Bayer-Trainerteam und wurde erst in den letzten Minuten auf Linksaußen eingesetzt. De facto spielte Leverkusen mit sechs Feldspielerinnen durch, darunter allerdings fünf Nationalspielerinnen.

Die Luchse wussten vorher um die schmale Besetzung der Gäste, drückten von Anfang an aufs Tempo, um gegen Spielende ihre konditionellen Vorteile ausspielen zu können – soweit der Plan. Das schnelle Spiel der Anfangsminuten artete häufig in Hektik aus. Drei lange Pässe auf die durchstartende Alexia Hauf gerieten beispielsweise zu lang. Dazu stellte Leverkusen eine kompakte und aggressive Deckung, gegen die sich die Gastgeberinnen kaum Torchancen herausspielten. Die Verkrampfung löste sich erst nach etwa 20 Minuten (6:9, 9:12), als Ariela Witthöft für Zoe Ludwig zwischen die Pfosten ging und Fatos Kücükyildiz nach Minuten auf der Bank wie ausgewechselt zurückkehrte.

Vorentscheidend waren die ersten Minuten der zweiten Halbzeit

Ungläubiges Staunen: Die beste Torschützin Julia Herbst (6 Tore) konnte den Sieg direkt nach dem Schlusspfiff kaum fassen.
Ungläubiges Staunen: Die beste Torschützin Julia Herbst (6 Tore) konnte den Sieg direkt nach dem Schlusspfiff kaum fassen. © HA | Markus Steinbrück

„In dieser Zeit hat sie den Resetknopf gedrückt“, sagte Co-Trainer Matthias Steinkamp später. Mit der Pausensirene verwandelte Marleen Kadenbach einen Siebenmeter zum 13:13. „Wir wollten hier etwas reißen und trotz der kleinen Besetzung Tempo gehen. Das Remis zur Halbzeit war aus unserer Sicht zu wenig“, sagte Gästetrainer Martin Schwarzwald. „Leverkusen hat in der ersten Halbzeit fantastisch gespielt“, stimmt ihm Luchse-Coach Dubravko Prelcec zu.

In der Kabine versuchte er, den Druck von den Schultern seiner Spielerinnen zu nehmen, ihnen Lockerheit zurück zu geben. „Sie sollten mit Spaß Handball spielen“, sagte Prelcec. „Das hat gut geklappt. Die ersten fünf, sechs Minuten der zweiten Halbzeit waren entscheidend.“ Vor allem Julia Herbst, die in der ersten Halbzeit für Maj Nielsen gekommen war, setzte sich in der Phase bis zur 35. Minute prächtig in Szene. Drei der vier Luchse-Tore zum 17:14 (35.) markierte die Rechtsaußen. Nun war es aber nicht so, dass der Sieg nicht mehr in Gefahr geriet. Aber bei den Gastgeberinnen war angekommen, dass sie an diesem Tag einen Gegner aus dem Tabellenmittelfeld besiegen konnten.

Rosengarten schaffte ein 5:0 in den letzten fünf Minuten

Mehrfach zogen die Luchse auf drei Treffer davon (21:18, 24:21, 26:23), immer wieder verkürzten die verbissenen kämpfenden Bayer-Girls auf einen Treffer. Der Ausgleich gelang ihnen zu keinem Zeitpunkt. Nach 55 Minuten waren auch sie mit ihrem Latein, vor allem aber mit den Kräften, am Ende. Mit einem 5:0-Lauf durch Treffer von Herbst (2), Kücükyildiz, Louise Cronstedt und Evelyn Schulz machte Buchholz-Rosengarten aus dem 26:25 noch ein 31:25 und damit einen Sechs-Tore-Sieg.

„Es war ein verdienter Sieg für Rosengarten, auch wenn er sich zu deutlich anfühlt. Am Ende hatten sie mehr Körner. Ich bin trotzdem stolz“, sagte Leverkusen-Coach Schwarzwald. Sein Gegenüber meinte, dass die ersten Minuten der zweiten Halbzeit seinen Spielerinnen mehr Mut gegeben hätten. „Wir haben heute einen kleinen Schritt gemacht. Die Spiele nach dem Pokal-Wochenende werden entscheidend“, so Dubravko Prelcec. „Drei Wochen ziehen wir jetzt durch und gucken dann, was dabei herausgekommen ist.“

Pokal-Halbfinale am Sonnabend in Stuttgart gegen Blomberg

Am kommenden Sonnabend, 15. Mai, spielen die Handball-Luchse Buchholz 08-Rosengarten im Halbfinale des DHB-Pokals gegen die HSG Blomberg-Lippe. Allein das Erreichen des Final-Four-Turniers in Stuttgart ist der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Am Mittwoch, 19. Mai, folgt das Nachholspiel in Buchholz gegen den Vorletzten Mainz 05, bevor die Saison am Pfingstsonnabend, 22. Mai, mit dem Derby beim Buxtehuder SV zu Ende geht. Konkurrent Göppingen spielt am 15. Mai gegen das personell dann kaum besser besetzte Bayer Leverkusen und muss am letzten Spieltag zum Vizemeister Bietigheim. Für zwei Wochen Spannung ist gesorgt.

Die Tore: Julia Herbst (6), Fatos Kücükyildiz, Evelyn Schulz (beide 5), Kim Berndt (4/2), Marleen Kadenbach (4/3), Louise Cronstedt, Alexia Hauf (beide 3) und Sarah Lamp (1)