Harburg. Die Baustellen des Sommers werden bis zur Adventszeit verlängert – im Wochentakt kommen neue Engpässe hinzu. Ein Überblick.


Von der Landesgrenze bis in die Harburger Innenstadt braucht man mit dem Auto üblicherweise 10 bis 15 Minuten. Gestern und Vorgestern konnte froh sein, wer es in einer Stunde schaffte – und die Prognose für die nächsten Tage sieht nicht besser aus: Während begonnene Baustellen immer weiter verlängert werden, kommen im Wochentakt neue Engpässe hinzu. Der Durchgangsverkehr und der Zielverkehr müssen sich durch die selben Flaschenhälse zwängen. Die Einfallstraßen sind überlastet – oder selbst gesperrt. Wichtige Ausweichstrecken stehen nicht zur Verfügung. Ältere Harburger fühlen sich an das Brettspiel „Malefiz“ erinnert, bei dem den Spielfiguren je näher sie dem Ziel kommen, immer mehr neue Hindernisse aufgebaut werden – oder an die Zeit des S-Bahn-Baus, als in Harburg auch nichts mehr ging. Harburgs Verkehrspolitiker zucken nur hilflos mit den Schultern: Die meisten betroffenen Straßen sind Landesstraßen. Da werden die Bezirkspolitiker gar nicht erst zu Rate gezogen.

„Dabei ist hier die Kenntnis der Verhältnisse vor Ort gefragt“, beschwert sich Rainer Bliefernicht (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Inneres, Bürgerservice und Verkehr der Bezirksversammlung. „Und diese Kompetenz liegt bei uns!“

Problemfall 1: Die Auffahrt Wilstorf und der Elbtunnel

Während die Brücke der Stadtautobahn A 253 zwischen Wilstorf und Harburg-Mitte saniert wird, ist die Auffahrt Wilstorf gesperrt. Ursprünglich sollte das von April bis Oktober geschehen. Nachdem dies allerdings zu einem tagelangen Stau-Chaos führte, änderte der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) die Bauabläufe, so dass die Auffahrt möglichst lange aufbleiben konnte. Seit August ist die Abfahrt jedoch wieder dicht. LSBG-Baustellenkoordinator Carsten Butenschön versprach, dass auf den Autobahnen 1 und 7 im Harburger Raum keine Arbeiten an den Fahrspuren in Richtung Norden stattfinden, solange die Abfahrt gesperrt ist. Nun verzögert sich die Fertigstellung der A 253 bis mindestens Ende November. Trotzdem wurde Montag mit der Sanierung der dritten Elbtunnelröhre begonnen.

Der Ausweichverkehr staut sich auf der Winsener Straße bis zur geschlossenen Auffahrt Wilstorf und weiter rund um den Harburger Bahnhof oder durch die Harburger Innenstadt. Um dies zu vermeiden, versuchen viele Autofahrer, von der Winsener Straße über Sinstorf und Marmstorf zur Bremer Straße auszuweichen. Das ist ebenso vergeblich, wie fatal: Auch auf der Bremer Straße steht der Verkehr.

Problemfall 2:Flaschenhals Innenstadt

Weil im Zuge der Auffahrtsperrung auch die Hohen Straße gesperrt wurde, müssen auch die Autofahrer, die nur von Marmstorf nach Wilstorf oder Rönneburg wollen, über den Harburger Ring ausweichen. Der ist aber wohlweislich eingeengt, um ungehemmtes Rasen zu vermeiden. Die Folge: Auf der Fahrbahn steht der Verkehr. Auch in Richtung Neugraben hält der Ring ein Hindernis bereit: Wegen des Abrisses des Harburg Centers kann man nicht über die Goldschmidtstraße zur B 73, sondern muss bis zum Schlossmühlendamm.

Rund um den Bahnhof trifft der ausweichende Durchgangsverkehr auf den Ziel- und Quellverkehr des Phoenix-Centers. Um dessen Einfahrten unterzubringen, wurden einst die Fahrspuren der am Center vorbeiführenden Straßen so reduziert, dass sie jetzt nicht mehr ausreichen. Hinter dem Bahnhof stauen sich die, die über den Großmoordamm zur Autobahn wollen. Und auf dem Großmoordamm sind schon diejenigen unterwegs, die die Sperrung der Hannoverschen Brücke umfahren.

Problemfall 3:Ehestorfer Heuweg

Die wichtigste innerharburgische Umleitung für die A 7 ist derzeit noch voll gesperrt und soll es auch im nächsten Jahr wieder sein. Weil das nicht nur den Durchgangsverkehr betrifft, sondern auch die Anwohner, Schulen und Betriebe am Heuweg, läuft die Bezirksversammlung Sturm und verlangt vom LSBG eine Regelung mit nur halbseitiger Sperrung. Die Verkehrsbehörde lehnt ab: Das Regelwerk Straßenbau (Restra) verlange aus Arbeitsschutzgründen einen Mindestabstand zwischen Fahrbahn und Baustelle, sagt Pressesprecher Christian Füldner. Allein: Auf den 212 Seiten des Restra ist eine solche Vorschrift nicht zu finden.

Problemfall 4: Heimfelder Straße/Ehestorfer Weg

Dies sind die beiden Haupterschließungsstraßen für den Harburger Westen. Der Ehestorfer Weg ist noch bis Weihnachten gesperrt, die Heimfelder Straße wird ab der kommenden Woche bis Jahresende aufgegraben. Verkehr verlagert sich in enge Nebenstraßen. Harburgs einziges Fünf-Sterne-Hotel ist nicht mehr anzufahren und Harburg-Pendler aus dem Rosengarten tragen nun zum Stau auf der Bremer Straße bei, statt den Ehestorfer Weg nutzen zu können.

„Das ist alles katastrophal und einiges hätte vermieden werden können“, sagt Rainer Bliefernicht, „aber keiner will die Harburger anhören!“