Buchholz. Verein hat ehemaligen Baumarkt mit 4000 Quadratmetern zu einer Halle für Turn-, Kampf- und Tanzsport umgebaut. Mitglieder packten mit an

Von außen betrachtet wirkt das baufällige Gebäude an der Bremer Straße wie verlassen. Durch eine unscheinbare Seitentreppe geht es in eine alte Halle hinab. Leerstand? Fehlanzeige! In dem ehemaligen Baumarkt-Gebäude mit Industrie-Charme haben sich die Sportler von Blau-Weiss Buchholz eine eigene Sportstätte eingerichtet. Seit dem 1. September trainieren hier die Abteilungen Kunstturnen, Judo, Ju-Jutsu, Kickboxen, Aerobic-Turnen und Lateintanz auf drei Ebenen und einer Fläche von rund 4100 Quadratmetern. Im Eiltempo erteilte die Stadtverwaltung die benötigte Nutzungsänderung. Der Grund: Der Stadt Buchholz fehlen insbesondere im Winter Hallenkapazitäten.

Blau-Weiss zahlt keine Miete

Der Sportvorstand Dr. Hans-Hermann Damlos (links) und Blau-Weiss-Vorsitzende Arno Reglitzky freuen sich über die Hilfe der Vereinsmitglieder. 
Der Sportvorstand Dr. Hans-Hermann Damlos (links) und Blau-Weiss-Vorsitzende Arno Reglitzky freuen sich über die Hilfe der Vereinsmitglieder.  © Maximilian Bronner | Maximilian Bronner

Blau-Weiss zahlt für das neue Sportzentrum keine Miete – muss das Gebäude im nächsten Jahr jedoch wieder räumen. „Wir haben hier in Buchholz ein großes Drama mit den Sportflächen. Insbesondere der Spitzensport braucht mehr Platz“, sagt der Blau-Weiss-Vorsitzende Arno Reglitzky. Als im Juli der Eigentümer des ehemaligen Baumarkt-Gebäudes auf den Verein zukam, musste Reglitzky nicht lange zögern. Seit rund einem Jahr steht die Halle nahe des Buchholzer Bahnhofs leer.

Schnell entstand die Idee, in dem leerstehenden Gebäude eine neue Sportstätte aufzubauen. „Da das hier früher ein Baumarkt war, ist das Ganze eigentlich eine Gewerbefläche. Also war der nächste Weg zur Stadtverwaltung, wo wir eine Nutzungsänderung zum Sportflächengebiet brauchten. So etwas dauert normalerweise aber ein Jahr“, erklärt der Blau-Weiss-Vorsitzende. Nur durch die Betonung der Notsituation der Sportler habe Blau-Weiss schließlich eine kurzfristige und zeitlich begrenzte Nutzungsänderung bewirken können.

Anfang August habe der Verein die jeweiligen Abteilungsleiter informiert. In Eigenregie richteten die Sportler das Gebäude auf allen drei Ebenen ein. Insgesamt seien dazu im August mehr als 500 Arbeitsstunden nötig gewesen. „Für mich war die große Überraschung, dass unter den Sportlern ein echter Schneeballeffekt entstanden ist. Teilweise haben hier 40 Leute gleichzeitig gearbeitet“, freut sich Reglitzky. Allein die Lateinformation, die auf Erst- und Zweitliganiveau tanzt, hat eine Parkettfläche von insgesamt über 700 Quadratmetern erhalten.

14 Meter große Spiegelwand

Aus Baumarkt-Materialien ist zudem eine 14 Meter große Spiegelwand entstanden. „Der große Vorteil hier ist, dass die Parkettböden liegen bleiben können. In den anderen Hallen müssen die Böden immer auf- und abgebaut werden, weil andere Sportarten den normalen Boden benötigen“, sagt Blau-Weiss-Sportvorstand Dr. Hans-Hermann Damlos. Einer der insgesamt drei Parkettböden stammt aus Nürnberg – der Verein hat ihn günstig bei eBay kaufen können.

Hier können Judo, Ju-Jutsu und Kickboxen trainiert werden. 
Hier können Judo, Ju-Jutsu und Kickboxen trainiert werden.  © Maximilian Bronner | Maximilian Bronner

Sämtliche Abteilungen haben sich zudem eigene Sitzecken aus Europaletten, Ablagefächer und Schrankwände gebaut. „Das sind insgesamt etwa 12.000 Euro an Geld- und Sachspenden die von Eltern und Sponsoren in den paar Wochen hier reingeflossen sind“, sagt Sportvorstand Damlos. Teilweise habe der Verein die Sportler in ihrem Tatendrang gar bremsen müssen.

Auch wenn die große XXL-Halle kaum etwas mit einer modernen Mehrzweckhalle gemein hat, seien die Abteilungen von dem Gebäude begeistert. Umkleidemöglichkeiten werden provisorisch mit Vorhängen abgedeckt, Duschen gibt es erst gar nicht. „Das ist aber nicht schlimm. In den anderen Sporthallen duschen die Sportler wegen der Corona-Regeln momentan auch zuhause“, erklärt Arno Reglitzky.

Zuschauer sind nicht gestattet

Die neue Sportstätte werde lediglich für den Trainingsbetrieb genutzt, Zuschauer sind ohnehin nicht gestattet. Das sieht das Hygienekonzept so vor. „Außerdem mussten wir ein Reinigungs- und Sicherheitskonzept erarbeiten. Dieses Gebäude war ja nie für den Sportbetrieb gemacht“, erklärt Sportvorstand Damlos. Durch die Nutzung durch Blau-Weiss Buchholz gebe es auch für die Stadt einen Vorteil. „So verhindern wir, dass das Gebäude verkommt und zum Schandfleck wird“, erklärt Damlos. Das freut auch den Eigentümer, der keine Miete fordert. Lediglich die Energiekosten müsse der Verein selber zahlen.

Und doch ist das neue Buchholzer Glück wohl nur von kurzer Dauer. Im kommenden Jahr droht der Halle das Aus. „In diesem Winter ist alles geregelt. Das Problem bekommen wir dann im nächsten Winter, weil wir Mitte nächsten Jahres wieder hier raus müssen“, sorgt sich Reglitzky. Die Sportstätte kann nur als Übergangslösung dienen. „Ohne Corona wäre diese Halle schon längst abgerissen worden“, sagt der Blau-Weiss-Vorsitzende.

Umgehungsstraße geplant

Auf dem jetzigen Gelände sind ein Neubau, sowie eine neue Umgehungsstraße geplant. Im kommenden Jahr dürfte Blau-Weiss Buchholz also erneut vor der Frage stehen, wo die Sportabteilungen im Winter trainieren können.

Arno Reglitzky befürchtet auch, dass es für den Verein bei der Vergabe der Hallenzeiten zu Nachteilen kommen könnte. In diesem Winter benötigt Blau-Weiss durch die neue Halle deutlich weniger Kapazitäten – diese im nächsten Jahr zurück zu fordern, könnte zum Problem werden.