Harburg. Förster verzeichnen deutlich mehr Besucher in den Harburger Bergen. Mit Folgen. Kommunalpolitik reagiert auf Entwicklung.
Währen viele Aktivitäten in Corona-Zeiten verboten sind, gehen andere umso mehr. In-den-Wald-gehen gehört dazu. Harburg ist zwar nur der zweit-waldreichste Bezirk Hamburgs (Waldmeister ist Wandsbek), weil aber die Harburger Forsten an vielen Stellen nahtlos in niedersächsische übergehen, bieten Bezirk und Landkreis Harburg zusammen große Naherholungsgebiete. Solche Nahziele sind derzeit besonders beliebt. Was nicht alle erfreut.
Eine Steigerung um 100 bis 150 Prozent an Wanderern, Spaziergängern und Radfahrern geben die einzelnen Revierförster auf Abendblatt-Nachfrage an. Wer an Wochenenden die bekannten Waldparkplätze betrachtet, sieht das auch sofort: Sie sind rappelvoll. Auch im Wald wird’s enger. Einsame Spaziergänge kann man nur noch in Randzeiten unternehmen. Wie viel Besuch verträgt der Wald? Und kommt es nicht zwangsläufig zu Konflikten zwischen einzelnen Nutzergruppen?
Zahl der Besucher, die sich problematisch verhalten, wächst
Noch ist in den Forsten alles im grünen Bereich, sagen die Förster. Sie beobachten aber, dass mit der steigenden Besucherzahl die Zahl derer wächst, die sich problematisch verhalten und appellieren an Waldbesucher, Rücksicht aufeinander und auf die Natur zu nehmen. „Dann kann der Wald auch noch mehr Besucher vertragen“, sagt Claudius Fricke, Chef der Revierförsterei Klecken.
Auch Kommunalpolitikern ist aufgefallen, dass es immer mehr Menschen in die Forsten zieht. „Das ist ganz interessant“, sagt Bianca Blomenkamp, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Harburger Bezirksversammlung. „Viele Hamburger, die mich bislang eher dafür belächelt haben, dass ich in Harburg wohne, sind jetzt neidisch. Denn sie fahren jedes Wochenende weite Wege hierher, um sich in der Natur zu erholen, während ich den Wald quasi vor der Haustür habe.“
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Weitaus die meisten Waldbesucher kommen mit dem Auto. Als Grüne findet Blomenkamp das problematisch. „Man muss es den Menschen leichter machen, auch mit Bahn und Fahrrad zu kommen“, sagt sie. „Deshalb haben wir zusammen mit unserem Koalitionspartner SPD den Beschluss durchgesetzt, dass an den Waldparkplätzen und an wichtigen Ausflugszielen im Wald demnächst Fahrradbügel installiert werden.“
Neue Fahrradbügel für die zahlreichen Besucher geplant
Waldbesucher, die ihre Fahrräder anschließen, sind deutlich seltener als solche, die mit dem Fahrrad durch den Wald fahren wollen. Mountainbiker lieben die Herausforderung, die die Steigungen und Gefälle in den Harburger Bergen ihnen bieten. Mancherorts birgt das Konflikte. Im Rosengarten möchte die CDU restriktiv mit den Bikern umgehen. Kleckens Förster Fricke hat dazu eine differenzierte Meinung: „Ich fahre selbst gern Mountainbike“, sagt er. „Auch hier gilt: Wer auf die Natur und andere Rücksicht nimmt, sollte im Wald willkommen sein.“
Mit Interesse blickt er deshalb zu seinen beiden Kollegen in den Revierförstereien des Hamburger Bezirks Harburg. Hier gibt es einen Vertrag mit den Mountainbikern, vertreten durch den „Harburger Berge Mountainbike e.V.“ Gemeinsam mit den Förstern werden Mountainbike-Parcours dort angelegt, wo sie weder Tiere, Pflanzen noch andere Waldbesucher stören. Die Harburger Förster betrachten das als Erfolgsmodell mit Vorbildfunktion und auch die Biker sind zufrieden.
„Unsere Trails sind offen für alle anderen Nutzer“, sagt Jonas Höhne, Vorsitzender des Vereins. „Wenn wir fahren und dort Fußgänger unterwegs sind, machen wir uns höflich bemerkbar und alle bleiben entspannt. Meistens. Man merkt auch, dass die Menschen in allen Lebensbereichen durch Corona dünnhäutiger geworden sind. Das entlädt sich bei manchen auch in der Begegnung mit uns.“ An vereinsfremde Biker appelliert Höhne, sich an markierte Schwierigkeitsgrade zu halten und auf den angelegten Pfaden zu bleiben. „Sich an schwierigen Stellen einen leichteren Weg zu suchen, führt zu Naturzerstörung und verringert unsere Akzeptanz“, sagt er.
Das Problem: Leute, die die angelegten Wege verlassen
Das Verlassen der angelegten Wege hält auch Claudius Fricke für problematisch. „Durch Spaziergänger und Mountainbiker, die ihre eigenen Wege suchen, entsteht ein enges Geflecht aus Trampelpfaden im Wald“, sagt er. „Dazwischen werden die Rückzugsräume der Tiere immer kleiner. Hinzu kommt, dass immer mehr Hundebesitzer ihre Hunde im Wald von der Leine lassen. Bestenfalls verstört es das Wild nur und das ist schon schlimm genug. Schlimmstenfalls reißen die Hunde Wild. Gerade an diesem Wochenende hatte ich so einen Fall. Dabei wurde ein junger Rehbock von Hunden zu Tode gebissen. Das macht mich wütend, vor allem, weil viele Hundebesitzer sehr uneinsichtig sind.“
Förster wünscht sich Waldwarte wie im Landkreis Lüneburg
Was Fricke sich wünschen würde, wären Waldwarte wie im Landkreis Lüneburg. In den Wäldern und Naturschutzgebieten rund um die Kreisstadt machen sie die Städter auf die Besonderheiten der Natur aufmerksam und erklären ihnen das richtige Verhalten.
Auch die Harburger CDU möchte naturschonendes Verhalten im Wald fördern. Allerdings etwas anders. Die Christdemokraten fordern nun mehr Toiletten in den Naherholungsgebieten.