Fischbek/Harburg. Zum Ausgleich wird die Belegung der Unterkunft „Am Röhricht“ (früher „Aschenland 2“) bis zum Ende der Laufzeit um 150 Plätze reduziert.

Der Bürgervertrag über die Flüchtlingsunterkünfte in Fischbek wird geändert. Die Unterkunft an der Cuxhavener Straße 594 mit 190 Plätzen erhält eine längere Laufzeit. Gleichzeitig wird die Belegung der Unterkunft „Am Röhricht“, früher auch „Aschenland 2“ genannt, bis zum Ende ihrer Laufzeit um 150 Plätze  reduziert und 42 Plätze der „Unterkunft mit Perspektive Wohnen“ am Plaggenmoor abgebaut und die Gebäude in den regulären Wohnungsmarkt überführt. Darauf hat sich die  Bürgerinitiative Neugraben-Fischbek (BINF) mit der Freien und Hansestadt Hamburg geeinigt. Ursprünglich sollte die Unterkunft an der Cuxhavener Straße bis Ende März aufgegeben werden.


Bestandteil der „Ergänzenden Vereinbarungen“ zum Bürgervertrag sind auch Maßnehmen zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur im gesamten Stadtteil. Solche waren auch schon im ersten Bürgervertrag enthalten; diese werden allerdings konkreter. So verpflichtet sich die Schulbehörde, für den durch die Neubaugebiete und die Unterkünfte dringend notwendigen Aus- und Neubau aller Schulen im Stadtteil einen verantwortlichen Koordinator zu benennen, der für die Stadtteilgremien auch ansprechbar und auskunftsverpflichtet ist.

Im Schulentwicklungsplan sind Erweiterungen der bestehenden sowie der Bau neuer Schulen bereits vorgesehen. Der Koordinator soll dafür sorgen, dass der Plan auch umgesetzt wird. Außerdem soll die Sozialbehörde den Plan eines medizinischen Versorgungszentrums für Neugraben-Fischbek weiter verfolgen und darüber berichten und frei werdende Gebäude in den Unterkünften sollen für Bildungs- und Kulturangebote für den ganzen Stadtteil verwendet werden können.

Unterkunft Cuxhavener Straße war nicht eingerechnet

Als 2015 die Pläne bekannt wurden, in Fischbek nördlich der Bahnlinie und westlich an das Neubaugebiet Vogelkamp anschließend Unterkünfte für bis zu 3000 Geflüchtete zu errichten, regte sich in der Anwohnerschaft Protest. Die „Bürgerinitiative Neugraben-Fischbek“ (BINF) befürchtete, dass sich diese Anzahl Neuankömmlinge auf so engem Raum nicht gut in den Stadtteil integrieren ließe und drohte der Stadt, gemeinsam mit anderen Anwohnerinitiativen an anderen Standorten gegen die Pläne gerichtlich vorzugehen. 

Gegen das Flüchtlingsdorf Am Aschenland (Archiv) hatte es Proteste von Anwohnern gegeben.
Gegen das Flüchtlingsdorf Am Aschenland (Archiv) hatte es Proteste von Anwohnern gegeben. © HA | Michael Rauhe

Um das zu verhindern, schlossen Freie und Hansestadt Hamburg 2016 mit dem Bündnis der Initiativen einen Rahmen-Bürgervertrag und mit jeder einzelnen Initiative noch einmal einen separaten detaillierten. Der Fischbeker Vertrag sah vor, die Anzahl der Unterzubringenden auf 1500 in drei separaten Einrichtungen zu verringern. In diese Zahl eingeschlossen war die bereits eröffnete Unterkunft Aschenland 1 mit 450 Plätzen, die vom Landesbetrieb Fördern und Wohnen betrieben wurde.

Nicht eingerechnet war die weiter entfernt gelegene Unterkunft  Cuxhavener Straße. Gegenstand des Vertrages war sie dennoch. Für sie wurde eine fünfjährige Laufzeit festgelegt, die im März auslaufen würde. Alle Vertragsregelungen stehen unter dem Vorbehalt, dass die Flüchtlingszahlen nicht wieder massiv ansteigen.

BINF: "Sehr angenehme Zusammenarbeit"

„Bereits im Sommer, als begonnen wurde, die Unterkunft am Aschenland 1 zu räumen, wie es die Frist im Vertrag vorsah, kamen die Sozialbehörde und das Bezirksamt auf uns zu und baten um Verlängerung für die Cuxhavener Straße“, sagt Jan Greve vom Organisationskomitee der BINF. „Wir bestanden darauf, dass auch dies wieder vertraglich geregelt wird. Nach den Erfahrungen von 2015 fürchtete ich wieder sehr zähe Verhandlungen, aber diesmal war es eine sehr angenehme Zusammenarbeit.“


Durch die jetzige Regelung müsse kaum jemand umziehen, sagt Greve. „Die 150 Plätze, um die die Unterkunft Am Röhricht reduziert wird, sind derzeit nicht belegt. Jetzt wird nur festgeschrieben, dass sie auch nicht weiter belegt werden.“
Perspektivisch sollen die frei werdenden Gebäudekapazitäten für soziale und kulturelle Zwecke des gesamten Stadtteils genutzt werden können, als Kursräume, Sitzungszimmer oder Künstlerwerkstätten. Hier sieht die BINF einen großen Bedarf. So lange allerdings noch eine allgemeine Corona- Gefahr in Hamburg besteht, sollen die Räume genutzt werden, um die Belegung der Häuser räumlich zu entzerren.

Häuser langfristig für soziokulturelle Stadtteilarbeit


Nach dem verschobenen Auslaufen der Unterkunft Cuxhavener Straße in zwei Jahren sollen auch diese Modulhäuser der soziokulturellen Stadtteilarbeit zugute kommen. „Schon der ursprüngliche Vertrag hat sich mit den großen Problemen der sozialen Infrastruktur in Neugraben-Fischbek beschäftigt“, sagt BINF-Mitglied Ute Skolinski. „Dies haben wir auch in der aktuellen Vereinbarung aufgegriffen und dabei insbesondere die Folgenutzung der Unterkunft Cuxhavener Straße für soziale Infrastruktur mit vereinbart, da diese Gebäude direkt an das große zukünftige Neubaugebiet Fischbeker Reethen angrenzen“.


Jan Greve ist zuversichtlich, dass mit den neuen Regelungen weiterhin eine gute Integration Geflüchteter im Stadtteil gelingt. „Es war immer unser Ziel eher kleine, dezentrale Einrichtungen zu haben, als riesige Ballungen. Auf diese Weise bleibt eine solche kleine erhalten und eine große wird verkleinert“, sagt er. „2015 schlugen die Wogen im Stadtteil sehr hoch und durch den Bürgervertrag konnten wir einen Kompromiss finden, mit dem alle zunächst leben konnten und mit dem jetzt alle zufrieden sind. Das können wir nun fortschreiben.“