Stove. Trotz massiver finanzieller Schwierigkeiten durch coronabedingten Saisonausfall plant der Rennverein bereits für das kommende Jahr.

Auf der Grasrennbahn am Elbdeich gibt es den Elbstorfer Bogen und den Schwinder Bogen. Doch richtig rund laufen will es derzeit nicht beim Stover Rennverein. Erst kam die fast unvermeidliche Absage des Stover Rennens 2020, dann folgte der überraschende Rücktritt des Vereinsvorsitzenden Günther Porth. In Krisenstimmung verfallen Geschäftsführer Carsten Fechner und seine Vorstandskollegen dennoch nicht. „Wir sind zuversichtlich, das Rennen noch viele Jahre weiterführen zu können“, sagte Fechner dem Hamburger Abendblatt.

Absagen gab es nur in Kriegszeiten

Jahr für Jahr pilgern in den letzten Juli-Tagen tausende Pferdesportfans, Wettenthusiasten, Freunde und Familien nach Stove, um von der Naturtribüne oder aus dem Innenraum gutklassigen Trab- und Galopprennsport und ein Volksfest zu genießen. In besten Zeiten kamen mehr als 10.000 Besucher, in den vergangenen drei Jahren wurden jeweils zwischen 6000 und 8000 Gäste gezählt. Das erste Stover Rennen fand 1874 statt, seitdem ist es nur zu Kriegszeiten und einmal in den späten 1970er-Jahren nach heftigen Regenfällen, die das Grasgeläuf unpassierbar machten, ausgefallen. Selbst ein halbes Jahr nach dem plötzlichen Tod des langjährigen Geschäftsführers Jörn Reimers liefen Traber und Galopper über die Rennbahn in der Samtgemeinde Elbmarsch. 2020 nun sind die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie für ein eigenes Kapitel verantwortlich.

Zu wenig Zeit für die Planung der Veranstaltung

Klar war, dass der ursprüngliche Termin am 26. Juli nicht gehalten werden konnte, da Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern bis zum 31. August untersagt sind. Der Vorstand des Stover Rennvereins, seinerzeit noch unter dem Vorsitz von Günther Porth, diskutierte eine Verlegung in den September. Dieses Ansinnen erwies sich als wenig praktikabel. „Wahrscheinlich hätten wir erst spät im August erfahren, welchen Rennsonntag wir nutzen könnten. Uns wäre ein Planungszeitraum von zwei oder drei Wochen geblieben“, sagt Geschäftsführer Carsten Fechner.

Darüber hinaus sei ungewiss, ob die Bundesregierung das Verbot von Großveranstaltungen womöglich verlängere, wie viele Zuschauer angesichts der unsicheren Situation nach Stove kämen und in welchem Umfang man Pferde und Fahrer im dann dicht gedrängten Rennkalender des Septembers für den Start in der Elbmarsch begeistern könne.

Finanzielles Risiko ist zu groß

Ein enormes finanzielles Risiko, das der Vorstand nicht eingehen wollte. Die kostenlos angebotene Kinderbetreuung mit Trampolin, Hüpfburg und Darstellern kostet etwa 6500 Euro, hinzu kommen Preisgeldern in Höhe von fast 30.000 Euro, die Einfriedung des Geländes verursacht Kosten, ebenso der Geldtransporter und die Vergütungen der Totomitarbeiter, um einige Bereiche zu nennen. Zu schaffen machen den Organisatoren auch die stetig verschärften Auflagen der Genehmigungsbehörden. „Alles in allem treten wir mit etwa 80.000 Euro in Vorleistung und benötigen mindestens 6000 Zuschauer, um kostendeckend zu arbeiten“, berichtet Fechner. „Obwohl es weh tut, müssen wir ein Jahr ohne Rennen auskommen. Es geht nicht anders“, so der Geschäftsführer.

Zuletzt investierte der Stover Rennverein in die Infrastruktur, schaffte sich unter anderem ein Datenkabel und ein Stromkabel an, das vorher gemietet worden war. Diese Entscheidungen trug Günther Porth mit, ebenso eine kräftige Investition in die Voltigierabteilung, zu der knapp ein Drittel der 170 Vereinsmitglieder gehört. Der Stover Rennverein erwarb 2017 und 2018 zwei junge Voltigierpferde für jeweils 7000 bis 9000 Euro zuzüglich Zubehör. Ergibt in der Summe einen Betrag von fast 20.000 Euro, verteilt auf zwei Geschäftsjahre.

Investitionen in die Jugendarbeit im Verein

„Wir stehen voll und ganz hinter den Jugendlichen im Rennverein. Es ist wichtig, ihnen weiter die Chance zum Voltigieren zu geben. Die Abteilung gibt es seit 45 Jahren und wir fördern sie gern“, sagte Geschäftsführer Carsten Fechner. Dank der Investition sei die Gruppengröße auf 40 bis 50 Kinder und Jugendliche gewachsen, die von vier Trainern betreut werden. Nach Ansicht des Vorstands werden die Stover Voltis in den kommenden Jahren geringere Kosten, etwa für Reparaturen, verursachen. Außerdem finanziere sich die Voltigier-Abteilung über Reitbeteiligungen und Eigenanteile der Mitglieder zum Großteil selbst, so Fechner.

Im Nachgang erhöhten sich die Kosten gegenüber der ursprünglichen Planung allerdings, zum Beispiel weil altes Zubehör nicht zu den neuen Pferden passte. Mit der Übernahme der Zusatzkosten durch den Gesamtverein war der Vorsitzende offenkundig weniger einverstanden. „Ich will die Finanzpolitik nicht mehr mitverantworten“, sagte Günther Porth über die Gründe, sein Amt als Erster Vorsitzender mit sofortiger Wirkung niederzulegen.

Kommissarische Leitung des Vereins

Der 70-Jährige aus Drennhausen war seit 25 Jahren im Vorstand des Stover Rennvereins engagiert, die letzten zwölf Jahre als Vorsitzender. Schon angekündigt hatte Porth, zum Ende der laufenden Wahlperiode aus dem Vorstand ausscheiden zu wollen. Bis zur Jahreshauptversammlung im Herbst 2020 übernimmt kommissarisch der Zweite Vorsitzende Hans-Werner Clasen die Führung. Zum geschäftsführenden Vorstand gehören weiter Hanno Neven (Dritter Vorsitzender) und Geschäftsführer Carsten Fechner.

Wie lässt sich das Rennen attraktiver machen?

Der Vorstand stellt derzeit intensive Überlegungen an, wie man das Stover Rennen für Pferde, Fahrer, Reiter und Zuschauer attraktiver machen kann. „2021 wollen wir auf jeden Fall weiter machen“, sagt der Geschäftsführer. „Sollten wir allerdings einen Regentag erwischen und nur 3000 Zuschauer kommen, dann war es das.“