Harburg. Hype um Edel-Schichtgebäck vom Spieß: Auf einmal ist Dierk Eisenschmidts Harburger Dauerbrenner total angesagt. So wird er geschnitten.

Baumkuchen – ein uraltes Gebäck ist zum Trend im Netz geworden. Die traditionelle Leckerei erlebt bei TikTok und Co. gerade einen weltweiten Hype, der auch nach Hamburg übergeschwappt ist. Hier lebt mit Dierk Eisenschmidt ein absoluter Experte der Baumkuchenherstellung. Der Konditormeister aus Harburg stellt dieses aufwendige Backwerk mit seinem schichtweisen Aufbau in Ringen, die wie Baumscheiben aussehen, auch mit 83 Jahren zu Weihnachten noch eigenhändig her.

Und er findet die unerwartete Aufmerksamkeit, die das Traditionsgebäck gerade im Internet erlebt, mehr als gerechtfertigt: „Schließlich gilt die Herstellung von Baumkuchen als Königsdisziplin des Konditorhandwerks“, sagt der ehemalige Obermeister der Hamburger Feinbäcker. Er ist einer der wenigen seiner Zunft, der dieses Handwerk noch beherrscht.

Dierk Eisenschmidt mit Citymanagerin Antonia Marmon in der Harburg-Info, wo der Baumkuchen exklusiv verkauft wird.
Dierk Eisenschmidt mit Citymanagerin Antonia Marmon in der Harburg-Info, wo der Baumkuchen exklusiv verkauft wird. © HA | Sabine Lepél

Im Internet, vor allem auf TikTok, kursieren überraschend viele Videos über Baumkuchen

Doch was so alles im weltweiten Netz über sein Lieblingsprodukt kursiert, sorgt bei der Harburger Baumkuchen-Autorität auch für Kopfschütteln. Zumal in den Videos so manches Industrieprodukt aus dem Supermarkt zu sehen ist. „Das hat mit unserer Ware nichts zu tun. Da vergeht den Leuten doch der Appetit auf das wunderbare Erzeugnis“, schimpft der Senior. Dagegen findet er die Filmchen darüber, wie die hochwertige Leckerei richtig geschnitten wird, eher lustig – und eigentlich nicht relevant: „Denn wie ich den Baumkuchen schneide, verändert ja nichts am Geschmack. Wichtiger ist, dass der Kuchen nach dem Genuss wieder gut verpackt wird, damit er nicht austrocknet“, meint Eisenschmidt.

Die TikTok-User spaltet die Frage des richtigen „Cuts“ allerdings in zwei Hauptlager: in die „Ringeschneider“ und die „Aufschlitzer“. Die einen sind nämlich überzeugt davon, dass die einzelnen Ringe des Baumkuchens sorgfältig waagerecht abgeschnitten werden und jeder Ring einzeln genossen wird. Und die andere schneiden den Baumkuchen – wie jeden anderen anderen Kuchen auch - von oben nach unten der Länge nach durch alle Schichten. Eisenschmidt gehört ganz klar zu den „Ringeschneidern“ – wie er in diesem Video persönlich vorführt:

Baumkuchen-Experte Eisenschmidt zeigt sein Traditionsgebäck
Baumkuchen-Experte Eisenschmidt zeigt sein Traditionsgebäck

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    Es zeigt sich: Der Baumkuchen-Profi setzt das Messer quer an und schneidet zunächst einen Ring vom Kuchen, um diesen dann in kleine Stücken von oben nach unten aufzuteilen und zu servieren.

    15 Millionen Klicks bei Instagram, Facebook, TikTok und YouTube, für Frau, die Kuchen hobelt

    Und dann gibt es noch die „Hobler“. Eine Frau aus Thüringen verzeichnet mit einem Video von dieser Methode insgesamt schon unglaubliche 15 Millionen Klicks bei Instagram, Facebook, TikTok und YouTube – und erreichte damit Menschen weltweit. Sie schneidet den Baumkuchen nicht in Stücke, sondern hobelt von oben mit dem Messer dünne Schnitze ab. Ist der Baumkuchen mit Schokolade überzogen, wie der „Hanseatische“ von Konditormeister Eisenschmidt, gibt es bei dieser Methode allerdings ein Problem: Manche Schnitze bekommen dann nichts von der Schoko-Hülle ab. Und das wäre sehr schade, meint Eisenschmidt: „Wir verwenden eine sehr hochwertige Schokolade aus Lübeck, eine der besten überhaupt.“

    Peter Komander hat in den 1970er Jahren für Dierk Eisenschmidt gearbeitet. Er stellt seinem ehemaligen Chef aus Harburg jetzt sein Equipment zur Verfügung.
    Peter Komander hat in den 1970er Jahren für Dierk Eisenschmidt gearbeitet. Er stellt seinem ehemaligen Chef aus Harburg jetzt sein Equipment zur Verfügung. © HA | Sabine Lepél

    Familienbetrieb Komander produziert im Jahr 3000 Kilogramm Baumkuchen in Mecklenburg

    „Wir“ - das sind in diesem Fall Eisenschmidt und sein Freund und ehemaliger Geselle Peter Komander aus Mecklenburg-Vorpommern, der mit seiner Großfamilie in Grammentin eine Konditorei betreibt, in der jährlich bis zu 3000 Kilogramm Baumkuchen hergestellt werden. Konditormeister Komander verkauft diese über einen Onlineshop an etwa 4000 Kunden sowie im eigenen Laden und Café. Er beliefert zudem große Hotels und Restaurants und Bio-Läden in Mecklenburg-Vorpommern sowie ausgesuchte Konditoreien und Bäckereien in Berlin, Köln und Hamburg.

    In der Konditorei von Peter Komander werden im Jahr etwa 3000 Kilogramm Baumkuchen hergestellt.
    In der Konditorei von Peter Komander werden im Jahr etwa 3000 Kilogramm Baumkuchen hergestellt. © HA | Sabine Lepél

    Als Eisenschmidt sein letztes eigenes Geschäft an der Julius-Ludowieg-Straße in Harburg vor neun Jahren aus Altersgründen aufgab, musste er sich für seine Baumkuchen-Produktion andere Backstuben suchen, damit die Harburger zu Weihnachten auch weiterhin in den Genuss der beliebten Spezialität kommen konnten. Eine Möglichkeit fand er bei seinem ehemaligen Mitarbeiter aus Mecklenburg-Vorpommern – dem einzigen, dem Eisenschmidt sein Baumkuchenrezept weitergegeben hat. Es ist wie ein Erbe von großem Wert: „Darauf bin ich sehr stolz“, sagt Komander: „Dierk gehört für mich schon lange zur Familie.“

    Das Geheimrezept ist einfach: Immer die gleichen hochwertigen Rohstoffe

    Die beiden Männer teilen in ihrem Handwerk die gleichen Werte: „Das Besondere an unseren Baumkuchen sind die hochwertigen Rohstoffe, die grundsätzlich zum Einsatz kommen“, sagt Komander. Bei der Qualität machen die Freunde keine Abstriche. Auch, wenn ein Kilo der verwendeten Vanille zwischendurch 600 Euro kostete: „Daran sparen wir nicht, egal wie teuer die Zutaten werden. Es müssen immer die gleichen hochwertigen Rohstoffe sein“, sind sich die beiden Baumkuchen-Experten einig. Der Kunde schmecke den Unterschied als erster. „Das Geheimnis des guten Geschmacks ist die Zusammensetzung der zehn Zutaten, die seit mehr als 60 Jahren unverändert ist“, sagt Eisenschmidt.

    Eisenschmidts Baumkuchen gehört für viele Harburger zu Weihnachten dazu wie der Tannenbaum.
    Eisenschmidts Baumkuchen gehört für viele Harburger zu Weihnachten dazu wie der Tannenbaum. © HA | Sabine Lepél

    Und so steht der 83-Jährige Harburger zur Weihnachtszeit regelmäßig an Komanders Baumkuchenmaschine – manchmal sitzt er inzwischen auch. Die Tätigkeit erfordert höchste Konzentration: „Bei der Herstellung von Baumkuchen muss man ununterbrochen etwas tun“, sagt Eisenschmidt. Seinen ersten Baumkuchen erschuf er 1956 – mit 16 Jahren.

    Mindestens 15 Schichten der Rohmasse trägt der Konditormeister nach und nach auf eine sich drehende Rolle auf. Der Teig wird bei rund 300 Grad auf der rotierenden Walze gebacken. Mit einem Holzkamm sorgt der Konditormeister für die wellenförmige Kontur des Kuchens, der in diesem Zustand an einen umgekippten Dönerspieß erinnert. Doch das Produkt, das hier entsteht, ist ungleich wertvoller: Ein Kilo von Eisenschmidts Baumkuchen kostet 55 Euro. Nach dem Entfernen des Spießes wird die etwa ein Meter lange Rolle in Portionen geschnitten. Üblich sind ein bis fünf Ringe.

    Konditormeister Dierk Eisenschmidt stellt seit mehr als 60 Jahren Baumkuchen her.
    Konditormeister Dierk Eisenschmidt stellt seit mehr als 60 Jahren Baumkuchen her. © HA | Sabine Lepél

    Eisenschmidts Baumkuchen gibt es exklusiv in der Harburg-Info

    So portioniert und gut verpackt geht es von der Konditorei aus Grammentin nach Harburg in die Harburg-Info an der Hölertwiete 6, wo es den beliebten Baumkuchen von Konditormeister Eisenschmidt exklusiv zu kaufen gibt. Gerade ist eine frische Lieferung eingetroffen. „Fast noch warm“, sagt Eisenschmidt. Die ersten Baumkuchen waren innerhalb weniger Tage verkauft. Zwei Kunden freuen sich, als der Meister ihnen das frisch gelieferte Harburger Traditionsgebäck, das für viele zu Weihnachten dazugehört wie der Tannenbaum, in der Harburg-Info persönlich in die Arme drückt. „Es ist doch schön, dass sich manche Dinge trotz Internet und all dem nicht ändern“, sagt der 83-Jährige.