Finkenwerder. 120 Jahre altes Gebäude ist stark sanierungsbedürftig. Für die Zeit nach der Erneuerung werden noch neue Mieter gesucht.
Es gibt einen Raum voller Türen, nur in dem Rahmen, durch den man ihn betritt, hängt keine davon. Die „Oole Wach“ im Herzen von Finkenwerder ist innerlich nackt. Keine Möbel, kein Teppich, keine Tapeten, keine Heizkörper, keine Türen. Die stehen alle sorgfältig nummeriert in diesem Raum. Bis heute dauerte die vor eineinhalb Jahren begonnene Bestandsaufnahme der städtischen Immobilienverwaltung Sprinkenhof GmbH in dem 120 Jahre alten Gebäude. Ab jetzt wird saniert. Ende 2024 soll die Folklorevereinigung „Finkwarder Speeldeel“ ihr Domizil wieder nutzen können.
„Wir werden ganz bestimmt singen und tanzen, wenn wir hier wieder einziehen“, sagte Speeldeel Vorständin Christina Nothdurft beim kurzen Empfang zum Baustart – halb im Scherz, denn Singen und Tanzen sind ja die Hauptbeschäftigung der Finkwarder Speeldeel. Finanzsenator Andreas Dressel hatte diese Aktivität in seiner Ansprache vorgeschlagen.
Die Oole Wach ist mittlerweile eine Institution für Finkenwerder und weit darüber hinaus
1903 als Gaststätte gebaut, 1934, als der Bedarf des Staats an Machtausübungsstätten sprunghaft gestiegen war, zur Polizeiwache umgenutzt – daher der Name, drohte das Gebäude Anfang der 1980er-Jahre zu verfallen. Das missfiel den Finkenwerdern, die das Haus durch Sanierung in Eigenleistung, mit wöchentlichen „Wachendienstagen“ vor dem Abriss bewahrten und dafür Mietfreiheit genossen.
Seitdem ist die Finkwarder Speeldeel durchgehend Hauptnutzer des Gebäudes. Andere soziale und kulturelle Nutzungen gab und gibt es ebenfalls, wenn auch nicht in dieser Konstanz. Die Oole Wach ist mittlerweile eine Institution für Finkenwerder und weit darüber hinaus.
Die Anforderungen des Denkmalschutzes machen es nicht leichter
Die umfangreiche bauliche sowie technische Sanierung erfolgt in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutzamt. Das macht das Unterfangen zu einer Herausforderung: „Im Bestand zu bauen ist immer schon schwierig, und die Anforderungen des Denkmalschutzes machen es nicht leichter“, sagt Jan Zunke, Geschäftsführer der Sprinkenhof GmbH.
Die Sprinkenhof-Architekten müssen im Spannungsfeld teils widersprüchlicher Anforderungen von Denkmalschutz, Umweltauflagen und Etatgrenzen maßgeschneiderte Kompromisslösungen erarbeiten, die am Ende alle zufriedenstellen. Die Kosten des Projektes sind mit rund 4,1 Millionen Euro veranschlagt. Die Mittel werden bereitgestellt durch den Bund, das Hamburger Wirtschaftsstabilisierungsprogramm (HWSP), reguläre Haushaltsmittel der Finanzbehörde sowie das Bezirksamt Hamburg-Mitte.
Die Speeldeel wird den Tanzsaal im ersten Stock nach der Sanierung wieder nutzen
Letztere Finanzzusage hatte Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer noch als Finkenwerder Stadtteilpolitiker seinem Amtsvorgänger Falko Drossmann aus dem Kreuz geleiert.
„In der Oolen Wach lässt sich Finkenwerder Geschichte atmen“, sagt Neubauer. „Erst Gaststätte, dann Polizeiwache, und schon seit mehr als vier Jahrzehnten Sitz der weit über Hamburgs Grenzen hinaus bekannten Finkwarder Speeldeel. Daher freut es mich besonders, dass wir dieses ortsbildprägende Haus im Zentrum von Finkenwerder nun fit für die nächsten Jahrzehnte machen. Nach der Sanierung steht es dann auch für neue Nutzerinnen und Nutzer offen.“
Die Finkwarder Speeldeel wird nach der Sanierung den Tanzsaal im ersten Stock wieder nutzen und ein Tonstudio im Keller installiert bekommen. Dafür müssen die Sprinkenhof-Leute die Kellerwände noch gegen Feuchtigkeit von außen isolieren – im Finkenwerder Insel-Marsch-Boden eine Herausforderung. Derzeit hat die Speeldeel ihre Exil-Probenstätte in einem Kleingartenverein am Landscheideweg. „Das hat auf gute Finkenwerder Art sehr unkompliziert geklappt“, sagt Christin Nothdurft. „Darüber sind wir sehr froh. Aber die Kleingärtner freuen sich auch über mehr kulturelles Leben in ihrem Vereinshaus.“
Im Erdgeschoss war lange die Finkenwerder SPD zuhause
„Als Heimat der Finkwarder Speeldeel ist die Oole Wach über Finkenwerder hinaus ein Begriff“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel: „Mit der partiellen Förderung auch aus dem Hamburger Wirtschaftsstabilisierungsprogramm können wir hier viel bewegen – auch für diejenigen, die hier vor Ort die norddeutschen Traditionen lebendig halten.“
Die Finkwarder Speeldeel wird – wie auch vor der Sanierung – nicht das ganze Haus nutzen. Im Erdgeschoss war lange die Finkenwerder SPD zuhause. Es ist möglich, dass sie wieder hier einziehen will. Im Dachgeschoss befand sich zuletzt eine Studierenden-WG. Diese Räume will die Sprinkenhof GmbH zukünftig als Büros vermieten und sucht noch Interessenten.