Harburg. Harburger Bezirksversammlung diskutiert über Für und Wider der geplanten A 26 Ost. Die Harburger Grünen wollen sie verhindern
„Popcorn-Politik“ war angekündigt worden und in der Tat wurde in der Harburger Bezirksversammlung am Dienstag ungewöhnlich viel kontrovers diskutiert: Zum Thema A 26 Ost, Harburger Innenstadt sowie Straßenblockaden. Zum wirklichen Debatten-Thriller fehlte dann aber doch einiges, vor allem beim am heißesten angekündigten Streitthema A 26 Ost. Der Antrag der CDU dazu, nämlich, dass sich die Bezirksversammlung ausdrücklich für den Bau der Verbindungsautobahn zwischen A 7 und A 1 ausspricht, wurde von der Mehrheitskoalition aus SPD und Grünen und mit den Stimmen der Linken abgelehnt. Das war zu erwarten und vorangekündigt (das Abendblatt berichtete). Damit war die Spannung raus.
Hinzu kamen die Akteure: Für die CDU sprach Rainer Bliefernicht, sein grüner Gegenpart war Michael Sander, der nicht gerade als emotionaler Feuerwerker am Rednerpult berühmt ist. Er referierte seine Argumente in einem betont sachlichen Ton, um ihnen Gewicht zu verleihen. Bliefernicht hatte zuvor zumindest einen Lacher im Publikum erzeugt, als er nämlich die Bezirks-Grünen aufforderte, Mut gegenüber der Landespartei zu zeigen, auch wenn das bei den Grünen offensichtlich abgestraft würde. Diese Anspielung auf den Grünen-internen Streit um die Bürgerschaftsabgeordnete Miriam Block, saß: Alle Fraktionen lachten – fünf belustigt, die Grünen ungläubig.
„Die A 26 Ost ist uns deshalb eine Herzensangelegenheit“
In der Sache spricht sich die CDU für die A 26 Ost aus, weil durch sie Ost-West-Verkehre aufgenommen würden, die derzeit das Harburger Stadtgebiet belasten. „Die A 26 Ost ist uns deshalb eine Herzensangelegenheit“, sagte Bliefernicht. „Sie ist wichtig, was die Lebensqualität in Harburg betrifft und auch für die Harburger Wirtschaft, denn ohne den Durchgangsverkehr werden auch Fahrten Harburger Unternehmen flüssiger und schneller ablaufen. Gerade die Grünen haben sich für einen Rückbau der B 73 ausgesprochen. Wollen sie diese Projekte aufs Spiel setzen?“
Für die Grünen bezweifelte Michael Sander die Notwendigkeit der A 26 Ost für die Entlastung der Harburger Stadtstraßen im Besonderen und für Stadt und Hafen im Allgemeinen: „Das bisherige Planfeststellungsverfahren aus dem Jahr 2011 geht von falschen Annahmen aus“, sagte er. „Eine Querverbindung auf der Haupt-Hafenroute über eine neue Köhlbrandquerung und die Veddel ist durchführbar. Das haben die Olympia-Planungen gezeigt. Die Köhlbrandbrücke muss früher ersetzt werden, als gedacht, die Verkehrsmittelmischung wird sich sich vom Auto in Richtung umweltfreundlicherer Träger entwickeln und der Umschlag des Hamburger Hafens geht zurück. Wer Straßen baut, reduziert nicht den Autoverkehr sondern erzeugt mehr. Sie tragen mit solchen Anträgen die Verantwortung dafür, dass junge Leute sich mit ihrem Protest frustriert von der Demokratie abwenden!“
„Planfeststellungsverfahren ist weit fortgeschritten und der Senat arbeitet weiter daran“
Unterstützung in der Sache erhielt Bliefernicht von Frank Wiesner (SPD). die Sozialdemokraten stimmten zwar gegen den CDU-Antrag, sind aber für die A 26 Ost. Wiesner widersprach Sander: „Das Planfeststellungsverfahren ist weit fortgeschritten und der Senat arbeitet weiter daran. Und die Grundannahme, dass der Anteil des Öffentlichen Nahverkehrs an der Mobilität im Süden nicht steigt, trifft leider weiter zu, weil auch wenig dafür getan wird, die Kapazitäten von Bus und Bahn zu steigern. Gerade hat die Grünen-geführte Verkehrsbehörde wieder einen Antrag abgelehnt, der den Busverkehr in Harburg stärken sollte.“
Bliefernichts Grundannahme, dass die Harburger Grünen aus Gehorsam gegenüber der Landespartei gegen die A 26 Ost seien, stimmt übrigens nicht: Die Landes-Grünen haben die Autobahn im Koalitionsvertrag mit der SPD abgenickt. Im Süden allerdings haben die Grünen eine große Wähler- und Mitgliederbasis im kleinen Stadtteil Moorburg, der von der A 26 Ost eng umkurvt werden würde. Der Widerstand hier ist besonders groß, zumal die A 26 Ost als Hafenprojekt gilt und die grün tickenden Moorburger besonders hafenkritisch eingestellt sind. Es sind eher die Süd-Grünen, die die Landespartei zum Anti-A 26-Kurs bringen wollen.
Dissens in der Frage der A 26 Ost ist im Bezirks-Koalitionsvertrag festgeschrieben
Die Vorstellung, eine Querverbindung auf der Veddeler Route könne die Lösung sein, wirft allerdings Probleme auf: Nach dem Olympia-Aus wurden entlang dieser Strecke große Wohngebiete geplant, deren Bau bevorsteht und auf der Veddel ist schon dichter Wohnungsbestand vorhanden. Dazu wäre diese Lösung von einer neuen Köhlbrandquerung abhängig. „Die soll zwar kommen, würde aber erst lange nach einer A 26 Ost fertig“, sagte Frank Wiesner, „das würde die Entlastung der Innenstadt weiter verzögern.“
Ihren Dissens in der Frage der A 26 Ost haben SPD und Grüne bereits im Bezirks-Koalitionsvertrag festgeschrieben. Den CDU-Antrag lehnte die SPD dennoch ab: Der Bezirk sei für den Bau von Autobahn gar nicht zuständig, ist die formale Begründung. Der Koalitionsfrieden ist damit gewahrt. Und explizit gegen den Bau der A 26 Ost haben die Bezirksabgeordneten damit auch nicht gestimmt. Jedenfalls nicht die Mehrheit.