Harburg. Seit Jahrzehnten doktern Harburger Baudezernenten an einer Querung der Barriere aus Bahn und Bundesstraße herum. Was eine neue Studie rät.

Ein Bollwerk aus Bahngleisen und B 73 trennt die Harburger Innenstadt vom Binnenhafen. Übergänge gibt es nur wenige. Je mehr aber der Binnenhafen sich zum Wohn- und Büroquartier entwickelt, desto wichtiger wird eine bequeme Verbindung, auch und vor allem für Radfahrer und Fußgänger.

Denkansätze hat es da schon viele gegeben. Zuletzt wurde lange von einer „Landschaftsbrücke“ zwischen dem ehemaligen Güterbahnhof am Schellerdamm und dem Schippseequartier geträumt und fabuliert. Das ist heimlich, still und leise begraben worden. Lediglich die Aufwertung des Herbert-und-Greeta-Wehner-Platzes am Ende der gedachten Achse blieb übrig.

Ältere Harburger wünschen sich oft die alte Kreuzung wieder herbei

Inzwischen wurden Architekten mit einer Machbarkeitsstudie für einen Tunnel zwischen Schloßstraße und Schloßmühlendamm beauftragt. Der renommierte Architekt Dietmar Feichtinger trug die Tunnelmachbarkeitsstudie vor. Er kommt zu dem Ergebnis, dass eine Brücke wohl besser sei als eine Unterführung.

Ältere Harburger wünschen sich oft die alte Kreuzung zwischen Harburger Schloßstraße, Schloßmühlendamm und Buxtehuder Straße wieder herbei. Sie war ein Kuriosum, bei dem die Straße mitsamt Straßenbahn auch die parallel zur Buxtehuder Straße verlaufenden Bahngleise querte, wo ein Schrankenwärter und ein Verkehrspolizist sich ständig absprachen, und wo der Polizist aus einer Kanzel die Ampeln je nach Lage – und die war immer komplex – mit der Hand schaltete.

Für die Autos wurde die Seehafenbrücke und für die Fußgänger der Tunnel an der Neuen Straße gebaut

Diese Zeiten sind jedoch lange vorbei: Mit dem Bau der Containerterminals in Waltershof und dem Rangierbahnhof in Maschen vervielfachte sich der Güterzugverkehr durch Harburg. An ein ebenerdiges Queren der Gleise war nicht mehr zu denken. Für die Autos wurde die Seehafenbrücke und für die Fußgänger der Tunnel an der Neuen Straße gebaut.

Die direkte Verbindung auf Harburgs historischer Entwicklungsachse Schoßstraße – Schloßmühlendamm wurde gekappt; umso mehr, als später noch Lärmschutzwände entlang der Bahn hinzukamen. Der Tunnel erweist sich mittlerweile als zu klein, zumal er offiziell gar nicht für Radfahrer, sondern nur für Fußgänger vorgesehen ist. Eine Radfahrerquerung in den Binnenhafen gibt es schlicht nicht.

Mit gut 9 Prozent Steigung müssten Radfahrer auf den Rampen zurechtkommen

Feichtinger stellte dem Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung mehrere Tunnelvarianten vor, die von Fußgängern und Radfahrern gleichermaßen benutz werden können. Auch Varianten mit einer zusätzlichen Busspur wurden geprüft. Außerdem stellte Feichtinger eine Brücke als Alternative vor. Nicht nur sei diese kostengünstiger zu verwirklichen, sondern auch praktikabler: Wegen der Leitungen unter Straße und Bahn müsste ein Tunnel diese tiefer unterqueren, als eine Brücke darüber hoch sein müsste.

Diese Anforderung beeinflusst auch die Länge der Rampen in den Tunnel oder auf die Brücke. Zwar möchte das Harburger Baudezernat den Schloßmühlendamm und die Schloßstraße im Kreuzungsbereich ohnehin perspektivisch autoarm bis autofrei umgestalten, aber auch in einem Fußgängerbereich stört eine Rampe. „Eine Brücke hätte da auch den Vorteil, dass man unter ihren Rampen hindurch gehen kann und dass auf einer Brücke kein beengter Angstraum entsteht“, sagt Feichtinger. Mit gut 9 Prozent Steigung müssten Radfahrer auf den Rampen aber zurechtkommen, so der Architekt weiter. Für Mobilitätseingeschränkte soll es deshalb einen Aufzug geben.

Kritik kommt aus der FDP-Fraktion: „Egal ob Brücke oder Tunnel – die vorgestellte Querung zur Harburger Schloßstraße ist ein teures Luftschloss“, urteilt die Fraktionsvorsitzende Viktoria Ehlers. „Für gut 40 Millionen Euro würde vor allem das historische Stadtbild in Mitleidenschaft gezogen, der verkehrliche Nutzen bliebe jedoch höchst fragwürdig!“