Harburg. Thomas Elvert gehört das Auto, mit dem Unbekannte in die Tür eines Juweliers krachten. Er hatte viel Arbeit in den Wagen gesteckt.
Thomas Elvert ist selbstständiger Kfz-Meister in Wilstorf. Ihm wurde am Mittwochabend der weinrote Mercedes, Model 124 Kombi gestohlen, mit dem nur wenig später drei Kriminelle versuchten, die Schutzvorrichtungen an einem Juweliergeschäft zu durchbrechen. Geradewegs steuerten sie den Mercedes-Oldtimer in das Schutzgitter des Pfandhauses in der Lüneburger Straße. Der Coup misslang (wir berichteten), aber am Wagen entstand erheblicher Sachschaden. „Ich bin wütend und sauer“, sagt der Autobesitzer am Freitag in seiner Werkstatt. „Ich habe den Wagen vor zwei Jahren gekauft und wieder aufgemöbelt“, so Elvert, „insgesamt 200 Arbeitsstunden habe ich gebraucht und wollte ihn eigentlich verkaufen.“
In der Nacht zu Donnerstag um 23.45 Uhr stand plötzlich die Polizei vor Elverts Tür und erklärte dem Kfz-Meister, was passiert sei. Er war am Abend nach Hause gekommen und habe den Wagen dann, wie so oft, auf einem Kundenparkplatz am Musilweg abgestellt. „Nun ist er futsch“, sagt er mit trauriger Stimme. Und, das dicke Ende kommt für den professionellen Kfz-Schrauber wohl erst noch.
Auto war bisher lediglich haftpflichtversichert
Zu dem Wertverlust durch den Schaden – der restaurierte Wagen hatte laut Gutachten einen Verkaufswert von rund 10.000 Euro – kommt die Tatsache, dass der Wagen lediglich haftpflichtversichert war. Das heißt: Thomas Elvert wird vermutlich auf den Kosten für eine Reparatur sitzen bleiben. Seinen Wagen wird er voraussichtlich erst in nach Wochen wieder sehen, aktuell steht er als Tatmittel beschlagnahmt auf dem Verwahrplatz der Polizei in der Halskestraße.
„Erst dann werde ich wissen, ob der Wagen noch zu retten ist und sich der Aufwand lohnt“, so Elvert, „vielleicht muss ich ihn auch mit Schaden weiterverkaufen.“ Sein Bruder, selbst Polizist in Harburg, ist in diesen Stunden sein engster Berater, aber auch er kann ihm kaum Mut machen. Den Wagen hat man vermutlich gezielt ausgesucht, vermutet der Autoprofi. „Ein Mercedes dieses Baujahres ist äußerst robust und mit modernen Wagen nicht zu vergleichen. Außerdem habe der Wagen eine steife und lange Schnauze, die gibt natürlich bei so einem Aufprall einen gewissen Schutz und funktioniert als Rammbock“, sagt Elvert. „Mit einem Kraftschlüssel lässt sich das Lenkradschloss knacken und im Gegensatz zu neueren Fahrzeugen gibt es Möglichkeiten den Wagen kurzzuschließen“, ergänzt der KFZ-Meister. Große Kenntnisse bräuchte man dafür leider nicht.
Schockiert ist man auch noch beim Juwelier
Schockiert ist man auch noch beim Juwelier mit angeschlossenem Pfandhaus. Bis gestern Vormittag sicherten Polizisten den Laden, dessen Zugang sich nach dem Einbruchsversuch nicht mehr verschließen ließ. Dann rückten die Tischler an. Am Abend stand dann eine provisorische Tür. Eine dicke Holzplatte und eine starke Feuerschutztür wurden zunächst eingesetzt, der entstandene Schaden ist groß. Das ausgebaute Rolltor liegt zusammengefaltet neben einer Baustelle in der Bremer Straße, genau wie die Stahlstreben die der Wucht des Aufpralls, durch den 105 PS-Mercedes, wohl die Kraft nahmen. Die Auslagen im Ladengeschäft wurden vorsorglich leergeräumt. Sprechen möchte niemand. „Keine Zeit“ so die Antwort. Hinweisschilder versichern den Kunden aber, dass ihre Pfandeinlagen sicher seien.
Eine Bäckerin, die den Vorfall beobachtet hat, möchte aus Angst nicht mit der Presse sprechen. Das übernimmt ihr Kumpel Rainer, der sie schon am Tatabend zum Bus brachte und als direkter Anwohner durch den lauten Knall des Aufpralls aufgeschreckt wurde. „Noch vor einigen Wochen hatte ich mit Freunden darüber gesprochen, ob die Sicherheitsvorkehrungen bei dem Eckgeschäft, so einen Überfall wie bei Chanel in Hamburg standhalten würden“, sagt er mit ruhiger Stimme. Diese Frage sei nun beantwortet. „Trotzdem, die unmittelbaren Nachbarn des Juweliers stehen noch unter Schock, sagt er, aber immerhin habe man am Mittwoch richtig gehandelt und schnell die Polizei alarmiert“, so der Rentner.
„Einer hat sogar ein Handyvideo aufgenommen!“
„Einer hat sogar ein Handyvideo aufgenommen, auf dem zu sehen ist, wie die drei Täter aus dem Kofferraum steigen und flüchten“, lobt er seine Nachbarn. Er selbst habe keine Angst, es sei ja nicht das erstmal, dass in der Nacht versucht wird in irgendwelche Geschäfte einzusteigen. Dennoch sei die Uhrzeit untypisch für solche Verbrechen. „Die Lüneburger Straße war am Mittwoch um 23 Uhr noch belebt“, so Rainer, „die Bäckerin habe zwei junge Männer, die gerade durch die Fußgängerzone bummelten, noch schnell hereingeholt.“ Gemeinsam beobachteten sie die Szenerie und machten viele Fotos, die später der Polizei zur Verfügung gestellt wurden. Irritierend findet der Anwohner dies: „Am nächsten Tag war der Tatort ein regelrechter Anziehungspunkt für Schaulustige. Viele Menschen kamen und machten Selfies.“ Er hoffe das die Innenstadt bald wieder zur Normalität zurückfindet.