Harburg. Bezirksversammlung wird Erweiterung der Fegro-Unterkunft stillschweigend zustimmen. Derzeit werden Zelte aus Bundeswehrbeständen aufgebaut
Traditionell geht es für die Abgeordneten der Harburger Bezirksversammlung im Anschluss an die Novembersitzung auf den Weihnachtsmarkt. Ob die Freude und Besinnlichkeit sich nach dieser Sitzung schnell einstellen werden, ist allerdings fraglich: Heute werden die Abgeordneten auch um zwei Stellungnahmen zu Flüchtlingsunterkünften gebeten – die Erweiterung der Erstaufnahme im ehemaligen Postamt an der Harburger Poststraße und die Erweiterung der Notunterkunft an der Fegro-Halle. An der Fegro-Halle wurden jetzt Zelte für die Geflüchteten errichtet. Bislang hat keine Fraktion eine Stellungnahme veröffentlicht. Zumindest von der Rot-Grünen Koalition wird auch keine kommen, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Richter sagt. So stimmen die Parteien der Unterbringung in Zelten stillschweigend zu.
„Es gibt ja keine Alternative“, sagt Richter. „Die Menschen müssen irgendwie untergebracht werden und wir haben nicht genügend andere Plätze.“
In den Zelten gibt es jeweils 12 Plätze in Stockbetten
Leichten Herzens wird die Zustimmung nicht gegeben, aber Bedingungen werden nicht gestellt. Laut Frank Richter muss das auch nicht sein: „Alle Bedingungen, die wir an die Erweiterungen stellen, haben wir schon bei der Stellungnahme zur Belegung der Fegro-Halle im Frühjahr gestellt“, sagt er. „Schon da haben wir gefordert, dass Notlösungen wie die Fegro-Halle als erstes wieder geleert werden, sobald man diese Menschen besser unterbringen kann, als in Compartments oder gar Zelten. Diese Bedingung bleibt selbstverständlich bestehen.“
Compartments sind mit Wänden abgeteilte Bereiche in einem Großraum. Sie verfügen über keine Raumdecke. Die Geflüchteten in der Fegro-Halle leben in Compartments mit jeweils 16 Schlafplätzen in Doppelstockbetten. Ähnliche Compartments sind auch für die Erweiterung der Unterkunft im ehemaligen Postamt in der alten Sortierhalle geplant.
184 Toiletten und 96 Duschen für 1200 Untergebrachte
In den Zelten an der Fegro-Halle – sie stammen aus Bundeswehrbeständen – gibt es jeweils 12 Plätze, ebenfalls in Stockbetten. Nach Angaben der Sozialbehörde werden die meisten Zelte und Compartments nicht bis auf den letzten Platz belegt, sondern je nach Familienkonstellationen, sodass zumeist zwei Plätze frei bleiben. Ein Teil der Zelte ist bereits bezogen. Für die sanitären Bedürfnisse sowohl derer, die in der Halle wohnen, als auch der in Zelten Untergebrachten gibt es drei „Stränge“ mit WC-und Duschcontainern zwischen Halle und Zelten. Bei Maximalbelegung würden die hier vorgehaltenen 184 Toiletten und 96 Duschen 1200 Untergebrachten zur Verfügung stehen.
Seit Beginn des Ukraine-Krieges wurden in Hamburg fast 40.000 Geflüchtete registriert, wovon 35.000 geblieben sind. Zwei Drittel kommen aus der Ukraine, ein Drittel hat „keinen Ukraine-Bezug“, wie es die Sozialbehörde formuliert. Sie kommen aus den „klassischen“ Fluchtländern im indo-arabischen und nordostafrikanischen Raum. Vor allem die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat eine starke Fluchtbewegung von dort ausgelöst. In der Fegro-Halle und den Zelten sollen nach Plänen der Sozialbehörde möglichst nur noch „Asyl- und Schutzsuchende ohne Ukraine-Bezug“ untergebracht werden, die noch auf ihre Registrierung warten. Als würde man auf die Harburger SPD hören, verspricht Staatsrätin Petra Lotzkat im Anhörungsschreiben, Plätze in der Fegro-Halle und vor allem in den Zelten nicht mehr zu belegen, wenn es Alternativen gibt.
Stillschweigende Zustimmung zur Zeltunterbringung der Geflüchteten
Neben der stillschweigenden Zustimmung zur Zeltunterbringung der Geflüchteten haben die Bezirksabgeordneten in der letzten Sitzung des Jahres auch noch einige Punkte zu besprechen – obwohl die Tagesordnung mit 21 politischen Anträgen und zehn formalen Punkten vergleichsweise schlank ist und nicht nur die ohnehin selten aktive AfD-Fraktion, sondern diesmal auch Grüne und Linke keinen Antrag in den „Debattenblock“ stellen, in dem ausführlich über den Beschluss diskutiert wird. Statt der acht möglichen Debattenpunkte gibt es nur vier.
Die SPD fordert einen Arbeitskreis, der Perspektiven für die Harburger Innenstadt entwickelt (das Abendblatt berichtete). Außerdem sorgt sich die SPD um die Information Gefährdeter im Katastrophenfall: Die SMS-Systeme hätten noch keine Bewährungsprobe gehabt, die Bestandssirenen bei der letzten Probe größtenteils versagt und es seien nur zwei neue Sirenen geplant. Die Innenbehörde soll der Bezirkspolitik erklären, wie zuverlässige Katastrophenwarnung funktionieren soll. Beide SPD-Anträge sind auch von den Grünen unterzeichnet.
Die CDU fürchtet, dass mit der Organisationsreform des Einwohnerwesens (das Abendblatt berichtete) Kundenzentren des Bezirksamts verschwinden, fordert, dass sie bleiben.
Die FDP fordert das Bezirksamt auf, regelmäßig Verwaltungsfachleute für Bildung in den Bildungsausschuss zu entsenden. Der Antrag wird von den Linken mitgetragen.