Harburg. Der Plan, Kundenzentren der Bezirksämter in einem Landesbetrieb zu organisieren, stößt auf Kritik. Fredenhagen: Keine Schließung geplant.

„Zum Amt gehen“ – das bedeutet für die meisten Bürger in erster Linie: Pass oder Ausweis beantragen, ummelden oder Familienurkunden bestellen. Mehr persönliche Berührungspunkte mit der öffentlichen Verwaltung hat ein Großteil der Menschen nicht, jedenfalls nicht in seiner Wahrnehmung. Der Gang zum Amt soll einfach sein und möglichst nicht zu weit. Dass die Einwohnermeldeämter mittlerweile „Kundenzentren“ heißen, zeigt, dass die Stadt das erkannt hat und auf die Bürger zugeht. Oder doch nicht?

Kundenzentren sollen beim zentralen Landesbetrieb „Hamburg Service“ organisiert werden

Eine Neuorganisation der Kundenzentren lässt die Bezirkspolitik aufhorchen: Statt bei den einzelnen Bezirksämtern sollen die Kundenzentren jetzt bei einem zentralen Landesbetrieb, dem „Hamburg Service“, organisiert werden. In Harburg fürchten Bezirkspolitiker deswegen, dass eines der beiden Kundenzentren, Harburg oder Süderelbe, durch die Pläne gefährdet wäre. Das Bezirksamt wiegelt ab: Zentral organisiert werden sollen lediglich die übergeordneten Aufgaben. Die Kundenzentren vor Ort sollen bleiben. Süderelbe wird zwar umziehen, aber nur einige hundert Meter weiter; und dann sogar personell aufgestockt werden.

34 Beamten und Angestellte sind derzeit in den zwei Kundenzentren des Bezirks beschäftigt, 23 in Harburg an der Knoopstraße und elf in Süderelbe am Neugrabener Markt. Der Standort Neugrabener Markt wird aufgegeben, weil der Mietvertrag der Stadt mit dem privaten Grundbesitzer ausläuft. Das Kundenzentrum sowie das Jobcenter und die Polizei, die beide ebenfalls vom auslaufenden Mietvertrag betroffen sind, sollen in einen Neubau in direkter Nähe zum Bahnhof ziehen (das Abendblatt berichtete). Derzeit geplanter Termin: Anfang 2026.

Kundenzentrum Süderelbe wird an neuen Standort am Bahnhof umziehen

Das Kundenzentrum Süderelbe wird dabei schon von der Nutzfläche her um gut 20 Prozent wachsen. Nach Auskünften aus dem Bezirksamt sollen dort dann auch mehr Mitarbeiter beschäftigt sein, da die Bezirksregion Süderelbe einen starken Bevölkerungszuwachs verzeichnet und erwartet. „Der neue Standort ist gut angebunden und verbindet die alten und neuen Quartiere Neugrabens“, sagt Bezirksamtssprecherin Sandra Stolle. Wie viele neue Stellen in Süderelbe dazukommen, sei noch in der Planungsphase.

Die Anzahl der Mitarbeiter im Harburger Kundenzentrum sei jetzt ausreichend, heißt es aus dem Rathaus. Das war nicht immer so: Anfang der 2010er-Jahre gab es zunehmend Beschwerden über lange Wartezeiten in den Einwohnerabteilungen. Harburg war nicht allein betroffen. Die Stadt reagierte auf mehreren Ebenen: Es wurden Online-Termine vergeben, die erstmals auch für die Ämter verbindlich waren; Bürger konnten für ihre Angelegenheiten jedes Hamburger Kundenzentrum auswählen und unterbesetzte Kundenzentren wurden personell aufgestockt.

Der zentrale Personalpool ist beim Landesbetrieb Kasse angesiedelt

Die Finanzbehörde, damals für die Bezirke zuständig, bildete mobile Teams, die einerseits den Service in ehemaligen Ortsämtern zumindest tageweise aufrecht erhielten und andererseits flexibel in den größeren Kundenzentren aushelfen konnten, wenn sich die Personallage dort anspannte.

Dieser zentrale Personalpool ist immer noch beim Landesbetrieb Kasse angesiedelt, obwohl die Aufsicht über die Bezirke mittlerweile an die Wissenschaftsbehörde übergegangen ist. Nun soll ein neuer Landesbetrieb, der Hamburg-Service, die Organisation der Kundenzentren übernehmen. Auch das bisher als „Hamburg-Service“ bekannte zentrale Callcenter der Hamburger Behörden soll hier angesiedelt werden.

Die Bezirksämter wären nicht mehr Herr ihrer Kundenzentren. Dass die zuständige Senatorin Katharina Fegebank (Grüne) in diesem Zusammenhang von einer „Zentralisierung“ der Kundenzentren sprach, hält Harburgs Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen für eine unglückliche Formulierung, suggeriert es doch, dass jederzeit Kundenzentren geschlossen werden könnten.

Harburgs Bezirksamtsleiterin: „Wir wollen den Service kontinuierlich verbessern“

„Ziel ist es, den Service für die Harburgerinnen und Harburger auch weiterhin flächendeckend anzubieten und weiterzuentwickeln“, sagt sie. „Wir wollen den Service kontinuierlich verbessern und die von den Menschen in Hamburg gewünschten digitalen Dienstleistungsangebote weiter ausbauen. Eine zentrale Steuerung der Kundenzentren bietet hier eine geeignete Grundlage.“ Lediglich die Organisation würde bei der Bezirksbehörde angebunden. Das Filialnetz solle bestehen bleiben und damit auch die Dienstleistungen. Die Kunden würden von den gleichen Mitarbeitenden bedient, wie zuvor.

Dennoch hatte es Kritik an den Plänen gegeben, denn obwohl die Bürger selbst in Melde- und Passangelegenheiten nicht mehr an die Dienststellen in ihrer Wohnregion gebunden seien, sei es wichtig, die Angebote wohnortnah zu halten. Für die meisten Bürger sei das Kundenzentrum nun einmal „das Gesicht“ der Verwaltung.

SPD-Kreis Harburg spricht sich gegen die Schaffung des Landesbetriebs aus

Der SPD-Kreis Harburg hatte deshalb zum Landesparteitag der Hamburger Sozialdemokraten einen Antrag eingebracht, der sich gegen die Schaffung des Landesbetriebs ausspricht. Auch andere Hamburger SPD-Kreise stellten solche Anträge. „Es schadet der Bürgernähe, wenn die Ansprachemöglichkeit der öffentlichen Verwaltung für die Bürger verringert wird“, heißt es in dem Harburger Antrag. Ähnliche Kritik war auch vom Personalrat des Bezirksamts gekommen.

Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen betont, dass nicht geplant sei, die Leistungen vor Ort einzustellen oder zu verringern: „Die Bezirke werden über den Verwaltungsrat auch nach der Angliederung Einfluss auf den neuen Hamburg Service haben“, sagt sie. „Zudem wird eine Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes dazu führen, dass zukünftig die örtlich zuständigen Bezirksversammlungen bei Standortentscheidungen gehört werden.“