Harburg. Das Künstlerduo Claudia Kulenkampff und Florian Tampe verändert den „Pavillon am See“ an der B73 für einen Monat.

Schlafende Schönheit oder sogar schlafender Riese? Vom Amte verschnarcht? Ein sanft in ewiger Ruhe liegendes Hutzelhäuschen? All das sind Assoziationen, die man schnell haben kann, wenn man das kleine Gebäude am Fuß des Schwarzenbergs neben der Buxtehuder Straße sieht. Allzu aktiv wirkt das Häuschen heutzutage nicht mehr. Einst ver- und entsorgte es die Bedürfnisse der Harburger Spaziergänger im Schwarzenberg-Park, war zugleich Park-Kiosk und Toilettenhäuschen. Seit langem sind aber die Türen zu, die Fenster blind und wenn nicht bald jemand die Regenrinne reinigt, kommen Naturschutzverbände und verbieten das.

Große Schnarchnase, geschlossene Fensterlidern und angeklebte Filzhaare

Den Eindruck des schlummernden Potenzials nehmen zwei Künstler aus dem Hamburger Süden jetzt auf: Mit einer großen Schnarchnase, geschlossenen Fensterlidern und angeklebten Filzhaaren unter dem runden Spitzdach, das nun auch ohne Zutun wie eine gründerzeitliche Schlafmütze wirkt, verwandeln Claudia Kulenkampff und Florian Tampe das Häuschen für einen Monat in eine „schlafende Schönheit“.

Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden ein Gebäude im öffentlichen Raum verschönern – und es soll auch nicht das letzte sein. Anfang des Jahres verpassten die Moorburgerin Kulenkampff und der Wilhelmsburger Tampe dem Kulturkiosk im Harburger Binnenhafen eine Krone. „Es gibt so viele vergessene und verlorene Orte im öffentlichen Raum in Harburg“, sagt Claudia Kulenkampff. „Oft werden sie nicht einmal mehr wahrgenommen, dabei bieten sie so viele Möglichkeiten.“

Im Bezirk Harburg gibt es noch viel mehr „Lost Places“

Der Binnenhafenkiosk hat diese Aufmerksamkeit bereits. Seit etwa einem Jahrzehnt bespielt der Verein „Trinkhalle seit 1876“ die Blechbude an der Blohmstraße mit fantasievollen Aktionen. Andere „Lost Places“ in Harburg bleiben jedoch im Schlaf. Das soll sich durch die Aktionsreihe ändern. Am gekrönten Kiosk haben Kulenkampff und Tampe Hinweise auf solche Orte gesammelt und nicht wenige bekommen, darunter auch diesen.

So kennt man das Häuschen an der Buxtehuder Straße normalerweise.
So kennt man das Häuschen an der Buxtehuder Straße normalerweise. © xl | Lars Hansen

„Wir wollen mit den Harburgerinnen und Harburgern gemeinsam Ideen entwickeln, was man mit solchen Stellen machen könnte“, sagt Florian Tampe. „Dabei geht es aber nicht nur um die einzelnen Orte. Ich habe den Eindruck, dass das Gefühl für öffentlichen Raum als Begegnungsstätte seit der Corona-Pandemie ein anderes geworden – zumindest stark zurückgegangen – ist. Wir wollen die öffentlichen Räume insgesamt mehr ins Bewusstsein der Bürger holen.“

Häuschen am Schwarzenberg öffnet donnerstags von 10 bis 17 Uhr die Türen

Am Kulturkiosk haben die beiden Aktionskünstler die ersten Hinweise auf ungenutzte Orte gesammelt. Im Häuschen am Schwarzenberg wollen sie einmal pro Woche – donnerstags von 10 bis 17 Uhr – die Türen der schlafenden Schönheit öffnen und mit Harburgerinnen und Harburgern über verlorene, verlassene und vernachlässigte Orte im Bezirk sprechen. Daraus wollen sie Anregungen für die Bezirkspolitik entwickeln.

Dort ist mittlerweile auch angekommen, dass mit dem Häuschen etwas Gutes geschehen könnte. Als „Pavillon am See“ – hinter dem Haus liegt ein verschlammter Tümpel – soll das ehemalige Klo den stilvollen Süd-Eingang zum Schwarzenberg-Park darstellen. „Von einem Toilettenhäuschen wollen wir nicht mehr reden“, hatte Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen 2020 gesagt, als die Finanzbehörde eine halbe Million Euro für das Häuschen zusagte. Verbaut ist das Geld noch nicht.

Bezirksamt sucht nun nach Ideen für neue Nutzung

Dass das Bezirksamt überhaupt plant, Pläne mit dem Gebäude zu haben, ist relativ neu. Die 1937 gebaute Bedürfnisanstalt verfiel seit der Jahrtausendwende. Der letzte Kiosk-Pächter gab nach zahlreichen Einbrüchen auf, und öffentliche Klos zu unterhalten, wollte sich der Bezirk nicht mehr leisten. Abriss oder Verkauf standen zur Debatte, bis 2010 das Denkmalschutzamt einschritt. Zwischenzeitlich waren schon die Versorgungsleitungen gekappt worden. Seit einigen Jahren sucht das Bezirksamt nun nach Ideen für eine Nutzung. Die Kunstaktion wird vom Rathaus unterstützt.

Kulenkampff und Tampe haben derweil schon das nächste Objekt im Blick: Ein Turm; hoch, zentral und untergenutzt.