Harburg. Im Bezirk Harburg gibt es für Obdachlose kaum Möglichkeiten zur Körperpflege – eine Partei spendete Waschmaschine und Trockner

Kein Dach über dem Kopf zu haben, bedeutet nicht automatisch, seine Würde zu verlieren – das Bedürfnis nach Sauberkeit verspüren auch Menschen, die auf der Straße leben. Dass sich Obdachlose in den Kundentoiletten des Einkaufszentrums Harburg-Arcaden waschen, bewegte den Center-Manager zu einer Beschwerde bei der Bezirkspolitik – zumal dies zugenommen haben dürfte, seit das Toilettenhäuschen auf dem Rathausplatz nur noch mit Kreditkarte benutzt werden kann. Die Beschwerde rief die Harburger CDU auf den Plan: Sie verlangt vom Bezirksamt ein Konzept zur hygienischen Versorgung obdachloser Menschen.

Ob die Intention des CDU-Antrages war, den Bedürftigen zu helfen, oder Kunden des Einkaufszentrums den Anblick der obdachlosen Menschen in den Kundentoiletten zu „ersparen“, ist rückblickend nicht mehr relevant. Die CDU hat den Antrag zurückgezogen, nachdem klar wurde, dass er durch die rot-grüne Mehrheit abgelehnt würde. Die Begründung lieferten die Koalitionäre mit einem Zusatzantrag zu dem der Union: Bis das Hans-Fitze-Haus seinen Duschbau erhält, soll der Bezirk dem Duschbus der Initiative „GoBanyo“ einen Stellplatz anbieten. „Dort könnten sich Bedürftige zunächst pflegen“, sagte der Grünen-Abgeordnete Jakob Mellem. „Damit hat sich der CDU-Antrag erledigt.“

Wann das Hans-Fitze-Haus seine Duschen bekommt, steht in den Sternen

Hat er das? Daran kann gezweifelt werden, denn so rosig, wie der Grünen-Abgeordnete es darstellt, ist die Lage nicht: Wann etwa das Hans-Fitze-Haus seine Duschen bekommt, steht in den Sternen. Und „GoBanyo“ hat nach eigenen Angaben in der nächsten Zeit gar nicht vor, Harburg mit dem Duschbus zu bedienen.

„Dass wir hier einen Container mit drei Duschen sowie Waschmaschinen und Trockner neben das Haus bekommen sollen, wird seit mehreren Jahren mit dem Bezirksamt diskutiert“, sagt Olaf Bohn, Leiter des Hans-Fitze-Hauses. „Konkret passiert ist aber noch nichts. Wir haben jetzt im Haus eine abschließbare Duschkabine eingerichtet und eine Waschmaschine sowie einen Trockner angeschafft.“

Das Hans-Fitze-Haus ist Anlaufstelle für Randständige in Harburg. Viele der Besucher haben eine feste Bleibe, aber nicht alle. Und die Dunkelziffer der verdeckt Obdachlosen, die keine Wohnung haben, aber immer wieder irgendwo unterkommen, ist hoch. Auf 150 schätzen das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die Caritas die Zahl der akut Bedürftigen in Harburg. Das DRK unterhält in Wilstorf die Obdachlosen-Hilfseinrichtung Harburg-Huus mit einer Tages-Aufenthaltsstätte, einigen Übernachtungsplätzen und vier Duschgelegenheiten für Tages- und Übernachtungsgäste. Außerdem stehen auch hier Waschmaschinen und Trockner zur Verfügung. Dazu werden im Harburg-Huus Hygieneartikel ausgegeben.

An anderen Orten ist der Bedarf nach Hilfe noch größer

In letzter Zeit wird dieses Angebot nicht nur von Obdachlosen wahrgenommen. „Wir stellen fest, dass auch Menschen kommen, die eine Wohnung haben, jetzt aber fürchten, sich kein warmes Wasser mehr leisten zu können oder von Kostensteigerungen so betroffen sind, dass sie unsere Hygieneartikel nehmen“, sagt Haus-Leiter Torben Goebel-Hansen. „Wir schicken diese Menschen nicht weg.“

Dass der Bus nicht kommt und das Hans-Fitze-Haus schon lange auf den Duschcontainer wartet, beirrt die Grünen nicht: „Die Gelder für den Duschcontainer sind jetzt bewilligt und mit ,GoBanyo’ soll die Verwaltung erst einmal Kontakt aufnehmen“, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bianca Blomenkamp. „Der Bedarf ist groß!“

Die Linke spendete kurzerhand Waschmaschine und Trockner

Viele mobile Angebote der Obdachlosenhilfe steuern Harburg nicht an, weil der Bedarf an anderen Orten noch größer ist. „GoBanyo“ hat Harburg nur im Anfangsjahr 2019 einige Male bedient.

Während die CDU ein Konzept von der Verwaltung fordert und die Grünen noch auf den Bus warten, gibt es eine Partei, die schon konkret geholfen hat: Waschmaschine und Trockner im Hans-Fitze-Haus wurden von den Linken-Bezirksabgeordneten gespendet. „Wir haben für so etwas einen Fonds, in den wir aus unseren Sitzungsgeldern einzahlen“, sagt der Linken-Fraktionsvorsitzende Jörn Lohmann. „Daraus finanzieren wir solche Spenden.“