Heimfeld. Michael Dohse besitzt einen „Volkswagen-Porsche“ – eine Rarität, denn ein Markterfolg war der 914er-Roadster einst nicht

Das Schnurren einer Katze klingt anders. Wenn Michael Dohse den Zündschlüssel seines 914er dreht, klingt der Motor eher, wie das Grunzen eines verletzten Wildschweins. Das hat einen Grund: „Die Einspritzanlage hat eine Undichtigkeit“, sagt Dohse, „deshalb läuft der Motor gerade nur auf drei Zylindern.“

In den nächsten Wochen muss Dohse das Problem beheben. Auch Oldtimer – der gelbe Flitzer ist fast 50 Jahre alt – müssen zur Hauptuntersuchung und die steht bald an. Bis jetzt hat Michael Dohse seine Autos aber immer durch den TÜV bekommen. „Das ist schon der vierte Volkswagenporsche, den ich besitze“, sagt er. „und er ist der, den ich jetzt am längsten habe, so ungefähr 25 Jahre.“

Der 914er ist eine Besonderheit

Der 914er ist eine Besonderheit. Zwar haben VW und Porsche im Laufe ihrer Geschichte immer wieder Berührungspunkte gehabt, aber in den 1960er- und 70er-Jahren waren sie zwei strikt getrennte Firmen. Dennoch entwickelten sie den Porsche 914 gemeinsam als Nachfolger des legendären Karmann Ghia. Das Kochrezept sollte das selbe sein, die Zutaten moderner: Chassis und Karosserie von Porsche, Motor von VW; Preis: gerade noch erschwinglich.

Der 914 hatte elektrische Klappscheinwerfer und weiße Blinkerabdeckungen. Die
Der 914 hatte elektrische Klappscheinwerfer und weiße Blinkerabdeckungen. Die "Frontflosse" war ein Designkompromiss © HA | Lars Hansen

Den Kultstatus des Karmann Ghia erreichte der 914er nie, und das, obwohl die meisten 914er bei Karmann in Osnabrück gebaut wurden. Mit seiner kantigen Form, und weil er zunächst einige Kinderkrankheiten hatte, war der Volkswagen-Porsche eher Opfer von schnöseligem Spott, als der Traum solventer Autokäufer . „Muttis Einkaufswagen“, „Volksporsche“ oder kurz „VoPo“ waren noch die netteren Ausdrücke für den Mittelmotor-Roadster.

Zwar fand der Porsche 914 nur wenige Fans, die aber sind ihm meist treu

Der lief ab 1969 vom Band und es gab ihn in zwei Varianten: Mit einem 1,7-Liter Vierzylinder von VW, der übersichtliche 80 PS abgab und mit einem klassischen Porsche-Sechszylinder mit zwei Litern Hubraum. Der leistete 110 PS, überforderte aber gerne mal das VW-Getriebe. Beschwerden über hakeliges Schalten waren nicht selten. Vom leistungsstarken 914/6 wurden nur 3332 Exemplare gebaut. Er verkaufte sich nicht. Selbst, als ein 914er 1970 in Le Mans die beliebteren und nur unmerklich teureren 911er aus dem eigenen Haus hinter sich lässt, nützt das wenig. Die Produktionszahlen des Vierzylinders hingegen übersteigt die 100.000. Ab 1972 kommt ein stärkerer VW-Motor hinzu: 2 Liter Hubraum, 100 PS. So einer steht bei Michael Dohse.

„Das ist ein Glücksfall, dass ich diesen mal ergattern konnte“, sagt er. „Mich hat der Volkswagenporsche fasziniert, seit er auf den Markt kam.“

Der mittig eingebaute Motor ist von oben nur schwer zugänglich
Der mittig eingebaute Motor ist von oben nur schwer zugänglich © HA | Lars Hansen

Zwar fand der Porsche 914 nur wenige Fans, die aber sind ihm meist treu. Sie schwärmen von der Straßenlage und feiern seine Design-Besonderheiten – der 914 trägt die Heckflossen vorne und ist so flach, dass bei geschlossenem Verdeck das Einsteigen ein gewisses Kontorsionistentraining erfordert, dazu kommen Rückspiegel in Spielkartengröße und Türgriffe, in die man höchstens zwei Finger hineinbekommt -- als Exklusivitätsmerkmal. Ähnlich, wie der fast zeitgleich gebaute Opel GT hat der 914er Klappscheinwerfer, Anders, als beim Opel werden diese jedoch elektrisch aufgefahren und nicht mit einem Handhebel. Die Flossen vorne, die die Blinker beherbergen, sind ein Kompromiss mit den Porsche-Designern, die seinerzeit eigentlich hochstehende Scheinwerfer, wie beim 911er bevorzugten.

Fahrradfahrer und Kämpfer für Radlerrechte

Michael Dohse, 77, ist in Heimfeld eigentlich hauptsächlich als Fahrradfahrer und Kämpfer für Radlerrechte bekannt. Außerdem ist der pensionierte Schulleiter aktiver Sozialdemokrat, saß für die SPD bereits in der Bürgerschaft nimmt derzeit ein Bezirksversammlungsmandat wahr. Hinter der Kopfstütze klebt ein Werbesticker aus Helmut Schmidts letztem Wahlkampf. Und so einer fährt Sportwagen? „Jede Persönlichkeit hat ganz unterschiedliche Aspekte“, sagt er. „Meine Leidenschaft für den Volkswagen-Porsche ist schon sehr alt und ich pflege sie immer noch. Ich genieße es, damit über die Landstraße zu fahren und flott in die Kurven zu gehen – natürlich nicht ganz so forsch, wie früher, Oldtimer muss man ja schonen.“

So richtig flott ginge es derzeit ohnehin nicht. Stichworte: Grunzen, drei Zylinder und undichte Einspritzung. „Einspritzanlagen waren damals noch in den Kinderschuhen“, sagt Dohse. An dieser muss man ständig etwas reparieren.“

Das ist nicht immer leicht. Der Motor ist hinter den Sitzen verbaut. Von oben kommt man nur über einen schmalen Wartungsschlitz heran. Das meiste muss man von unten machen. Dort sitzt die Einspritzung aber nicht.

Bis vor kurzem teilte Michael Dohse die 914er-Leidenschaft noch mit seinem Nachbarn. Der ist aber leider verstorben. „Es wäre schön, wenn sich ein paar 914er-Fans in Harburg oder der südlichen Metropolregion zusammenfinden könnten“, sagt Dohse.