Wilhelmsburg. Wie vorerkrankte Künstler sich einen Kulturort wünschen – Arbeiten sind jetzt im Kaischuppen 50a zu sehen
Im denkmalgeschützten „Kaischuppen 50“ des Deutschen Hafenmuseums werden die Ergebnisse des gemeinsamen Projekts „All inclusive“ in Verbund mit dem in Wilhelmsburg ansässigen „Atelier Freistil“ vorgestellt.
Modelle und Konzepte, die sich unter anderem mit Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit beim Museumsbau befassen, können noch bis zum 28. September am Standort Schuppen 50a im Hafen in original-maritimer Umgebung begutachtet werden.
Filmisch begleitet wurde die Zusammenarbeit vom Wilhelmsburger Filmstudio „Hirn und Wanst“. Im Hafen soll im nächsten Jahr der Prozess für den Bau des neuen Hauptstandortes des Museums begonnen werden: „Wir wollen Perspektiven aus der Nachbarschaft und einen Zugang finden, der nicht rein technisch ist. Hier wird ein neuer Kulturort geschaffen, von dem auch die Nachbarschaft profitieren soll“, erklärt Ursula Richenberger, Projektleiterin für den Aufbau des Deutschen Hafenmuseums.
Maritime Erinnerungskultur profitiert stark vom Erzählen
Der Hafen und das Museum seien keine ausschließlich technischen Themenkomplexe, vor allem die maritime Erinnerungskultur profitiere stark vom Erzählen. „Kunst kann viel dazu beitragen, um die Perspektive zu wechseln“, so Richenberger. Deshalb habe das Deutsche Hafenmuseum bei dem Kunstkollektiv eine Kooperation angefragt.
„Als Künstler mit diversen Vorerkrankungen hatten wir beim ersten Treffen sofort Lust ein möglichst barrierefreies Konzept zu entwickeln“, so Manuel Llobera-Capella, Künstler im Atelier Freistil. Die Zusammenarbeit wurde mit einer Begehung des geschichtsträchtigen Hamburger Segelschiffes „Peking“ begonnen, um ein Gefühl für das Thema zu entwickeln. „Wir haben auch eine Barkassenfahrt gemacht und uns den Standort angeguckt, um Potenziale festzustellen“, so Sina Arlt, sozialpädagogische Begleiterin des Projekts.
Kritische Aufarbeitung der Geschichte der „Peking“
Die 36 Kunstschaffenden des Ateliers, das in einer Kooperation der Elbe-Werkstätten und des Vereins Leben mit Behinderung Hamburg betrieben wird, haben darauf basierend ihre Modelle entwickelt. Sina Arlt: „Der Prozess und der Dialog standen ebenfalls im Fokus des Projekts.“
Neben Aspekten der Barrierefreiheit, die sich beispielsweise in kreativen Ausformungen von Aufzügen, Brücken und Rampen sowie einer Aussichtsplattform manifestieren, sollte auch untersucht werden, welche musealen Themen zukünftig relevant sind: „Die Künstler haben einen klaren Fokus auf Nachhaltigkeit und den Klimawandel gelegt, genauso wie auf einen gerechten globalen Handel“, so Projektleiterin Richenberger.
Die kritische Aufarbeitung der Geschichte der „Peking“ und die Frage, was man daraus für den modernen Handel lernen kann, wurden ebenfalls thematisiert. Richenberger plädiert dafür, dass Museen generell mehr Kooperation mit Außenstehenden suchen sollten: „Man kann schauen, wer im Umfeld aktiv ist und wie man zusammenarbeiten kann. Interdisziplinäres Arbeiten kann die eigene Perspektive erweitern.“
Diese Perspektivenvielfalt soll nun in das zukünftige Konzept zum neu zu bauenden Museumsgebäude fließen. Der entsprechende Architekturwettbewerb wird voraussichtlich im Sommer 2023 stattfinden.