Hamburg. Geistig beeinträchtigte Schüler lernen an neuem Standort. Dort ist Vieles noch Provisorium. Eltern fühlen sich von Behörde allein gelassen.

Im März fielen die Eltern der Abschlussklassen-Schüler an der Schule Nymphenweg aus allen Wolken: Zum Sommer sollten ihre Kinder mit ihrer Schule nach Hausbruch umziehen (das Abendblatt berichtete). Zu dem damaligen Zeitpunkt war lediglich klar, dass die geistig beeinträchtigten Jugendlichen an der Hausbrucher Bahnhofsstraße in „Mobile Klassenräume“ – Schulpavillons aus Containerelementen – untergebracht werden sollten, während auf dem Schulgelände die alte Grundschule abgerissen und durch Hamburger Klassenhäuser ersetzt wird. Viele Fragen waren ungeklärt. Die Eltern befürchteten, dass ihre Kinder auf eine Baustelle ziehen würden. Gestern, am ersten Schultag, bestätigte sich die Vermutung.

„Einer der zwei Containerkomplexe ist zwar so weit bezugsfertig, dass Ver- und Entsorgungsanschlüsse sowie Fluchtwege vorhanden sind“, sagt der Elternratsvorsitzende Stefan Martins, „allerdings fehlen die Anbindung der Telekommunikation für Internet, Telefon und Notfallalarmierung und in den Aufenthaltsräumen die Küchenzeilen sowie Mobiliar. Bis heute Morgen war deshalb noch nicht geklärt, wo die Kinder ihr Mittagessen einnehmen werden. Es gibt eine kleine Mensa, aber dieser fehlt die Kapazität, um allen Schüler gleichzeitig Platz zu bieten.“

Der zweite Containerbau befindet sich in einem sehr rohen Zustand

Der zweite Containerbau für zwei weitere Klassen befindet sich noch in einem sehr rohen Zustand. Er soll in einer Woche bezugsfertig werden. Außerdem waren am Vorabend des Umzugs die Gehwegplatten rund um beide Containeranlagen lose verlegt, so dass sich zahlreiche Stolperfallen ergaben.

Die Schule Nymphenweg ist eine Förderschule für Kinder mit besonderen Lernbedarfen. Über viele Jahre war die Schule Nymphenweg direkte Nachbarin der Schule Elfenwiese, eine Förderschule für Schüler mit körperlichen Beeinträchtigungen. An beiden Schulen sind die Schülerzahlen stark gestiegen. Den Plan, dass die Schule Nymphenweg nach Hausbruch umzieht, gibt es deshalb schon länger. Die Grundschulklassen des Nymphenweg kooperierten bereits über Jahre integrativ und inklusiv mit der Grundschule „An der Haake“. Die gibt ihren alten Standort an der Hausbrucher Bahnhofstraße auf. Dort entstehen Neubauten für alle Jahrgänge der Schule Nymphenweg. Die sollen in zwei Jahren fertig sein. Gegen den Umzug an sich haben die Eltern nichts, sagt der Elternratsvorsitzende Martins.

Ganz im Gegenteil: Man freue sich auf die neue Schule. „Aber dass der Umzug jetzt vorzeitig übers Knie gebrochen wird und wir Eltern nicht beteiligt werden, ärgert uns.“ Besonders empört ist Martins, dass er von einer Baubegehung mit der Schulaufsicht am Mittwoch ausgeschlossen wurde. Die Schulbehörde weist den Vorwurf zurück: „Dem Elternrats-Vorsitzenden war für Montag eine Begehung angeboten worden, auf die Einladung gab es aber keine Reaktion“, schreibt Sprecher Peter Albrecht. Die beiden Abschlussklassen, die noch bis Ende kommender Woche auf die Fertigstellung der Räume warten müssen, werden so lange in ehemaligen Fachräumen im Altbau beschult, so Albrecht weiter. Dort findet zunächst auch die Nachmittagsbetreuung statt.

Mittwochabend sind ganze Bautrupps angerückt

„Ich weiß, dass noch am Mittwochabend ganze Bautrupps angerückt sind, um die ersten zwei Container halbwegs bezugsfertig zu machen“, sagt Stefan Martins. „Dass die Schüler alle erst einmal untergekommen sind, ist auch ein unglaublicher Kraftakt des Kollegiums und der Schulleitung, die die theoretische Planung der Schulbehörde durch ihre praktische Erfahrung und Ortskenntnis ausgleichen konnten. Da unsere Kinder spezielle Anforderungen haben, war dieser Prozess nicht einfach und hat viel Schweiß und Zeit gekostet.“

Wichtige Fragen und offene Anforderungen seien erst am letzten Nachmittag vor dem Schulbeginn geklärt und erledigt worden, wie etwa die Barrierefreiheit der Fluchtwege und das Ausarbeiten von Notfallplänen. Dies hätte Schulleitung und Kollegium stark belastet, so Martins. „Der Elternrat möchte sich beim gesamten Kollegium für ihren unglaublichen Einsatz bedanken, der es erst möglich gemacht hat, dass unsere Kinder nach den Sommerferien einen Klassenraum haben."

Für die Zukunft wünscht er sich, dass anders vorgegangen wird: „Der Neubau ist eine großartige Chance für unsere Kinder und unsere Schule“, sagt er. „aber bei der Planung und Umsetzung müssen zwingend Schule und auch Eltern von Beginn an nicht nur eingebunden, sondern führend sein. Die Schule muss in der Planung agieren dürfen und damit den Ton angeben, und darf nicht in eine Rolle des Reagierens gedrängt werden!“