Harburg. Bauarbeiten werden viele Einschränkungen bringen, Macherinnen haben trotzdem viel vor
Die jüngsten Festivalbesucher kommen brav in Zweierreihen auf den Platz spaziert. Ihre signalgelben Warnwesten hängen ihnen bis zu den Knien herunter. Gleich werden aus den Kindergartenkindern „Klangstrolche“, die ausprobieren, wie man mit den seltsamsten Dingen Musik machen kann. Das musikpädagogische Projekt „Klangstrolche“ ist eines von vielen Tätigkeitsfeldern der Stiftung Kulturpalast aus Billstedt, die seit Juli den ehemaligen Rieckhof übernommen hat. Mit dem „Hamburg South-East-Festival“, das noch bis zum Sonnabend stattfindet, wollen die Macher des Kulturpalasts ihre bisherige Arbeit hier schon einmal vorstellen und ausprobieren, was davon in Harburg passt.
„Schwerpunkt des Festivals und auch Schwerpunkt unser Arbeit in der ersten Zeit wird die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sein“, sagt Jenny Fischer, Gesicht des „Kulturpalasts Rieckhoffstraße“, wie die Harburger Dependance der Stiftung heißen soll. „Das liegt auch daran, dass diese Aktivitäten mit relativ leichter Technik auskommen.“
Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gehört zum Selbstverständnis
Veranstaltungstechnik hat der Kulturpalast im geräumten Gebäude nicht mehr vorgefunden (das Abendblatt berichtete). Was derzeit an Lautsprechern, Verstärkern, Beleuchtung und Regeltechnik benötigt wird, muss herangebracht werden. Die Technik ist aber nur einer von mehreren Gründen für den Schwerpunkt. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gehört zum Selbstverständnis des Kulturpalastes. „Wir halten aber keine allgemeinen pädagogischen Angebote vor“, sagt die Stiftungs-Intendantin Dörte Inselmann, „sondern wir machen Kinder-und-Jugend-Kulturarbeit“.
Zwei solcher Projekte sind längst über den Stamm-Standort Billstedt hinausgewachsen und haben sich in der ganzen Stadt verbreitet. Zum einen sind es die „Klangstrolche“. 30 Kindertagesstätten in Hamburg sind bereits „Strolchereien“, in denen Kinder spielerisch an Musik und Instrumente – vom Eisstiel-Kazoo bis zur echten Geige – herangeführt werden. Auch in Harburg sucht die Stiftung neue Kooperationspartner. Zum anderen ist es die HipHop Academy, deren Basiskurse ebenfalls über die ganze Stadt verteilt stattfinden, auch in Harburg schon länger. Für beides soll der „Kulturpalast Rieckhoffstraße“ Standort werden.
Haus wird ab Herbst saniert, modernisiert und umgebaut
„Ansonsten sind wir jetzt damit beschäftigt, uns mit allen, die in Harburg Kulturarbeit oder Arbeit mit Kindern und Jugendlichen machen, zu vernetzen und auszutauschen, wie wir uns gegenseitig helfen können“, sagt Jenny Fischer. „Außerdem sprechen wir mit den Gruppen, die bislang Räume im Rieckhof genutzt haben. Wir wollen diesen Gruppen auch weiter eine Heimat geben.“
Weil das Haus aber ab Herbst saniert, modernisiert und umgebaut wird, wird es etwas schwieriger, den Gruppen jederzeit die Räume stellen zu können, ein Programm zu planen oder gar neue Aktivitäten zu entwickeln. Das große Bauen beginnt ab November mit dem Fensteraustausch und endet irgendwann in einigen Jahren mit der Fertigstellung besserer und flexiblerer Gruppenräume. In der Zwischenzeit wird der Austausch, wie man sich in Harburg gegenseitig helfen kann, auch viel darum gehen, wohin der Kulturpalast mit einzelnen Angeboten kurzfristig ausweichen kann.
Gebäude müsste eigentlich einen Anbau erhalten
„Es ist ganz wichtig, dass wir die Gruppenräume akustisch voneinander trennen und sie gleichzeitig flexibel aufteilen können“, sagt Jenny Fischer, „und wir brauchen noch mehr Räume dazu.“
„Für das, was wir uns vorstellen – Arbeit mit allen Alters- und Bevölkerungsgruppen in Harburg – müsste das Gebäude eigentlich noch einmal aufgestockt werden oder einen Anbau erhalten“, sagt Dörte Inselmann. „Wir sind darüber mit dem Bezirksamt und den Behörden im Gespräch.“
Auf einen – ursprünglich versprochenen – Anbau hatte der Rieckhof fast 40 Jahre vergeblich gewartet. Die Kulturpalastler sind dennoch zuversichtlich. Sie haben Erfahrung darin, Dinge möglich zu machen, indem sie kreativ Förderprogramme nutzen, Spenden akquirieren oder Finanztöpfe anzapfen, auf die das Bezirksamt selbst keinen Zugriff hat. Jenny Fischer kommt selbst aus dieser „Fundraising“- Abteilung der Stiftung. Die 44-jährige Mutter zweier Jungs kennt sich südlich der Elbe auch schon aus: Sie wohnt im Landkreis.
Heute und morgen finden beim Festival vormittags Workshops der Klangstrolche zum einen für Kita-Gruppen, zum anderen offene Kurse statt. Start ist jeweils zur vollen Stunde. Nachmittags gibt es Tanz- und Graffiti-Workshops der HipHop-Academy. Freitag um 11 Uhr gibt es ein Kinderkonzert auf dem Seeveplatz und am frühen Abend um 18 und 19 Uhr zwei Weltmusik-Konzerte. Am Sonnabend wird auf dem Hof noch einmal groß aufgedreht und gefeiert. Den August über ist in Harburg Pause. Für den September sind verschiedene Kinderkonzerte geplant.