Harburg. Vier große Traditionsschiffe haben aktuell festgemacht. Eines legt noch im März ab, die anderen voraussichtlich im Frühjahr.
So viel maritime Atmosphäre hat der Harburger Binnenhafen selten zu bieten: Vier Großsegler liegen derzeit im Lotse- und Ziegelwiesenkanal. Erst vergangene Woche machte der Dreimaster „Mare Frisium“ am Kanalplatz fest. Er wird als erstes der Traditionsschiffe den Hafen wieder verlassen, gefolgt von „Loth Loriën“ und „J.R. Tolkien“.
Und wenn für ihn alles gut läuft, wird im späten Frühjahr auch der Dauergast „Fridtjof Nansen“ zu Törns aufbrechen, um wieder Geld zu verdienen. Als Ersatz werden an den Kais des Binnenhafens spätestens in dem Zeitraum rund um das Hafenfest am 11. und 12. Juni attraktive Kurzzeitgäste festmachen.
An Bord eines Seglers wohnt eine ukrainische Flüchtlingsfamilie
Die „Mare Frisium“ liegt eigentlich im City Sporthafen am Baumwall. Sie ist nach Harburg gekommen, weil die Crew eine ukrainische Flüchtlingsfamilie an Bord wohnen lässt. Die Eltern und zwei Töchter waren mit ihrem kleinen Hund aus einem Ort nahe Kiew geflüchtet und haben übergangsweise auf dem Großsegler Zuflucht gefunden. „Wir durften im City Sporthafen nicht bleiben, weil dort keine Übernachtungsgäste mehr zugelassen sind“, sagt Maik Boldt, einer von zwei Kapitänen auf dem 1916 in den Niederlanden gebauten Dreimaster.
Am 25. März wird das Schiff wieder ablegen. Boldt: „Wir haben am 26. März eine Hochzeit an Bord, unsere erste Fahrt des Jahres.“ Das Schiff gehört der Firma Nord Event, die Veranstaltungsorte für private Feiern oder Firmenanlässe anbietet, darunter „exklusive Segelerlebnisse“ auf der Elbe und der Ostsee. Vorläufig wird das mit Klüverbaum 52 Meter lange Stahlschiff noch in Hamburg bleiben.
Kattwybrücken sind das größte Hindernis zurück zum Sandtorhöft
Dabei dient Harburg nur als Ausweichquartier. „Nach der Hochzeit haben wir einen Sonntagsbrunch an Bord und anschließend mehrere Veranstaltungen“, sagt der Kapitän. „Vom City Sporthafen sind wir in fünf Minuten am Sandtorhöft, wo die Gäste zusteigen. Wenn wir in Harburg starten, müssen wir zwei Stunden einplanen.“ Größtes Hindernis seien die Kattwykbrücken. Sie öffnen nur um 0.00, 5.30, 12.30 und 17 Uhr.
Der Eigner verhandele gerade mit der Hafenbehörde HPA, ob das Schiff mit den Ukrainern an Bord nicht vielleicht doch im Cityhafen bleiben könne, so Boldt. Sollte das nicht klappen, stünde Harburg bereit, versichert Marcus Erich vom Vorstand des Museumshafens Harburg (MuHaHar): „Das kriegen wir auf jeden Fall hin!“ Solange an dem Kaiabschnitt neben der „Fridtjof Nansen“ kein anderes Schiff festmacht, könne dort der 100 Jahre alte, komplett aus Baumstämmen gebaute Arbeitsponton des Vereins liegen, sagt Erich.
„Fridtjof Nansen“ ist seit vielen Jahren Gast im Binnenhafen
Die „Fridtjof Nansen“ ist seit vielen Jahren Gast im Binnenhafen und Mitglied des MuHaHar. Seit Juli 2020 liegt sie hier aber ungewollt fest. Denn ihr Betreiberverein geht vor allem mit Schulklassen auf Reisen, und die sind coronabedingt in den vergangenen beiden Sommern ausgefallen. „Wir bereiten das Schiff jetzt vor und hoffen auf Lockerungen im April“, sagt Vereinsvorstand Heiko Temme. Noch sei nicht sicher, wie und wann es weitergehe.
Denn neben den Corona-Regeln für Schulen seien weitere Fragen zu klären, etwa ob der Impfstatus eine Rolle spielt. Temme: „Es gibt verschiedene Vorbehalte von Eltern, etwa wenn ihr Kind Vorerkrankungen hat. Auch darauf muss Rücksicht genommen werden.“ Ein weiteres Problem sei, dass die Nato und einzelne Länder im Segelrevier auf der Ostsee verstärkt Militärmanöver abhalten, so Vorstand Temme.
Jugendprojekt muss wegen des Krieges in der Ukraine vorerst ruhen
Ein anderes Projekt ist vorläufig dem Krieg in der Ukraine zum Opfer gefallen: der Jugendaustausch „veter i volny“. Das Projekt organisiert mit russischen und ukrainischen Partnerorganisationen Jugendbegegnungen auf dem Großsegler „Roald Amundsen“. Auch die „Fridtjof Nansen“ war im Gespräch. Derzeit pausiert die Friedensarbeit. Temme: „Im Moment ist es natürlich nicht möglich, mit unseren Partnern in Russland und der Ukraine zusammenzuarbeiten.“
Die anderen beiden Großsegler im Binnenhafen liegen nicht im Museumshafen, sondern an den Kais vom Paletten-Service Hamburg der Mönke-Brüder. Guido, Heiko und Ingo Mönke hatten dem Eigner-Ehepaar Anna und Jaap van der Rest einen Überwinterungsplatz für ihre 48 Meter lange Dreimast-Barkentine „Loth Loriën“ und den 42 Meter langen Gaffeltop-Segelschoner „J.R. Tolkien“ angeboten. Die Schiffe liefen um die Jahreswende im Harburger Hafen ein, nachdem der City Sporthafen keine Übernachtungsgäste mehr gestattete.
„Loth Loriën“ bald dient als Hotelschiff, die „J.R. Tolkien“ macht Ausfahrten
„Wir werden am 13. April nach Eckernförde auslaufen und dort ab Ostern Übernachtungen und Ausflugsfahrten anbieten“, sagt Anna van der Rest. Die „Loth Loriën werde als Hotelschiff dienen, die „J.R. Tolkien“ zweistündige Ausfahrten machen. „Wir freuen uns auf die Saison und hoffen auf gutes Wetter“, sagt sie. Nach dem 10. Mai werden die beiden Segler dann die Ostseeküste in östliche Richtung bereisen. Welche Häfen angesteuert werden, werde gerade geklärt, sagt die Eignerin.
Die „Mare Frisium“ führt, wenn sie in Hamburg ist, sonntags Brunchfahrten durch: 11 bis 15 Uhr, 95 Euro. Infos: www.nordevent-shop.de/ segeln/segeln-in-hamburg