Harburg. Mehr Lehrer, neue Angebote: In Hamburgs Süden sollen mehr Jugendliche zum Musizieren animiert werden

Steve Harris von der Band „Iron Maiden“ ist unter Heavy-Metal-Bassisten eine Legende. Allen, die ihm nacheifern wollen, stellt er durch sein Spiel schwere Aufgaben. In einem Musikraum des Wilhelmsburger Bildungszentrums „Tor zur Welt“ stellt sich der 14-jährige Mattes einer solchen Aufgabe. Gemeinsam mit Musiklehrer Germano Torres versucht er sich am Basslauf des Iron-Maiden-Stücks „The Trooper“. Harris‘ berühmter Galopp-Rhythmus wird nicht mit drei gleichen Anschlägen auf das Viertel gespielt, sondern mit einer Achtelnote und zwei Sechzehnteln: Bam-bambam.

Das Metronom steht auf 160. Das ist schon ziemlich schnell. Es bedeutet, dass die Finger von Mattes‘ Schlaghand 480-mal in der Minute die Saiten anschlagen müssen. Und Harris, obwohl mittlerweile im Rentenalter, spielt es eigentlich noch einen Tick schneller. Zum Glück hat der Basslauf ein paar Übergänge, bei denen die Finger einen halben Takt lang etwas langsamer machen können. Trotzdem heißt es: Konzentration, locker spielen aber kräftig anschlagen und ruhig atmen. Wer außer Atem gerät, gerät aus dem Takt. Am Ende gucken Mattes und sein Lehrer sich mit einem Blick an, der einem gegenseitigen Abklatschen gleicht.

Das soll die staatliche Jugendmusikschule sein?

Das soll die staatliche Jugendmusikschule sein? Landläufig stellt man sich doch darunter Streicher, Bläser und Klassik vor. Allen braven Eltern zur Beruhigung: Auch klassische Instrumente kann man hier immer noch bestens erlernen. Aber die Jugendmusikschule der 2020er-Jahre stellt sich breiter auf und will mehr Jugendliche ansprechen, die sie vorher nicht erreicht hätte.

Zu diesem Zweck gibt es jetzt mehr Kurse. Und das bedeutet, dass die legendäre Warteliste der Jugendmusikschule in manchen Fächern gerade überhaupt nicht existiert. Das trifft nicht nur, aber doch besonders, im Hamburger Süden zu. „Wir haben in einigen Fächern Kapazitäten“, sagt Barbara Gerike-Schimpf, Leiterin des Stadtbereichs Harburg – Süd der Jugendmusikschule, welcher den Bezirk Harburg sowie Finkenwerder und Wilhelmsburg betreut. „Jetzt ist die Gelegenheit für Eltern, ihre Kinder hier schnell und ohne Wartezeiten anzumelden.“

Dass die Wartelisten ansonsten lang sind, ist kein Wunder: Die staatliche Jugendmusikschule Hamburg – übrigens die größte Musikschule Europas – nimmt zwar grundsätzlich Unterrichtsgebühren, wie mit denen gewerblicher Musikschulen vergleichbar sind, hat aber einkommensabhängig gestaffelte Nachlässe, bis hin zum fast völligen Gebührenerlass reichen – dessen Restbetrag allerdings auch mit einem Bildungsgutschein aus dem Teilhabepaket beglichen werden kann. Darüber hinaus gibt es Begabtenstipendien und bei Eignung die Möglichkeit in einem der zahlreichen und vielfältigen Ensembles der Jugendmusikschule mitzuwirken.

Fast 50 Lehrer sind im Hamburger Süden bei der Jugendmusikschule angestellt

Fast 50 Lehrer sind im Hamburger Süden bei der Jugendmusikschule angestellt. Gitarren- und Basslehrer Germán Torres ist einer von ihnen, Hans Schüttler ein anderer. Er unterrichtet Klavier, Keyboard, Jazzimprovisation und ist der Bandbetreuer. Saxofon unterrichtet er eigentlich nicht, aber dennoch steht gerade ein Saxofon-Schüler neben seinem Klavier. Lange ist Mathis noch nicht dabei. Er kann erst wenige Töne. Macht nichts: Schüttler legt einen Boogie-Rhythmus in der passenden Tonart vor und ermuntert Matthis, dazu zu spielen, wie es ihm richtig erscheint. Erst ist der Schüler unsicher. Dann merkt er, dass seine Töne passen, und ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus: Die Glückseligkeit der Musiker, wenn es klingt und schwingt.

Drei Zentren hat die Jugendmusikschule im Hamburger Süden: Das „Tor zur Welt“ in Wilhelmsburg, die Goethe-Schule Harburg und das Gymnasium Süderelbe. Unterricht kann auch in weiteren Schulen stattfinden. Freie Plätze gibt es noch für E-Gitarre in Wilhelmsburg (W), Harburg (H) und Süderelbe (S); Saxofon (W); Cello (W, H); Schlagzeug (W, H); E-Bass (W/H/S) und Keyboard (W, ab April auch H). Außerdem bietet die Jugendmusikschule musikalische Früherziehung in Wilhelmsburg und Harburg sowie Musiktherapie nach Absprache an.