Hamburg. Der Verkehr im Süden Hamburgs steht auch 2022 vor einer Belastungsprobe. Das sind die großen Vorhaben im Bezirk.
Die größten Baustellen im Bezirk Harburg sind 2022 keine sinnbildlichen, sondern echte. Dass die Durchgangsstraße Ehestorfer Heuweg (1) erneut gesperrt wird und dass auch die A-7-Hochbrücke (2) auf Jahre Baustelle bleiben wird, gerät angesichts der folgenden Maßnahme fast in den Hintergrund: Mit dem Umbau des sogenannten „Doppelknotens“ (3), das ist die am Bahnhof gelegene komplexe Kreuzung der wichtigsten Durchgangsstraßen Harburgs, beginnt 2022 eine „Operation am offenen Herzen“ des Stadtteils. Die Baustelle wird sich auch in den nächsten Jahren noch heftig auswirken, vergleichbar nur mit der Zeit des S-Bahn-Baus in den 1980er-Jahren.
Betroffen sind nicht nur Autofahrer: Parallel wird auch der Harburger ZOB (4) ab 2022 neu gebaut und erweitert. Dass daneben eine Fahrradstation mit mehr als 1000 Velo-Stellplätzen entstehen soll, geht dabei fast unter. „Das Harburger Bahnhofsquartier wird sich grundlegend verändern“, sagt Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen.
Verkehr Hamburg: Das sind die Pläne für den Bezirk Harburg
Sie spielt damit nicht nur auf die erwähnte Großbaustelle an, sondern auch auf Entwicklungen, die 2022 noch nicht sichtbar sein werden, an denen im Rathaus aber bereits gearbeitet wird: die Neugestaltung des Platzes vor dem Fernbahnhof beispielsweise. Und das letzte große Neubaugebiet im Süden, die „Fischbeker Reethen“.
„Harburg wächst und ist schon heute ein Bezirk mit einer im Hamburger Vergleich überdurchschnittlich jungen Bevölkerung. Die Weiterentwicklung einer entsprechenden Infrastruktur ist deshalb ein Thema, das nicht nur 2022, sondern auch darüber hinaus oben auf der Agenda steht“, sagt Fredenhagen. „Kultur, Sport und soziale Angebote sind wesentliche Elemente für die Entwicklung des Bezirks und müssen den neuen Anforderungen und Lebenssituationen kontinuierlich angepasst und fortentwickelt werden. Auch der Ausbau der Kitaplätze ist aufgrund der wachsenden Anzahl junger Familien mit Kindern weiterhin ein Schwerpunkt unserer Arbeit.“
Wohnungsbau im Bezirk Harburg
Große Neubaugebiete werden im Bezirk Harburg im kommenden Jahr nicht baureif. Viele kleine und mittlere Projekte werden 2022 aber entweder fertig oder kommen entscheidend voran. 1300 neue Wohnungen stehen für das Jahr derzeit im Programm Das sind mehr als in manchen Jahren, in denen die Großprojekte dominierten. Für den besseren Überblick seien die aufgezählt, bei denen mehr als 60 Wohnungen gebaut werden. Das ehemalige Harburg-Center am Harburger Ring 6 (5) mit 300 Mikro- und einer Handvoll größerer Apartments geht in die Hochbauphase. 220 neue Wohnungen entstehen auf dem ehemaligen Shell-Betriebssportplatz am Lichtenauerweg in Eißendorf (6).
An der Bremer Straße errichtet der Eisenbahn-Bauverein 150 Wohnungen (7). An der Bremer Straße 133 sind 65 neue Wohnungen von privat geplant. 140 Studentenwohnungen entstehen im Binnenhafen, an der Theodor-Yorck-Straße (8). Bereits im Frühjahr werden die letzten der 90 Saga-Wohnungen an der Knoopstraße fertig (9), was den Stadtentwicklungsausschussvorsitzenden Frank Richter (SPD) besonders freut: „Dort werden auch Fünfzimmerwohnungen für große Familien entstehen“, sagt er. In der Startphase sind 80 „gehobene“ Wohneinheiten an der Elfenwiese in Marmstorf (10) und 68 Seniorenwohnungen am Wochenmarkt (11). In Süderelbe wird mit dem Baubeginn für 150 Wohnungen an der Weidenkehre (12) gerechnet.
Verkehr Hamburg: Sperrungen und Bauvorhaben
Die kummergewohnten Harburger werden auch 2022 nicht aufatmen können. Während die Sperrung der Binnenhafen-Anbindung Neuländer Straße (13) noch bis Anfang April läuft, wird beim Landesbetrieb bereits die Grundsanierung des „Doppelknotens“ (3) vorbereitet. Buxtehuder Straße, Hannoversche Straße, Großmoordamm und Moorstraße treffen hier zusammen. Der Durchgangsverkehr aus und in zehn Fahrtrichtungen wird auf 29 Fahrspuren verteilt. Gleichzeitig wird der Busbahnhof an bisheriger Stelle neu gebaut. Klar ist bislang nur, wie es an ZOB und Knoten hinterher aussehen soll.
Die Präsentation der Bauabläufe und der Umleitungspläne für 23 Buslinien mit in der Spitzenzeit 150 Abfahrten pro Stunde und täglich 40.000 Fahrgästen des ZOB wurde schon dreimal verschoben. Jetziger Stand der Ankündigungen ist, dass die Kreuzungssanierung in fünf Bauphasen aufgeteilt wird und Vollsperrungen möglichst nicht oder nur über kurze Zeiträume erfolgen sollen. Offizieller Baubeginn ist spät im dritten Quartal, im Frühjahr beginnen die Leitungsträger damit, unter der Kreuzung aufzuräumen. Ab dem Ende der Frostperiode wird der Ehestorfer Heuweg (1) – mal wieder – voll gesperrt.
Diesmal, verspricht der LSBG, zum letzten Mal. Anwohner und ihre Pflegekräfte sollen freie Durchfahrt erhalten. Gesperrt wird auch die Straße Reeseberg (14), zunächst zwischen Anzengruberstraße und Friedrich-List-Straße. Hier wird der Straßenraum neu geordnet: weniger Platz für Wildparker, mehr Raum für Fußgänger und Radfahrer. Im Binnenhafen wird der Bau der Veloroute 10 am Veritaskai (15) weitergeführt.
- Hamburger Süden: Baustellensituation verschärft sich weiter
- Stau-Chaos: Bauarbeiten auf A 255 in Hamburg dauern länger
- Stauchaos im Hamburger Süden ist offenbar erst der Anfang
Bis zum offiziellen Baustart am Doppelknoten soll die derzeit dafür halbseitig gesperrte Straße wieder voll befahrbar sein und als Ausweichroute dienen. Die Veloroute 11 wird am Harburger Ring in Höhe Herbert-Wehner-Platz (16) weitergebaut. Gleichzeitig wird der Platz bis zum Sommer saniert. Eventuell ist bis dahin auch die von der Bezirksversammlung beschlossene Umbenennung in „Herbert-und-Greta-Wehner-Platz“ genehmigt.
Kultur: Entwicklungsplan für Harburg
Das Bezirksamt und die Bezirkspolitik wollen einen Kulturentwicklungsplan für Harburg aufstellen. Das sollte 2022 begonnen werden, allerdings hat sich in der ersten Ausschreibung niemand gefunden, der das Bezirksamt dabei unterstützen möchte. Diesen Prozess anzuschieben ist eine der Baustellen der Kulturpolitik. Die andere ist, dass ungeachtet des fehlenden Plans Fakten geschaffen werden: Im größten Harburger Kulturzentrum, dem Rieckhof (17), stehen Baumaßnahmen an.
Das Bezirksamt nimmt das zum Anlass, die 38-jährige Zusammenarbeit mit dem bisherigen Träger zu beenden und die Trägerschaft neu auszuschreiben – ein in Hamburg bislang einmaliger Vorgang. Der neue Träger soll Anfang des Jahres bestimmt werden. Die bestehende Harburger Kulturszene – Harburg hat von allen Hamburger Bezirken die drittgrößte Musikclubdichte, die einzige Artothek (18) der Hansestadt und eine lebendige Künstlerlandschaft – hofft, im angedachten Kulturentwicklungsplan vorzukommen.
Grünflächen: Sanierungen, Aufwertungen, Verjüngungskuren
Die Spielplätze Kapellenweg (19), Reeseberg (20) und Kiefernberg (21) werden erneuert. Wege und Brücken des Grünzuges Göhlbachtal (22) werden aufgewertet, der Schwarzenbergpark (23) erhält eine Verjüngungskur. Die Wegeverbindung unter der Autobahnbrücke der Harburger Hochstraße (24), soll 2022 grundsaniert und zur Joggingstrecke ausgebaut werden.
Soziales: Ein neues Quartier für die Tafel Harburg?
An der Schnittstelle zwischen gerade fertiggestellten und kommenden Neubaugebieten sowie den Quartieren im Stadtteil Fischbek entsteht das Quartiershaus Ohrnsweg (25), das Begegnungsstätte und Heimat diverser Institutionen sein soll. In Harburg geht das Tauziehen um die Obdachlosen-Unterkunft Harburg-Huus (26) weiter. Dessen Gebäude soll Wohnungsbau weichen. Investor und Einrichtung verhandeln über einen Umzug innerhalb des Bauprojekts.
Zumindest vorübergehend sucht auch die Tafel Harburg (27) ein neues Quartier. An ihrem jetzigen Standort am Helmsweg ist ein Neubau geplant, in den neben der Tafel auch die Drogenhilfeeinrichtung Abrigado (28) einziehen soll, deren Räume auf dem Schwarzenberg längst zu eng geworden sind. Die räumliche Zusammenlegung ist umstritten. Beide Einrichtungen haben Vorbehalte.
Harburg: Investitionen in die Bildung
Die Technische Universität expandiert weiter in den Binnenhafen. Ende 2022 wird ein weiterer Abschnitt des Hamburg Innovation Port (29) bezugsfertig. Geplant ist auch ein Neubau für Forschung und Lehre an der Ecke Schlossstraße/Kanalplatz (30).