Harburg. Der bisherige Träger bewirbt sich nicht mehr für das Harburger Kulturzentrum. Die neuen Bewerber kennen das Haus gut.

In Sachen Rieckhof gibt es – mal wieder – eine neue Wende: Die Elbe-Werkstätten werden sich um die Trägerschaft des Harburger Kulturzentrums bewerben. Der städtische Beschäftigungsträger kennt das Haus bereits gut: Seit zwei Jahrzehnten sind die Elbe-Werkstätten Pächter der Rieckhof-Gastronomie und beschäftigen hier Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen. Außerdem sind Elbe-Beschäftigte mit diversen praktischen Hintergrundtätigkeiten im Haus betraut.

Der bisherige Träger hingegen, der Verein Freizeitzentrum Harburg, bewirbt sich nun nicht im Interessenbekundungsverfahren (IBV) des Bezirksamts Harburg für das „Harburger Bürger*innenhaus“, wie das Kulturzentrum im Begleittext der Ausschreibung konsequent genannt wird. In der Harburger Bezirkspolitik wird die Bewerbung der Elbe-Werkstätten fast durchgehend positiv bewertet. Lediglich die Grünen halten sich bedeckt.

Rieckhof: Bewerbung der Elbe-Werkstätten war abgesprochen

Der Rückzug des „Verein Freizeitzentrum“ und die Bewerbung der Elbe-Werkstätten sind zwischen den Akteuren abgesprochen. Nach 22 Jahren gedeihlicher Zusammenarbeit im Haus wollten sich die beiden Organisationen nicht gegenseitig die Bewerbungschancen schmälern. Sollte der Betrieb vom Verein auf die Werkstätten übergehen, würden zwei der vier Rieckhof-Hauptamtlichen, die Kauffrau Silke Fiehn und die Kulturmanagerin Ulrike Niß übernommen. Rieckhof-Geschäftsführer Jörn Hansen würde ein Jahr später, als er müsste und ein Jahr früher, als er wollte, in den Ruhestand gehen. Die vierte Vollkraft, Jan Permien, ist bereits im Ruhestand.

Bewährte Arbeit des Rieckhof fortsetzen

„Wir wollen so die bewährte Arbeit des Rieckhof fortsetzen und das Angebot gleichzeitig erweitern“, sagt Elbe-Werkstätten-Geschäftsführer Rolf Tretow. „Gerade im Bereich Inklusion und Diversität, die im Ausschreibungstext gefordert sind, haben wir eine lange Tradition und Erfahrung, aus der wir Ideen für das Haus entwickeln werden. So können wir mit Selbstvertrauen in das Verfahren gehen.“ Der Oppositionsführer in der Bezirksversammlung, der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer, sieht schon gar keine Notwendigkeit mehr, das Interessenbekundungsverfahren weiter zu betreiben: „In der Praxis ist das überflüssige vom Bezirksamt Harburg zunächst ohne Beteiligung der Bezirksversammlung eingeleitete Interessenbekundungsverfahren gegenstandslos, da die einvernehmliche Neuregelung von der großen Mehrheit der Bezirksversammlung und den Beteiligten Senatsdienststellen in den Fachbehörden mitgetragen wird“, sagt Fischer. „Die Harburger Verwaltung hätte sich viel Ärger ersparen können, wenn sie nicht auf die unsinnige Idee gekommen wäre, aus dem Kulturzentrum Rieckhof zukünftig mit anderen Inhalten ein Bürgerhaus zu machen und wenn sie nicht stur an ihrer fehlerhaften Konzeption festgehalten hätte.“

Abgeblasen wird das IBV allerdings wohl nicht. Weder das Bezirksamt, noch die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen in der Bezirksversammlung befürworten eine Einstellung. „Wir freuen uns über jeden kompetenten Bewerber im Verfahren“, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bianca Blomenkamp. Harburgs Sozialdezernentin Anke Jobmann äußert sich nahezu wortgleich.

Etwas ausführlicher wird da Frank Richter, Fraktionschef der SPD: „Das ist eine sehr gute Wendung“, sagt er. „Diese Bewerbung wird sicherlich große Chancen im Verfahren haben, denn die Elbe-Werkstätten sind eine sehr breit aufgestellte Organisation, die allein schon wegen ihrer Größe viele Verwaltungsaufgaben im Hintergrund machen kann.“

Lage bei der SPD ist komplizierter

Die oppositionelle Linken-Fraktion teilt Richters Meinung nicht ganz: „Die Elbe-Werkstätten kennen sich bestens im Rieckhof aus und wissen, was dort möglich ist - und im Gegensatz zum Bezirksamt und einigen Abgeordneten auch, was nicht“, sagt Heiko Langanke, Linken-Abgeordneter und Vorsitzender des Harburger Kulturausschusses. Das Interessenbekundungsverfahren hält seine Partei weiterhin für falsch. „Im Gebaren der Befürworter und Initiatoren wurde mit der Zeit immer deutlicher, dass es keine lauteren Gründe sind, warum man eine solche Ausschreibung will, sondern hinter den Kulissen daran gearbeitet wird, das bestehende Kulturzentrum Rieckhof und die damit verbundenen Personen zu beseitigen“, so der Fraktionsvorsitzende Jörn Lohmann.

Während die Grünen geschlossen hinter dem Verfahren stehen, ist es bei der SPD komplizierter: Nicht unbedingt in der Fraktion, aber in der Partei rumort es wegen des einstigen SPD-Vorzeigeprojekts Rieckhof. Die SPD hatte sich deshalb ausbedungen, dass die Auswahlentscheidung des Bezirksamts im Einvernehmen mit der Bezirksversammlung getroffen wird. „Wenn die Bewerbung der Elbe-Werkstätten überzeugt, bin ich sicher, dass ein breiter Konsens über alle Parteien gefunden wird“, sagt Richter.