Wilstorf. Das „Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung“ soll bis 2026 Gutes erhalten und Schlechtes verbessern. Erste Maßnahmen sind angelaufen.
In den kommenden fünf Jahren soll Wilstorf sein Gesicht verändern. Nicht radikal, im Sinne von Abriss und Neubau. Vielmehr subtil, indem Störendes so verändert wird, dass es eben nicht mehr stört, sondern das Leben im Stadtteil bereichert. „Aufenthaltsqualität“ ist eines der großen Stichworte im Entwicklungskonzept des Rahmenprogramms Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE), ebenso, wie „soziale Infrastruktur“ und „gute Wegeverbindungen“.
Hamburger Lenkungsausschuss bekommt das Konzept vorgelegt
In diesen Tagen wird das Konzept dem Hamburger Lenkungsausschuss vorgelegt, der die gut zwei Dutzend RISE-Gebiete – vier davon im Bezirk Harburg – in der Hansestadt betreut. Nickt der Ausschuss den Entwurf ab, kann der Entwicklungsprozess Fahrt aufnehmen. Bislang hat es erst einige Pilotprojekte sowie Bürgerbeteiligungen gegeben. Im kommenden Jahr konzentrieren sich die Baumaßnahmen zunächst auf den Reeseberg.
Ein Stadtteil muss kein Problemviertel sein, um RISE-Förderung zu erhalten. Auch Wilstorf ist kein sozialer Brennpunkt: Der statistische Sozialstatus ist „Mittel“, die Tendenz „stabil“. Allerdings gibt diese Tendenz immer nur die Prognose für die unmittelbare Zukunft wieder. Langfristig sehen die Stadtplaner allerdings Handlungsbedarf, um Tendenz und Status auch stabil zu halten. „Wir haben einige Baustellen, wenn es darum geht, Wilstorf attraktiv zu erhalten und attraktiver zu machen“, sagt Dajana Schröder von der BIG Städtebau GmbH. Sie begleitet den Wilstorfer RISE-Prozess zusammen mit ihren Kollegen Audrey Karadas und Jan Welge. „Vieles, was einmal gut war, ist in die Jahre gekommen und erneuerungsbedürftig. Einiges war von vornherein problematisch, wie beispielsweise das hohe Verkehrsaufkommen auf der Winsener Straße.“
Die Erneuerung von Spielplätzen ist eines der ersten Projekte
In die Jahre gekommen sind beispielsweise die Freiflächen im Stadtteil, meist Grünflächen und Spielplätze. Die Erneuerung von Spielplätzen gehört deshalb zu den ersten Projekten des Programms. Am Nordhang des Reesebergs gleich unterhalb des Sportplatzes Wilstorfer Höh‘ ist der Spielplatz im sogenannten „Paschu-Park“ bereits erneuert und wiedereröffnet worden. Ebenfalls am Reeseberg, Ecke Anzengruberstraße, wird derzeit ein weiterer Spielplatz runderneuert.
Bei beiden Planungen hat man berücksichtigt, dass sich schon in der Vergangenheit zu späteren Stunden stets Jugendliche auf dem Spielplatz aufgehalten haben. Erstmals versucht man nun, auf den Plätzen auch Bereiche zu schaffen, die den Bedürfnissen der Jugendlichen gerecht werden, bevor die Kinderspielgeräte unter ihrer Langeweile leiden müssen. Auch die Spielplätze am Kapellenweg und am Hüllbeen sollen eine Erneuerung erfahren.
Bürger wünschten sich die Einrichtung einer Fahrradstraße – erfolglos
Zeitgleich mit dem Spielplatzumbau am unteren Reeseberg sollte eigentlich auch die Straße davor neugestaltet werden. Dabei kam es allerdings zu einer Verzögerung: In der Bürgerbeteiligung wurde angeregt, hier eine Fahrradstraße einzurichten. Das Bezirksamt prüfte den Vorschlag, begann aber schon mal mit dem Spielplatz. Letztlich kann hier doch keine Fahrradstraße eingerichtet werden.
Die Umgestaltung des Straßenabschnitts beginnt im Frühjahr 2022 nach der Frostperiode. Dabei soll mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer geschaffen werden und auch das Überqueren der Straße soll sicherer werden, indem Engstellen eingebaut werden. Ist dieser Abschnitt fertig, folgt der nächste zwischen Friedrich-List-Straße und Petersdorffstraße. „Dabei geht es auch um den Erhalt und die Aufwertung der Nahversorgung in den kleinen Geschäften“, sagt Dajana Schröder, „derzeit ist der Reeseberg sehr unübersichtlich und für Fußgänger nicht attraktiv.“
Diskussion über die Umgestaltung der Parkflächen an der Straße
Erste Pläne des Bezirksamts sehen vor, die Parkplätze neu zu ordnen: Statt auf beiden Seiten parallel zur Fahrbahn soll auf einer Seite in Schrägparkbuchten gestanden werden. Auf der anderen Seite könnte der Gehweg verbreitert werden. An diesen Plänen gibt es Kritik: „Möglich, dass rechnerisch keine Parkplätze wegfallen“, sagt der Linken-Abgeordnete und Anwohner Jörn Lohmann, „aber zu den offiziellen Stellplätzen kommen einige dazu, die nur mit viel Toleranz noch legal sind. Die werden täglich genutzt, tauchen in der Rechnung aber nicht auf.“
Der Wilstorfer SPD-Abgeordnete Torsten Fuß drückt es etwas milder aus: „Die Pläne sind alle ganz schön, aber man merkt ihnen an, dass sie bislang nicht im Quartier erarbeitet wurden“, sagt er. „Das wird sich nun hoffentlich ändern, wenn auch die Bürgerbeteiligung in Schwung kommt.“
Brücke der Wasmerstraße über die Bahnstrecke soll neu entstehen
Was bei allen Wilstorfern gut ankäme, so Fuß, sei der erklärte Wille der RISE-Planer, die 1999 abgerissene Brücke der Wasmerstraße über die Bahnstrecke zumindest für Fußgänger und Radfahrer wieder zu errichten. „Das ist ein Herzenswunsch der Anlieger und war auch immer ein Versprechen der Bezirkspolitik“, sagt er.
Für die CDU ist Martin Hoschützky mit dem Wilstorfer RISE-Gebiet befasst. Auch er begrüßt die Pläne für die Brücke. „Außerdem ist es gut, dass die Einkaufszentren gestärkt werden sollen und dass neue entstehen. Das größte aber kommt auf die andere Seite der Winsener Straße. Das ist problematisch. Denn ich sehe noch keine Lösung, um die trennende Wirkung dieser Straße zu mildern.“
Das Problem sieht auch Dajana Schröder: „Hier müssen wir uns noch einmal ernsthafte Gedanken machen“, sagt sie. „So, wie es ist, ist die Winsener Straße für Anwohner, Radfahrer und Fußgänger unattraktiv. Wir brauchen hier eine sehr intelligente Lösung im engen Straßenraum.“