Harburg. Die rund 115 Jahre alte Reiherstiegschleuse am Wilhelmsburger Ufer der Süderelbe muss abgerissen und neu gebaut werden.
Sportbootfahrer, die von den Harburger Häfen auf dem schnellsten Weg zu den Landungsbrücken schippern möchten, werden auch im kommenden Jahr noch den Reiherstieg befahren können. Die knapp acht Kilometer lange Nord-Süd-Verbindung, die auch Barkassen, Binnen- und Arbeitsschiffe häufig nutzen, sollte eigentlich schon vor der Sommersaison 2020 im südlichen Abschnitt zur maritimen Sackgasse werden. Der Grund: Die Reiherstiegschleuse am Wilhelmsburger Ufer der Süderelbe muss abgerissen und neu gebaut werden. Aktuell sei mit einem Baustart im Frühjahr 2023 zu rechnen, teilte die Hafenbehörde HPA auf Abendblatt-Anfrage mit.
Die rund 115 Jahre alte Schleuse ist das Eingangstor zum Reiherstieg. Der Wasserweg verläuft nahezu parallel zur Süderelbe und zum Köhlbrand mitten durch den Hafen und hat zahlreiche Abzweige. Nach Osten verbindet er die Norderelbe mit dem Spreehafen im Bereich Veddel und über die Ernst-August-Schleuse mit den Wilhelmsburger Gewässern. Auf halbem Weg zweigt die Rethe nach Westen ab, die südlich der Köhlbrandbrücke auf die Süderelbe trifft.
Reiherstieg ist für Hochseeschiffe ausgebaut
Der südliche Reiherstieg ist für Hochseeschiffe ausgebaut. Hier finden sich wichtige Hafenbetriebe wie das Umschlagsunternehmen Louis Hagel, die Aurora Getreidemühle und das Universalterminal der Firma Wallmann & Co., an dem Schwergut verladen wird. Die Kaianlagen werden erreichbar bleiben, denn sie werden über die Rethe angesteuert. 2015 wurde hier die 1934 erbaute Rethehubbrücke durch Europas größte Klappbrücke ersetzt.
Landseitig bildet die Schleuse das Scharnier zwischen den Elbinseln Hohe Schaar und Wilhelmsburg. Das alte Bauwerk ist in einem schlechten Zustand. Die westliche Schleusenkammer ist seit 2003 gesperrt und soll verfüllt werden. An ihrer Stelle entsteht ein Straßendamm. Die östliche Kammer bleibt bis zum Baustart in Betrieb. Anders als „normale“ Schleusen gleicht sie keine unterschiedlichen Wasserstände aus, sondern dient ausschließlich dazu, eine zu starke Strömung in den Hafengewässern zu verhindern. Wenn sich das Tor nach der Einfahrt hinter einem Boot geschlossen hat, öffnet sich das andere Tor voraus, und das Boot kann die Schleusenkammer wieder verlassen. Eine solche Durchfahrt ist gratis, wird per Fernbedienung gesteuert und ist rund um die Uhr möglich. Auch die noch funktionsfähige Kammer wird durch einen Neubau ersetzt werden.
Die beiden Schleusenkammern werden von vier Brücken der Hohe-Schaar-Straße überspannt – die Fahrtrichtungen verlaufen auf getrennten Brücken. Diese wurden in den 1920er und 1960er erbaut und müssen ebenfalls abgerissen werden. Geplant ist eine Brücke für beide Fahrspuren über die neugebaute Schleusenkammer. Über den nördlichen Schleusenbereich führt außerdem eine zweigleisige Bahnbrücke. Insgesamt sind für das Projekt fast 78 Millionen Euro und eine Bauzeit von mehr als vier Jahren veranschlagt; die Maßnahme soll Ende 2027 abgeschlossen sein.
Umplanungen haben für Verzögerungen gesorgt
Zunächst wurden andere Projekte vorgezogen. Dann haben offenbar auch Umplanungen für Verzögerungen gesorgt: „Aktuell werden die Antragsunterlagen der Genehmigungsplanung noch einmal entsprechend neuester Erkenntnisse überarbeitet. Die Antragstellung verzögert sich entsprechend“, steht im Baumonitoring 2020, in dem der Senat im Februar die Bürgerschaft über den Stand der städtischen Großprojekte informiert hatte. Eine Rolle dürfte auch ein weiteres Straßenbauprojekt spielen: die Autobahn 26-Ost, die die A 7 bei Moorburg mit der A 1-Anschlussstelle Stillhorn verbindet. „Da beide Projekte in engem räumlichen Bezug stattfinden, werden die technischen Planungen kontinuierlich aufeinander abgestimmt“, sagt HPA-Sprecherin Sinje Pangritz.
Dass während der gut vierjährigen Bauzeit am Rande des von Staus geplagten Süderelbraums eine weitere Großbaustelle den Verkehr blockieren wird, sei nicht zu erwarten, so Pangritz: „Für Fußgänger, Radfahrer und motorisierten Individualverkehr ist die Passage grundsätzlich während der Bauzeit uneingeschränkt möglich.“