Ehestorf. Das Museum will noch 2021 mit dem Projekt zur Digitalisierung beginnen. Wofür ein Zuschuss von 50.000 Euro eingeworben werden soll.
Das Freilichtmuseum am Kiekeberg steuert Kurs Digitalisierung. Bis zur Eröffnung der Königsberger Straße Mitte 2023 sollen Besucher über eine App auf ihrem Smartphone tief in die Geschichte der Häuser eintauchen können, mit denen die Nachkriegszeit zwischen 1945 und 1970 dargestellt wird. Für das Projekt soll der Kulturausschuss des Landkreises am heutigen Mittwoch über einen Zuschuss von 50.000 Euro entscheiden, den der Kreistag noch bestätigen müsste. Der Rest der Kosten für das Projekt, die auf insgesamt 77.000 Euro veranschlagt sind, soll über Eigenmittel der Museums-Stiftung, den Förderverein und die Stiftung der VGH-Versicherungen hereingeholt werden. Beim Förderverein und der VGH-Stiftung wurden bereits angefragt.
„Wir wollen ein neues, ergänzendes, zeitgemäßes und digitales Informationsangebot machen“, sagte Museumsdirektor Stefan Zimmermann dem Abendblatt. Die Idee sei in den vergangenen Monaten im Museum entwickelt worden. Dies geschah auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, während der man sich stärker mit der Digitalisierung befasst habe. Die Königsberger Straße soll nun flächendeckend mit für Besucher frei zugänglichem WLAN ausgestattet werden. Dafür liegen die notwendigen Leerrohre bereits, so dass die Glasfaserkabel nur noch mit Luftdruck eingeblasen und drei Antennen im Innen- und Außenbereich montiert werden müssen. Die Arbeiten wird, nachdem mehrere Angebote eingeholt wurden, eine regionale Firma übernehmen.
Über eine App auf dem Handy mehr über die Gebäude erfahren
Steht die Infrastruktur, könnte es künftig über die App auf dem Handy möglich werden, ehemalige Bewohner des Quelle-Fertighauses virtuell zu besuchen, um dabei zu erfahren, wie sie das Wirtschaftswunder nach dem Krieg erlebt haben. An der Gasolin-Tankstelle lassen sich Informationen über die Mobilität der Nachkriegszeit erläutern und Autos aus den 1950er Jahren bewundern. Die erweiterte Realität (siehe Infokasten) bietet die Möglichkeit, historische Fotos, den damals begehrten Quelle-Katalog oder Interviews mit Angehörigen der Familien einzublenden, die früher in den in das Museum transportierten Häusern gelebt haben. „So können die Besucher auf eine Zeitreise gehen“, sagt Kiekeberg-Chef Zimmermann.
Nach der Gasolin-Tankstelle und dem Quelle Fertighaus sollen weitere Häuser der Königsberger Straße in das Digitalisierungsprojekt einbezogen werden. Auch andere Gebäude aus dem Museum sollen später folgen.
Informationen sollen künftig auch in englischer Sprache bereitstehen
Als weiterer Baustein der „Königsberger Straße 2.0“ ist eine Übersetzung der Informationen in englische Sprache geplant. Zudem könnten Szenen, die von Darstellern aus den Vorführungen der Gelebten Geschichte stammen, auf den Smartphones zu sehen sein. Die Besucher können Fotos und Videos für Instagram sowie weitere Social-Media-Kanäle erstellen und anschließend mit anderen Nutzern teilen.
Das Museum sieht mit dem digitalen Angebot nicht nur einen Anreiz für jüngere Besuchergruppen, sondern setzt gleichzeitig darauf, dass die Außenwirkung und die Werbung für den Standort gefördert wird. Das digitale Angebot werde „für eine größere Reichweite und Strahlkraft des Großprojekts Königsberger Straße“ sorgen, schreiben Zimmermann und die kaufmännische Geschäftsführerin Carina Meyer in ihrem Förderantrag an den Landkreis Harburg.
Im Wettbewerb mit anderen Freizeiteinrichtungen punkten
Alle Bausteine sollen in einer Kooperation zwischen dem Freilichtmuseum und einer Fachfirma erarbeitet werden. Zudem sind Befragungen der Zielgruppen vorgesehen, um das Angebot auf sie abzustimmen. „So können wir uns neue Besuchergruppen erschließen und das Museum außerhalb des Landkreises bekannter machen. Wir stehen ja im Wettbewerb mit anderen Freizeiteinrichtungen in der Region“, sagt Meyer. Geplant ist nach einer positiven politischen Entscheidung noch in diesem Jahr mit dem Projekt „Königsberger Straße 2.0“ zu beginnen.
Ergänzend zum eigenen digitalen Angebot des Freilichtmuseums sollen dessen Inhalte für Schüler und Lehrer zugänglich werden. Dafür soll digitale Lehr- und Lernplattform „Museana“ zum Einsatz kommen. Die Plattform stellt multimediale Lernangebote bereit, die auf die jeweiligen Schulformen, Altersstufen und Lehrpläne ausgerichtet sind. Die Inhalte sind dabei fächerübergreifend angelegt. Grundsätzlich kann ein Lernprojekt mit einem Museumsbesuch beginnen oder abschließen.
Aus der Unterrichtsergänzung wird ein Unterrichtsersatz
Die Aufbereitung der vom Museum bereitgestellten Inhalte erfolgt durch Promedia Maassen, einem Spezialisten für medienpädagogische Projekte. Das Unternehmen hatte gemeinsam mit dem Archäologischen Museum in Harburg „Museana“ entwickelt. Seit Herbst 2020 ist die Lernplattform online und wird bundesweit eingesetzt. Die Inhalte sind dabei auf jedem Endgerät nutzbar.
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Das Freilichtmuseum am Kiekeberg möchte nun als sein erstes Modul die „Königsberger Straße“ in „Museana“ einstellen. Als Themen können sich Schüler mit dem demografischen Wandel in der Nachkriegszeit und dem anschließenden Wirtschaftswunder befassen. Das Wissen kann abgefragt werden.
„Aus dem klassischen Schulausflug als Unterrichtsergänzung wird ein Unterrichtsersatz“, argumentieren die Museumschefs Meyer und Zimmermann in ihrem Antrag. Langeweile soll dabei auf keinen Fall aufkommen. Jedenfalls solange die Schüler ihre Erfahrungen vor Ort sogleich in den Sozialen Netzwerke posten können.