Harburg. Etliche Gastronomen empfinden Art der Kontrollen durch das Bezirksamt als übergriffig. Wurden sogar Gäste eingeschüchtert?

Seit beinahe vier Wochen dürfen Hamburgs Gastwirte wieder draußen Gäste bedienen, seit zwei Wochen auch wieder in Innenräumen – unter strengen Corona-Auflagen. Die Einhaltung dieser Auflagen kontrolliert das Harburger Bezirksamt, Abteilung Verbraucherschutz. Und dessen Kontrolleure kommen bei den Wirten gar nicht gut an.

„Es geht nicht darum, dass sie kontrollieren, oder dass es Auflagen gibt“, sagt Klaus Paetzold, Wirt der Heimfelder Quartierskneipe „Astra-Eck“ verärgert, „sondern es geht um ihr Auftreten. Diese Leute komme herein, wie ein Rollkommando, herrschen die Wirte und Bedienungen im Beisein der Gäste an und verhalten sich übergriffig.“

Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Kontrolleure erwogen

Birgit Forster, Bedienung in der Gaststätte „Zur Altstadt“ hat sogar vor, Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Leiter des Kontrolltrupps einzulegen. Nicht, weil er an Einbauten, die zum Schutz der Gäste montiert waren, gezerrt hatte, bis diese beinahe kaputt gingen; auch nicht, weil er eigenmächtig Mobiliar verrückte, das seiner Meinung nach entfernt gehörte, sondern weil er persönliche Informationen über sie laut und vor Publikum vorlas. „Als ich ihm sagte, dass mir das nicht recht sei, las er nur umso lauter vor. Darunter waren mein voller Name, mein Alter und meine Adresse. Das sind Fakten, die keinen Gast etwas angehen! Ich habe einige Jahrzehnte Berufserfahrung in der Gastronomie, davon 20 Jahre auf Sankt Pauli, aber das ist mir noch nie untergekommen!“

„Knobel-Eck“-Wirtin Heidi Boelke war selbst nicht zugegen, als die Kontrolle kam. „Meine Bedienung rief mich an und war ganz aufgelöst“, sagt sie. „Die Kontrolleure drohten sofort mit Ordnungsgeldern und schüchterten auch die Gäste ein.“

Dehoga hat Informationen über rauen Ton in Harburg

„Das scheint sich in Harburg gerade zu häufen“, sagt Ulrike von Albedyll, Landesgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA in Hamburg, „und es scheint auch dort nur einzelne Kontrolleure zu betreffen. Im Großen und Ganzen verlaufen die Kontrollen in Hamburg kooperativ. Die Ordnungsamtsmitarbeiter geben den Wirten Hinweise, was sie verbessern könnten und wie sie es umsetzen können. Allerdings sind die Vorschriften auch auslegbar und da können die Vorstellungen von Wirten und Kontrolleuren auseinandergehen.“ 

Eigentlich soll auch in Harburg mit Nachsicht und Augenmaß vorgegangen werden: „Bei erstmalig festgestellten Verstößen belassen wir es in der Regel bei Aufklärung und Belehrung und veranlassen die Abstellung des Mangels“, sagt Bezirksamts-Pressesprecher Dennis Imhäuser. „Bei wiederholt festgestellten Verstößen leiten wir Ordnungswidrigkeits-Verfahren ein. Bei Verstößen gegen die Maskenpflicht von Personal mit Publikumskontakt wird grundsätzlich ein Verfahren eingeleitet, ebenso, wenn Tische durchgehend ohne Abstand gestellt und besetzt werden.“

Bezirksamt will den Vorwürfen intern nachgehen

„Es kommt uns eigentlich darauf an, keine Bußgelder verhängen zu müssen, weil sich alle Wirte gleichermaßen an die Eindämmungsverordnung halten. Unser Ziel ist es ja, die Gastronomie offen halten zu können“, sagt Malte Wehmeyer, Leiter der Abteilung Verbraucherschutz, „aber Sitzabstände und Maskenpflicht sind bereits so lange bekannt, dass wir nicht erneut darauf hinweisen müssen wollen. Sie haben sich seit der Zeit vor dem Lockdown nicht verändert. Die meisten Wirte halten sich an die Verordnung. Wir kontrollieren verstärkt und strenger bei denen, die schon im Herbst auffällig waren. Wer bewusst Regeln bricht, verschafft sich damit ja einen unfairen Vorteil. Wenn sich bei den Kontrollen im Ton vergriffen wird oder persönliche Daten öffentlich gemacht werden, ist das auch nicht in Ordnung.“

Klaus Paetzold hofft, dass die nächsten Kontrollen freundlicher ablaufen. „Im Herbst wurden wir, wenn etwas nicht stimmte, beiseite genommen und das wurde in einem ruhigen Gespräch geklärt und abgestellt“, sagt er. „Jetzt darf man nicht einmal mehr nach der Rechtsgrundlage einer Beanstandung fragen, ohne dass ein Ordnungsgeld angedroht wird!“

184 Kontrollen in Harburg seit Mai mit 74 Bußgeldverfahren

Seit Wiederöffnung der Gastronomie in den Außenbereichen am 21. Mai hat das Bezirksamt Harburg 184 Betriebe mit gastronomischem Angebot kontrolliert, einige mehrfach. 74 Bußgeldverfahren wurden eingeleitet. Die Gründe waren: Unterschreitung der geforderten Mindestabstände von mindestens 1,5 Metern zwischen den Gästen, Verstöße gegen das Maskengebot und Verstöße gegen die Kontaktdatenerhebungspflicht.