Harburg. Die Schule In der Alten Forst wartet nicht auf die Lernferien, sondern füllt Corona-Lücken schon jetzt mit eigenem Programm.
„Ab in die Disco“ heißt eine spielerische Schachübung, bei der es darum geht, möglichst viele Bauern an den „Türstehern“ vorbei auf die gegnerische Grundlinie zu bringen. Schach ist reguläres Unterrichtsfach an der Harburger Grundschule In der Alten Forst und die Kinder der 2d sind mit Eifer dabei. Klassenlehrerin Svenja Gierlinger lobt und gibt Tipps. Im Nebenraum sitzen Beray und Luisa – ohne Schachbrett. Die Zwölftklässlerin Luisa hilft dem Zweitklässler Beray, wieder Anschluss an den Stoff im Fach Deutsch zu finden. Luisa ist eine von 16 Coaches, die an der Grundschule bis zu den Sommerferien aushelfen.
Seit Montag gibt es in den Hamburger Schulen nach dem Corona-Lockdown wieder Präsenzunterricht. Auch die 640 Schülerinnen und Schüler der Grundschule in Eißendorf freuen sich, endlich wieder alle Freunde in der Klasse zu sehen und im direkten Kontakt mit ihren Lehrerinnen zu lernen, anstatt hauptsächlich aus der Ferne, an Smartphone, Tablet oder PC. Nicht alle haben das gut hinbekommen.
Schulleiter wollte nicht warten, sondern sofort gezielt fördern
„Die Kinder haben diese Zeit sehr unterschiedlich durchlebt. Da müssen wir ansetzen und ihnen gezielte Angebote zur Förderung machen. Wir wollten nicht erst lange warten, sondern schnell aktiv werden“, sagt Schulleiter Andreas Wiedemann. Bereits Monate vor der Öffnung der Schulen hatten er und sein Kollegium sich Gedanken gemacht. Denn dass der Fernunterricht gegenüber dem Lernen im direkten Kontakt zu Rückständen bei Wissen und Fähigkeiten der Kinder führt, war klar und durch diverse Studien belegt. Ebenso war klar, dass diese Rückstände von Kind zu Kind sehr unterschiedlich ausfallen würden.
Deshalb entwickelte das Kollegium das Programm „Coach +“: Täglich hilft in jeder der 28 Klassen der Schule für eine Stunde ein zusätzlicher Coach aus. Diese Honorarkräfte arbeiten mit den Kindern, die wieder Anschluss an die Klasse finden sollen, mal Mathematik und Deutsch nach, mal führen sie Gespräche mit Kindern, die nach der Isolation gesteigerten Redebedarf haben. Und mal haben sie herausfordernde Aufgaben für Kinder, die besser als andere durch die Corona-Zeit samt Homeschooling gekommen sind, und sich jetzt unterfordert fühlen.
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Coach Luisa ist 17 und Abiturientin am Immanuel-Kant-Gymnasium. Sie möchte einmal Lehrerin werden wie ihre große Schwester. „Ich sehe das als eine tolle Gelegenheit Erfahrung zu sammeln und es macht mir auch richtig Spaß“, sagt sie. Wegen ihrer eigenen Schülerpflichten kann sie nicht jeden Tag kommen, bietet ihre Dienste dafür an manchen Tagen auch für zwei Stunden an.
Nicht alle Coaches sind selbst noch Schüler. Die Mehrheit der 16 Honorarkräfte sind Studenten. Insgesamt 7000 Euro kostet das vierwöchige Projekt. Schulleiter Andreas Wiedemann, der sein Abitur übrigens an derselben Schule ablegte, die Coach Luisa besucht, sammelte dafür Spenden und ließ diese über den Schulverein vereinnahmen. Drei Spender reichten, um die Summe aufzubringen: ein Vater, Radio Hamburg und der Bürobedarfshandel OTS Heigwer.
Projekt an Hamburger Grundschulen wohl einmalig
Nach Wiedemanns Kenntnis ist dieses Projekt an Hamburger Grundschulen einmalig. Nach Schuljahresende startet das Programm „Hamburger Lernferien“ der Schulbehörde zum Aufholen der Corona-Defizite. Luisa wird auch bei diesem Programm mitarbeiten.
Jetzt gerade erklärt sie Beray, warum ans Ende des eben geschriebenen Satzes noch ein Punkt gehört. Dann sind Berays 20 Minuten vorbei und die seiner Mitschülerin Lana beginnen. Für Beray heißt es nun endlich: „Ab in die Disco!“