Harburg. Harburger Behörde soll in anderen Bezirken um personelle Unterstützung gebeten haben. Hohe Fluktuation beim Personal.

Gehen dem Bezirksamt Harburg die Ärzte aus? Diese Befürchtung hat die Harburger CDU-Bezirksfraktion und stellt deshalb eine Anfrage an die Verwaltung. Der Grund: Nach Informationen der CDU hat das Bezirksamt Harburg die anderen Hamburger Bezirke darum gebeten, möglichst Ärzte zur Unterstützung nach Harburg abzustellen. Bislang möchte das Bezirksamt diese Informationen aber weder bestätigen, noch dementieren.

„Ich wurde allerdings von Parteifreunden aus anderen Bezirksversammlungen darauf angesprochen“, sagt der Harburger CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer. „Sie hatten in ihren Gremien von der Harburger Bitte erfahren und fragten mich, was bei uns los ist. Weil ich hier bislang keine Informationen habe, haben wir als Fraktion die Anfrage gestellt. Wir machen uns natürlich Sorgen, dass das Gesundheitsamt ausgerechnet in Pandemiezeiten seinen Aufgaben nicht nachkommen kann.“

Ärzte des Gesundheitsamts in Pandemiezeit besonders gefordert

Dabei sind die Ärzte des Gesundheitsamts nicht nur in Pandemiezeiten gefordert. Schuleingangsuntersuchungen müssen beispielsweise ebenso organisiert werden, wie das Ausstellen amtlicher Atteste und die Überwachung des Infektionsschutzes im Allgemeinen.

Dass die Personalstärke des Gesundheitsamts Schwankungen unterliegt, ist laut Bezirkspressesprecher Dennis Imhäuser nichts Ungewöhnliches. „In der Corona-Pandemie hat die Stadt seit April 2020 immer wieder Ärztinnen und Ärzte mit Stellenbefristungen für sechs Monate gesucht und eingestellt.“ Die Beschäftigungsdauer dieser Kollegen variiere aus individuellen Gründen. „Zum Beispiel standen sie für weniger als sechs Monate zur Verfügung, weil sie in einer beruflichen Übergangsphase waren. Oder sie wollten die Gelegenheit nutzen, um auszuloten, ob eine längerfristige Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitswesen eine berufliche Perspektive für sie darstellt“, so der Sprecher. Einige seien in ein wohnortnäheres Amt gewechselt oder auf eine feste Stelle im Gesundheitsamt gewechselt.

Verdienst im Öffentlichen Gesundheitswesen im Vergleich geringer

Im Vergleich zur Beschäftigung in Kliniken oder Praxen ist der Verdienst für Ärzte im Öffentlichen Gesundheitswesen geringer. Imhäuser bestätigt, dass auch dies die Attraktivität der Tätigkeit beim Gesundheitsamt schmälert. Allerdings ist diese Tatsache Medizinern, die sich um eine solche Stelle bewerben, vorher bewusst. Sie nehmen das schlechtere Salär in Kauf, weil sie sich beispielsweise Vorteile erhoffen, die die Gehaltsdifferenz wettmachen wie familienfreundlichere Arbeitszeiten oder ein angenehmeres Betriebsklima.

Daran könnte es im Harburger Gesundheitsamt nach Abendblatt-Informationen allerdings hapern. Auffällig ist auch die Fluktuation gerade auf Leitungsebene. Im Frühjahr 2020 ging der damalige Leiter des Gesundheitsamts, Robert Wegner, auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle für zwei Monate in den Urlaub (das Abendblatt berichtete). Aus diesem Urlaub kehrte er nicht auf seinen Posten zurück. Er wurde zur Polizei abgeordnet, wo er nun als Dienstarzt fungiert, obwohl seine Stelle laut Abendblatt-Informationen noch in Harburg geführt werden soll. Seine Stellvertreterin Andrea Unger übernahm und stockte dafür von Teil- auf Vollzeit auf. Im Juli wurde Ali Chahvand dann als neuer Leiter des Gesundheitsamts präsentiert, im November trat er von diesem Posten wieder zurück. Sowohl Chahvand als auch Unger haben das Harburger Amt ganz verlassen.

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Betroffene berichten von schwierigem Betriebsklima

Dem Abendblatt gegenüber berichtet ein Betroffener, der anonym bleiben möchte, von einem fürchterlichen Betriebsklima. Es werde beispielsweise Mitarbeitern erschwert, Teilzeit oder Homeoffice wahrzunehmen. Wer darauf bestehe, bekomme Ärger. In einem Fall wollte eine Kollegin die Stunden reduzieren und wurde als arglistig und hinterhältig diffamiert. Solche Konflikte betreffen laut Abendblatt-Informationen sowohl das ärztliche als auch das Verwaltungspersonal. Auch Unterstützungskräfte in der Kontaktnachverfolgung sollen verunsichert sein, weil ihre Befristungen manchmal erst am letzten Tag verlängert würden.

Eine Antwort auf die Anfrage der CDU wird in den kommenden Tagen erwartet. Am Montagabend hat das Bezirksamt Altona auf Abendblattanfrage derweil durch einen Sprecher bestätigt: „Ja. Das Bezirksamt Harburg hatte im April aufgrund höherer Inzidenzwerte im Bezirk und einer absehbaren Knappheit des ärztlichen Personals vorsorglich für den Mai und Juni um Unterstützung gebeten.“