Harburg. So schauen Sie zu: Corona-Belastungen, Klima und Verkehr sind die Themen im Harburger Hauptausschuss. AfD-Fraktion wird kleiner.
Zwei Anträge von SPD und Grünen zum Thema Klimaschutz, zwei von den Linken in denen Entlastungen für Corona-Belastete gefordert werden, sowie zwei Anträge der AfD zu Verkehrsthemen: Dafür, dass die heutige Online-Sitzung des Hauptausschusses die Bezirksversammlung ersetzt, ist die Tagesordnung sehr übersichtlich. Dennoch hat die Sitzung etwas Besonderes: Es ist die erste nach beinahe acht Wochen, für die es wieder so etwas wie Öffentlichkeit gibt.
Im Dezember hatten die Abgeordneten der Bezirksversammlung im Hauptausschuss beschlossen, die reguläre, mit 51 Abgeordneten tagende, Bezirksversammlung aus Corona-Gründen auszusetzen und den 14-köpfigen Hauptausschuss an seiner Stelle die wichtigen Entscheidungen treffen zu lassen. Außerdem sollten alle Ausschüsse – auch eben jener Hauptausschuss – online tagen. Ausdrücklich erwünscht war in dem Beschluss, dass die Öffentlichkeit an den Onlinesitzungen teilnehmen darf. Andere Bezirksversammlungen fassten ähnliche Beschlüsse.
Online-Sitzungen "zwingend nicht-öffentlich"
Kurz darauf bremste die Wissenschaftsbehörde, bei der die Betreuung der Bezirke angesiedelt ist, die Öffentlichkeit allerdings aus: Online-Sitzungen, so legte es das Bezirksverwaltungsgesetz fest, seien zwingend nicht-öffentlich. Diese Regelung war erst im Corona-Sommer 2020 ins Gesetz eingepflegt worden. Warum, konnte die Pressestelle der Wissenschafts- und Bezirksbehörde bis heute nicht darlegen. Bezirks-Staatsrat Alexander von Vogel (Grüne) wies jedoch alle Bezirksämter darauf hin, dass die Öffentlichkeit bei diesen Online-Sitzungen zwingend draußen bleiben muss.
Noch im Januar änderte die Hamburgische Bürgerschaft das Gesetz. Zunächst einmal blieb die Öffentlichkeit jedoch weiter ausgeschlossen. Auch Journalisten mussten an den Tagen nach den Sitzungen die Abgeordneten abtelefonieren, um zu erfahren, was am Vortag beschlossen wurde, sowie die Präsentationsunterlagen zu Fachvorträgen nachträglich anfordern.
Bezirkspolitik im Internet: So machen Sie mit
Der Grund für die weitere Verzögerung: Zwar hatte die Bürgerschaft die Gesetzesänderung beschlossen, aber die ebenfalls grün geführte Justizbehörde nahm sich zweieinhalb Wochen, um sie im Gesetzesblatt zu veröffentlichen. Erst damit erhalten Gesetze Gültigkeit. „Das ist zwar eine übliche Frist, aber bei dringenden Angelegenheiten ist die Justizbehörde eigentlich schneller, was die Veröffentlichung angeht", sagt Frank Richter, Fraktionsvorsitzender der SPD.
„Ich verstehe nicht, warum man diese für die Demokratie wichtige Angelegenheit in der Behörde nicht für dringlich gehalten hat!“
Teilhaben können Bürger jetzt, indem sie sich vom Bezirksamt per Mail an die Adresse bezirksversammlung@harburg.hamburg.de einen Zugangslink erbitten. Neben dem öffentlichen Teil der Sitzung gibt es weiterhin einen nicht öffentlichen, für den der Link dann nicht mehr gilt.
Im öffentlichen Teil fordern die Linken, im kommenden Jahr die Selbstbeteiligung auszusetzen, die Kulturanbieter üblicherweise erbringen müssen, wenn sie Zuschüsse für Veranstaltungen oder Kurse beim Bezirksamt beantragen. „Bietet ein Kulturhaus beispielsweise einen Malkurs an, der 3000 Euro kostet, muss es derzeit mindestens 300 Euro davon selbst tragen“, sagt Heiko Langanke, Linken-Abgeordneter und Vorsitzender des Kulturausschusses. „Üblicherweise kann das aus Kursgebühren gedeckt werden, aber weil die Teilnehmerzahlen durch Corona sicherlich noch weiter begrenzt sind, fällt diese Einnahme aus. Und die Reserven der Kulturschaffenden sind bereits im vorigen Jahr aufgebraucht worden. Deshalb sollten 2021 statt Fehlbedarfsförderungen, die Eigenbeteiligung erfordern, Projektförderungen beschlossen werden, damit nach dem Total-Lockdown wieder Kurse und Konzerte stattfinden können.“
Die Linken fordern außerdem, die Internetversorgung in den Flüchtlingsunterkünften zu verbessern. „Gerade jetzt in Zeiten von Lockdown und Homeschooling ist die Internetanbindung ein Schlüssel zur Teilhabe und damit zur Integration", sagt der Linken-Fraktionsvorsitzende Jörn Lohmann, „aber die Anbindung der Wohneinrichtungen ist schlecht.“
SPD und Grüne wollen Klimaschutzaspekte bei der Gestaltung des Schwarzenbergparks und bei der Planung neuer, verdichteter Wohnquartiere besser beachtet wissen. Zum Einen fordern sie, am Schwarzenberg nicht so viele Bäume zu fällen, wie eigentlich geplant – das Bezirksamt will alte Sichtachsen wieder frei machen – und die Ersatzpflanzungen mit klimaresistenten Bäumen vorzunehmen. Zum anderen soll in Wohnquartieren bei der Nachverdichtung darauf geachtet werden, dass diese möglichst klimaneutral erfolgen.
AfD fordert bessere Koordination von Ampeln
Die AfD fordert eine bessere Koordination der Ampeln auf der Winsener Straße und Aufklärung darüber, wo die Hamburger Hochbahn während des ZOB-Umbaus Ersatzhaltestellen plant. Diese Informationen war die Hochbahn bislang schuldig geblieben.
Die AfD-Fraktion ist unterdessen um einen Sitz geschrumpft. Für den aus der Bezirksversammlung ausgeschiedenen Timo Feineis rückte auf der AfD-Liste Olga Petersen nach. Sie wird allerdings als „fraktionslos“ geführt. Ob die Harburger AfD die als Rechtsaußen geltende Petersen aus inhaltlichen Gründen nicht mit aufgenommen hat, oder ob es mit ihrer Strafanzeige gegen den AfD-Bürgerschafts-Fraktionsgeschäftsführer wegen Urkundenfälschung zu tun hat, ist nicht bekannt. Einer Rückrufbitte kam die Fraktion nicht nach.
Petersen nimmt das Bezirksmandat neben ihrem Bürgerschaftsmandat wahr. Dort ist sie übrigens noch AfD-Fraktionsmitglied.