Hamburg. „Smartments“ für Studenten und Azubis bieten im Harburger Binnenhafen bezahlbares Wohnen auf kleinstem Raum mit Küche und Bad.

Wohnraum für Studierende ist in Hamburg bekanntermaßen knapp. Etwas weniger bekannt, aber genauso prekär ist die Wohnsituation für viele Auszubildende, denn gerade Städte wie Hamburg ziehen auch viele junge Leute in die Ausbildung, die nicht von hier kommen. Im Harburger Binnenhafen soll jetzt ein weiteres Projekt verwirklicht werden, in dem 174 Kleinstwohnungen explizit für Studenten und Azubis entstehen.

Der Bauvorbescheid wurde bereits erteilt. Bauherr ist die im Binnenhafen bekannte Lorenz-Gruppe, gemeinsam mit der Firma Nord Project und der Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienentwicklung (GBI). Inklusive Staffelgeschoss soll das Gebäude an der Theodor-Yorck-Straße sieben Stockwerke haben. 2023 sollen die Bewohner einziehen können. In den Neubau integriert wird zudem eine Kita.

Ungewöhnliche Apartments in Harburg

Ein klassisches Wohnheim soll die Anlage nicht werden: In den Studentenwohnheimen, beispielsweise des Studierendenwerks, leben die Bewohner entweder in Wohngemeinschaften oder aber in Zimmern an einem Gang und teilen sich sanitäre Anlagen sowie Küche und Gemeinschaftsräume. An der Theodor-Yorck-Straße hat jeder Bewohner sein eigenes Reich, inklusive Bad und Küchenzeile.

Die sogenannten „Smartments“ sind 18 bis 20 Quadratmeter groß. Sie werden nicht von den Projektentwicklern selbst vermietet, sondern von der FDS-Stiftung. Die entstand aus dem Förderkreis Deutscher Studenten e.V. und agiert unter dem Dach der Moses-Mendelssohn-Stiftung. Der Tradition der Moses-Mendelssohn-Stiftung folgend trägt jedes dieser Wohnprojekte den Namen einer jüdischen Persönlichkeit, die mit der Region verbunden war. Das Harburger Haus erhält den Namen „Gabriel-Riesser-Haus“.

515 Euro für ein "Smartment"

Der Hamburger Jurist Gabriel Riesser (1806–93) war als Obergerichtsrat der erste jüdische Richter in ganz Deutschland. Als Journalist und Politiker setzte er sich für ein aufgeklärtes und gleichberechtigtes jüdisches Leben in Deutschland ein. Ganz in der Nähe des Hauses, am Karnapp, befand sich einst übrigens Harburgs erste Synagoge.

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Durch die Einbindung der FDS-Stiftung ist gesichert, dass die Mikro-Apartments an der Theodor-Yorck-Straße auch langfristig Studierenden und Azubis vorbehalten bleiben. Bei einigen anderen als Studentenwohnungen angekündigten Mikrowohnungskomplexen in Harburg ist das nicht der Fall gewesen, weswegen die Bezirkspolitik solche Kleinstwohnungen mittlerweile kritisch beäugt. In diesem Fall gab es allerdings keine Bedenken. Unter dem Markennamen Smartments betreibt die FDS-Stiftung in Hamburg bereits zwei Wohnhäuser - im Münzviertel und am Berliner Tor. Zwei weitere, noch eines im Münzviertel und eines im Schanzenviertel, sind kurz vor der Fertigstellung.

Ganz günstig ist das Studentenleben im Smartment nicht unbedingt: Mit 515 Euro inklusive aller Kosten wird die BAföG-Wohnpauschale um fast 200 Euro überschritten. Allerdings werden 23 Wohnungen staatlich gefördert und zu den günstigen Konditionen des Hamburger Studierendenwerks vermietet und weitere 15 über andere gemeinnützige Organisationen ebenfalls günstiger. Und auf dem freien Markt sind für Wohngemeinschaftszimmer in dieser Größe ähnliche, in beliebten Lagen sogar deutlich höhere, Mieten zu zahlen.

Identifizieren sich die Bewohner mit Harburg?

„Die Smartments werden im Vergleich mit anderen Angeboten vor Ort eher günstiger sein“, sagt Gerrit M. Ernst, Geschäftsführer der NORD PROJECT. „Das ist ein wichtiger Vorteil der gemeinnützigen Struktur unseres Betreibers, der FDS-Stiftung, mit der wir schon langjährig zusammenarbeiten.“

Dass die Harburger Bezirkspolitik sogenannten Mikroapartments eigentlich kritisch gegenübersteht, hat damit zu tun, dass die Bezirksabgeordneten fürchten, diese Wohnform würde zu einer Monokultur der Kleinstwohnungen führen, mit Bewohnern, die dort nicht lange bleiben und sich deshalb auch nicht mit dem Stadtteil identifizieren oder sich in diesen einbringen.

Klein ist das Phänomen nicht: 988 und damit nahezu ein Fünftel der in den vergangenen fünf Jahren neu genehmigten 5108 Wohneinheiten sind Mikrowohnungen. Viele davon sind jetzt noch nicht fertig. Ihre Auswirkung auf das soziale Umfeld muss sich erst noch erweisen. „Unsere Kritik richtet sich aber explizit nicht gegen Anlagen für Studierende und Azubis“, sagt der Vorsitzende des Harburger Stadtentwicklungsausschusses, Frank Richter (SPD), „im Gegenteil: Wir setzen uns ja ausdrücklich für mehr Studenten- und Azubi-Wohnungen im Bezirk ein!“

Eine der letzten Flächen im Binnenhafen

Der Standort des Smartment-Hauses an der Theodor-Yorck-Straße befindet sich auf der Fläche des ehemaligen Harburger Güterbahnhofs, einer der bislang letzten Flächen im Binnenhafen, die neu entwickelt wurden. Die Lorenz-Gruppe hat hier seit 2008 bereits mehrere Projekte realisiert, beispielsweise 280 Wohnungen in drei Komplexen sowie drei Bürogebäude mit zusätzlichem Platz für Einzelhandel, ein Ärztehaus und ein Parkhaus mit 850 Stellplätzen.

„Dieser jetzige Lückenschluss an der Theodor-Yorck-Straße wertet die Stadtregion südlich des Binnenhafens weiter auf“, sagt Harburgs Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen, „denn hier werden Angebote für gesellschaftliche Gruppen geschaffen, die solche dringend benötigen.“