Harburg. Initiative LiFa entwickelt konkrete Konzepte für geplantes Kultur- und Wohnprojekt im Harburger Binnenhafen.

Lange war es still um die Hilke-Häuser im Harburger Hafengebiet. Im Hintergrund allerdings hat sich einiges getan: Die Initiative LiFa (steht für: Likör-Fabrik), die dort ein Kultur- und Wohnprojekt einrichten möchte, hat von der Stadt Hamburg einen erfahrenen Planungspartner zur Seite gestellt bekommen und im Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung Möglichkeiten aufgezeigt, die alte Fabrik zu erhalten und zu nutzen, nämlich durch Querfinanzierung mit der Nutzung der Nachbargrundstücke. Eines fehlt dabei allerdings noch mindestens: Die Likörfabrik. Noch hat Gebäude- und Grundstückseigentümer Arne Weber nicht an die Stadt verkauft. Auch ansonsten gibt es für das Projekt noch einige Hürden zu nehmen.

Verhandlungen um das Gebäude noch nicht zum Abschluss gebracht

Seit der Projektvorstellung ist ein Jahr vergangen. Der städtische Immobilienverwaltungsbetrieb LIG verhandelt mit Weber, ist mit ihm aber noch zu keinem Abschluss gekommen. Gleichzeitig hat der LIG den Immobilienentwickler BPD beauftragt, gemeinsam mit der Lifa-Initiative Konzepte zu entwickeln, wie sich das Projekt in der Fabrik realisieren und vor allem finanzieren ließe. In anderen Städten hat die aus dem kommunalen Wohnungsbau der Niederlande stammende Firma bereits Umwandlungen gewerblicher und kommunaler Baudenkmäler in Wohnungen realisiert. In Harburg kennt man BPD als Bauherren auf dem Harburg-Center-Gelände.

Es drohen immense Sanierungskosten

Die Kosten für die Sanierung sind derzeit nur grob abschätzbar aber diese grobe Schätzung hat das Ergebnis „Immens!“ Mindestens ein Haus ist massiv vom Schwamm befallen, das andere teilweise. Allein dafür schätzen Experten die Kosten auf eine Million Euro, vielleicht auch zwei. Und das ist nur eine der Sanierungsbaustellen. Aus den Mieteinnahmen von Wohnprojekt und kultureller Untervermietung würden sie sich nicht decken lassen. Die Sanierung einfach so zu bezahlen, wie es sich die Initiative vorstellt, will sich die Freie und Hansestadt Hamburg nicht leisten.

Neubauten auf Nachbargrundstücken?

Auf Vorschlag der BPD überlegt der LIG jetzt, der LiFa-Initiative zwei freie Nachbargrundstücke eines neben, eines hinter den Fabrikgebäuden, mit zu überlassen. Dort könnten als Neubau Gewerbegebäude entstehen. Deren Mieteinnahmen könnten das Fabrikprojekt querfinanzieren. „Das ist in sich stimmig aber für uns mit vielen Fragezeichen verbunden“, sagt Katharina Kucza von der LiFa-Initiative. „Es entspricht nicht unserem Selbstverständnis, kommerzielle Vermieter zu werden. Darüber müssen wir intern noch viel reden. Eigentlich sind wir auch eine Initiative für neue Wohnformen und günstigen Wohnraum, Unsere Idee wäre deshalb eher, auch in den Neubauten soviel Wohnen wie möglich realisieren zu können.“

Lärmschutz und B-Plan stehen dagegen

Dafür müsste allerdings nicht nur der Bebauungsplan, der hier nur Gewerbe vorsieht, geändert, sondern auch lärmschutzrechtliche Ausnahmen erteilt werden. Durch die Nähe zur lauten Bahnstrecke ist Wohnungsneubau am Karnapp derzeit nicht gestattet. Lediglich bestehende Wohnungen haben Bestandsschutz. Das betrifft bei der Fabrik das Wohnhaus und eine Werkswohnung im Geschäftshaus, Karnapp 15. Andererseits hat sich Hamburg auf die Fahnen geschrieben, entlang der Magistralen Konzepte zu entwickeln, die Wohnungsbau ermöglichen. „Hier könnte begonnen werden“, sagt Kucza, „beispielsweise, indem wir im Neubau am Karnapp die Vorderseite gewerblich machen und als Lärmschutz für Wohnungsbau dahinter nutzen.“

Eine Keimzelle der Industrie

Die ehemalige Hilke-Likörfabrik am Karnapp, Hausnummern 15 und 16, im Harburger Binnenhafen ist eines der ältesten erhaltenen Industriebauwerke Harburgs – und damit Hamburgs – denn die Industriegeschichte der Metropolregion begann hier. Die „Spirituosen und Likörfabrik Peter Nicolaus Osterhoff“ begann bereits 1833 mit der Spirituosenproduktion. Die prominenten Häuser am Karnapp sind jünger: Das Haus Nr. 15 wurde 1859 vom Fabrikerben Heinrich Osterhoff als Wohn- und Geschäftshaus errichtet, der die Firma 1893 in den Besitz von Louis Hilke übergehen ließ. Die Erweiterung Nr. 16 stammt aus dem Jahr 1899, also schon von Hilke. Bis Mitte der 1980er-Jahre wurde hier noch gebrannt, verschnitten und verkauft. Überregionalen Ruhm hatte einst der Lakritzlikör.

Die Gebäude stehen unter Denkmalschutz, verfallen aber zusehends. Die letzten Fabrikbesitzer hatten das Grundstück an den Nachbarn, einen Dachdeckermeister, verkauft, diesen Verkauf später allerdings per Gerichtsverfahren rückabgewickelt. Neuer Besitzer wurde der Bauunternehmer und Binnenhafen-Projektentwickler Arne Weber. Der präsentierte in den vergangenen Jahren verschiedene Pläne – von Erhalt bis Abriss. Zur Verwirklichung kam keiner davon. Zwischenzeitlich bot Weber die Gebäude auf einer Internet-Plattform zum Verkauf an. Der Hamburger Denkmalschutzverein, das Denkmalschutzamt und der Harburger damalige Baudezernent Jörg Penner empfahlen der Freien und Hansestadt Hamburg, mit Weber in Kaufverhandlungen zu treten. Auch die Bezirksversammlung fordert dies.

Denkmalgerechter Erhalt der Produktionsanlagen

Gleichzeitig begann die LiFa-Initiative, sich für die Häuser zu interessieren. Die Gruppe besteht aus jungen Berufstätigen, die sich größtenteils über ihr ehrenamtliches Engagement in der Gewerkschaftsjugend kennen. Sie wollen gemeinsam ein Wohnprojekt gründen und haben dafür die Vorderhäuser der Likörfabrik ins Auge gefasst. Gleichzeitig wollen sie die Produktionsanlagen denkmalgerecht erhalten und für sie sowie die Kontorräume eine kulturelle Nutzung entwickeln. „Schön wäre es, wenn man die Produktionsanlagen als Museumsbrennerei wiederbeleben könnte“, hatte Initiativenmitglied Oliver Hagen bei der Projektvorstellung gesagt.