Wilhelmsburg. Vorschlag der Linkspartei findet breite Zustimmung in Klinik und Stadtteil. Beide Seiten könnten profitieren

Die in finanzielle Schieflage geratene Klinik Groß Sand in Wilhelmsburg soll ein voll funktionsfähiges Krankenhaus, das heißt eins mit mindestens den Kernabteilungen Innere Medizin, Chirurgie und Notaufnahme bleiben, fordert der Verein „Zukunft Elbinsel“ im Namen des Aktionsbündnisses „Groß Sand bleibt“.

Die Bürgerschaftsfraktion der Linken hat eine Idee, wie das bewerkstelligt werden könnte und einen entsprechenden Antrag in die Bürgerschaft eingebracht: Das Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) soll Groß Sand übernehmen – ganz oder als Kooperationspartner. Damit wäre das bislang konfessionell geführte Stadtteilkrankenhaus im städtischen Besitz.

Was zunächst nach einer eleganten Lösung aussieht, hat jedoch mehrere Haken. Das Krankenhaus wurde 1949 von der katholischen Kirche im Zentrum Wilhelmsburgs errichtet. Es ist eine kleine Klinik mit 200 Betten. In Zeiten, in denen Klinikfinanzierung über Fallpauschalen geregelt wird, ist das ein großer Nachteil, denn die Kosten, die nicht über die Patienten abgerechnet werden, sind in der Proportion bei kleinen Kliniken größer. Das Krankenhaus macht Verluste, die das klamme Erzbistum Hamburg nicht länger ausgleichen kann oder will.

Pflegeschule im Eilverfahren geschlossen

Die Pflegeschule, die an das Krankenhaus angeschlossen war, wurde bereits im Eilverfahren geschlossen, für die Klinik sucht das Bistum einen Käufer. Ob dieser das Krankenhaus erhält, oder zu einer anderen Gesundheitseinrichtung umfunktioniert, steht in den Sternen und das beunruhigt die Wilhelmsburger. Das Krankenhaus ist zwar klein, wird in allen Stadtteilen der Elbinsel Wilhelmsburg aber als wichtiges Symbol wahrgenommen. Vom Zentrum Wilhelmsburgs aus sind es acht Kilometer bis zum Asklepios-Klinikum Harburg und neuneinhalb zum AK St. Georg oder das Marienkrankenhaus, jeweils über die Süder- oder Norderelbe.

Vielen älteren Wilhelmsburgern ist noch die Sturmflut von 1962 lebhaft in Erinnerung, als ihre Insel tagelang abgeschnitten war. Auch die Industrie- und Hafenbetriebe in und bei Wilhelmsburg schätzen es sehr, dass eine Klinik in der Nähe existiert.

Manuel Humburg, Sprecher der Initiative „Zukunft Elbinsel“ und selbst Allgemeinmediziner, hob auch die regionale Dimension hervor: „Nördlich der Elbe gibt es etwa 40 Krankenhäuser, südlich der Norderelbe lediglich drei – mit Groß Sand“, sagte er in einer Online-Podiumsdiskussion, die die Linksfraktion gemeinsam mit „Zukunft Elbinsel“ veranstaltete. „Das Krankenhaus muss nicht nur für Wilhelmsburg erhalten bleiben, sondern für die gesamte Region!“

Medizinstudierenden könnten Felderfahrung sammeln

Bei der Diskussion stellte der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Deniz Celik, die Idee der Übernahme durch das UKE vor und erntete größtenteils Zustimmung: „Das UKE könnte hier Versorgungsforschung betreiben und die Medizinstudierenden könnten Felderfahrung in einer kleinen Klinik sammeln“, sagte Alexander-Peter Krüger, Chefarzt der Orthopädie am Krankenhaus Groß Sand. Auch die Sprecherin der Mitarbeitervertretung, Margret Fischer, konnte der Idee etwas abgewinnen: „Man kann Finanzen ja auch sanieren, indem man wächst, statt schrumpft, und das wäre ein Wachstum.“

Damit eine Übernahme durch das UKE überhaupt funktionieren könnte, müssten allerdings Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen ist da die Bereitschaft auf beiden Seiten. Das UKE selbst kann nicht einfach ein Krankenhaus dazu kaufen. Es ist eine Institution der Stadt und in dieser Diener zweier Herren: Der Wissenschaftsbehörde als Betrieb der Forschung und Lehre und der Sozialbehörde als Krankenhaus der allgemeinen Versorgung. Beim UKE hält man sich daher bedeckt: „Es gibt keine konkreten Planungen“, sagt Sprecherin Saskia Lemm. „Das UKE ist aber grundsätzlich immer bereit zu helfen, wenn es um die Versorgung der Hamburger Bevölkerung geht.“

Bistum müsste bereit sein, an die Stadt zu verkaufen

Auch das Bistum müsste bereit sein, an die Stadt zu verkaufen. Zunächst hatte man nach anderen katholischen Trägern gesucht, dann auch nach protestantischen mittlerweile das Verfahren auch für weltliche Träger geöffnet. „Wir haben dabei selbstverständlich einen Kriterienkatalog, der sich nicht nur am Kaufpreis orientiert“, sagt Bistums-Sprecher Manfred Nielen. „Wir haben mehrere Interessenten, über die wir Vertraulichkeit wahren.“ Außerdem müsste das UKE bei Übernahme von Groß Sand auch die Absicht haben, die Klinik als volles Krankenhaus zu erhalten.

„Eine Übernahme durch das UKE allein ist noch nicht die Rettung“, warnt Manuel Humburg. Letztlich müsste der Antrag der Linken auch noch eine Mehrheit finden. Ob die Gesundheitspolitiker der rot-grünen Koalition der Opposition eine ruhmreiche Rettung des Krankenhauses überlassen werden, ist indes fraglich.