Harburg. Der 56-jährige Thorsten Hrdina ist der neue starke Mann am Rabenstein. Ehrhard Erichsen (81) verzichtete auf die erneute Kandidatur.

Mit Aussagen wie diesen sollte man vorsichtig sein. Gerade in Zeiten, in denen Vereine immer größere Schwierigkeiten haben, Männer und Frauen für ein ehrenamtliches Engagement zu gewinnen. „Irgendwann werde ich wohl Dein Nachfolger“, hatte Thorsten Hrdina vor einigen Jahren bei einer Versammlung der Boxabteilung des Harburger Sport-Clubs (HSC) zu Präsident Ehrhard Erichsen gesagt. Seinerzeit mit einem Augenzwinkern und ohne ernsthafte Absichten. Doch aus Spaß ist Ernst geworden.

Vor vier Jahren rückte Hrdina zunächst als Vizepräsident in den Vorstand des 1970 aus einer Fusion dreier Vereine entstandenen HSC, seit einigen Wochen ist der 56-Jährige der neue starke Mann am Rabenstein. Ehrhard Erichsen, mittlerweile 81 Jahre alt, verzichtete auf die Kandidatur für eine weitere Amtszeit. Sein bisheriger Stellvertreter rückte auf, Erichsen wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt.

Ganz aus der Welt ist der Mann, der von 1989 bis 2015 Vizepräsident unter Ralf Spengler war und in den vergangenen fünf Jahren die Geschicke des Vereins leitete, allerdings nicht. „Wir arbeiten hervorragend zusammen und tauschen uns häufig aus“, sagt Thorsten Hrdina.

Erichsen liegen noch zwei Projekte am Herzen

Erichsen liegen noch zwei Projekte am Herzen, die er bis zur Realisierung begleiten möchte. Da ist zum einen der Bau eines zweiten, vereinseigenen Kindergartens an der Tennishalle in der Scharfschen Schlucht. Da ist zum anderen die Installation eines Kunstrasenplatzes auf dem bisherigen Naturrasen der Sportanlage Rabenstein.

„Einen Schwerpunkt meiner Arbeit möchte ich auf den Nachwuchs setzen“, sagt Thorsten Hrdina über seine Ziele als Präsident. „Wo sind denn die Kinder und Jugendlichen? Wir müssen versuchen, sie für den Verein zu begeistern.“ Die Konkurrenz durch Großvereine mit einer besseren Infrastruktur und durch Fitnessstudios ist ihm sehr wohl bewusst. Der kleine Verein an der Ecke könne indes mit anderen Attributen punkten.

Hrdina ist dreifacher Vater, Boxer und erfolgreicher Karateka

„Wir wollen das Vereinsleben fördern. Unsere Mitglieder sollen durch Turniere, Feste und die Gemeinschaft innerhalb ihrer Mannschaften kulturell zusammenwachsen und die Möglichkeit haben, ihre Persönlichkeit auszubilden.“ Ein Ansatz, den Hrdina als langjähriger Trainer und Abteilungsleiter der Boxabteilung erfolgreich praktiziert hat. Dort trainieren Sportler im Alter von 14 bis 70 Jahren mit verschiedenen Muttersprachen, Migrationshintergründen und Religionen gemeinsam in der kleinen Halle am Kapellenweg.

Thorsten Hrdina ist leitender Angestellter bei einem Unternehmen in Norderstedt, das sich mit der mechanischen Bearbeitung und Reparatur von Maschinen beschäftigt.

Oberschenkelbruch unterbrach die Karate-Karriere

Der dreifache Familienvater lebt in Buchholz und war 1976 über das Haus der Jugend in der Harburger Steinikestraße zum Sport gekommen. Sein Faible gilt dem Kampfsport. Lange Jahre war er Boxer und betrieb Shotokan-Karate. Er qualifizierte sich für die U17-Europameisterschaften, bevor ein Oberschenkelbruch die Karriere jäh unterbrach. Von 2000 bis 2008 betrieb er gemeinsam mit Bernd Reinecke die Karateschule „Kankaku e.V.“ in Harburg. Hrdina ist Träger des 4. Dans im Kickboxen und im Karate und engagiert sich seit seinem 16. Lebensjahr als Trainer. Abschalten kann er am besten beim Gitarre spielen.

Dafür wird er demnächst wohl wenig Zeit haben, denn zwei große Infrastrukturprojekte beschäftigen den Harburger SC. Bereits seit 1996 betreibt der Club erfolgreich das „Marmstorfer Rabennest“, 50 Kinder sind in der ersten Etage des Vereinsgebäudes am Hölscherweg zu Hause. Ein zweiter Sport- und Bewegungskindergarten an der Tennishalle Scharfsche Schlucht hätte längst fertig gestellt sein sollen. Doch immer neue Probleme mit dem Landschaftsschutz verzögerten die Umsetzung.

Neue Kita für 78 Kinder in der Scharfschen Schlucht

„Es war ein sehr langer Genehmigungsweg. Jetzt stehen wir fünf vor zwölf vor der Baugenehmigung“, sagt Ehrenpräsident Ehrhard Erichsen. Offen ist noch die Genehmigung des Brandschutzkonzeptes durch die Feuerwehr. Der aktuelle Zeitplan sieht den Baubeginn im Frühjahr 2021 vor, im Sommer 2022 sollen 78 Kinder in jeweils zwei Elementar- und Krippengruppen den Neubau endlich mit Leben füllen.

Etwas weniger Aufwand muss der Vorstand in die Begleitung des Projekts Kunstrasenplatz stecken. Als Ausgleichsmaßnahme für die Stilllegung des Sportplatzes Lichtenauerweg – dort entstehen Wohnhäuser – wird der Naturrasen am Rabenstein in Kunstrasen umgewandelt. So können mehr Mannschaften darauf trainieren.

Kunstrasen soll mit Saisonbeginn 2021/2022 fertig sein

Eigentümer der Sportanlage ist das Bezirksamt Harburg, ein Sportrahmenvertrag regelt die Nutzungsrechte für jeweils 35 Jahre. Die Bauarbeiten im März 2021 starten mit der Begutachtung durch den Kampfmittelräumdienst und dem kompletten Bodenaustausch. Läuft alles planmäßig, werden die Fußballer ein knappes halbes Jahr später mit Beginn der Saison 2021/2022 am Rabenstein zum ersten Mal auf Kunstrasen spielen können.

1970 aus der Fusion von drei Vereinen entstanden

Der HSC ist aus einer Fusion von drei Vereinen entstanden. Der FC Borussia Harburg von 1904, der Verein für Rasensport (VfR) Harburg von 1907 und der Harburger Boxclub von 1912 schlossen sich 1970 zum Harburger Sport-Club zusammen. Gerwin Meier, Hans-Joachim Sobottka und Herbert Hintsche besiegelten vor 50 Jahren die Fusion mit ihren Unterschriften. Größere Feierlichkeiten gab es nicht, für 2021 ist ein kleines Fest für alle Mitglieder angedacht.

Der Harburger SC hat 1300 Mitglieder in zwölf Abteilungen. Den größten Zuwachs verzeichnete zuletzt die Tennisabteilung, das neueste Kind sind die eSportler. Dankbar ist der Vorstand den Mitgliedern für ihre Treue. Trotz der monatelangen Einstellung des Sportbetriebs blieb der HSC von einer Austrittswelle verschont.